Das Lukasevangelium „endzeitlich“ betrachtet. Eine Skizze zur lukanischen Eschatologie

Eschatologie bezeichnet in der traditionellen christlichen Theologie (gemäß seiner Übersetzung) „die Lehre von den letzten Dingen“ und bezieht sich grob auf die Vorstellungen von Tod, Auferstehung und dem menschlichen Schicksal nach dem Tod. Die christliche Systematische Theologie hat verschiedenste eschatologische Theorien und Modelle entworfen, die nicht selten ihren Ausgangspunkt in den biblischen Texten haben. Aber auch biblische Texte sind in der Frage nach der Auferstehung der Toten nicht einig – auch, weil sie eben keine systematische Theologie entwickeln. Einig sind sie – fußend auf den Heilsvorstellungen im Judentum – in ihrer endzeitlichen Hoffnung, die sich mit dem Beginn einer neuen Welt (eines neuen Äons) verbindet.

Eine Vorstellung entfaltet das Lukasevangelium (LkEv), das ca. in der 2./3. Generation von Christusgläubigen um 80/90 n. Chr. entstanden ist. Lukas steht in der Situation, dass die sich nach Jesu Tod entwickelnde Erwartung seiner unmittelbaren Wiederkunft mit dem Beginn der angekündigten Heilszeit noch immer nicht eingesetzt hat. Er formuliert gegenüber seinen Vorgängern Markus und Paulus deshalb eine andere Eschatologie, und zwar mittels Aussagen, die er Jesus tätigen lässt.

Vorausgesetzt ist, dass Lukas zeigen möchte, wie sich die Bundesgeschichte Gottes mit Israel bzw. mit der Welt erfüllt: Gottes Wirken in der Welt zeigt sich im Wirken Jesu, was bereits in den Verheißungen der Geburtsgeschichte (Lk 1-2) angelegt ist, mit dem Auftreten von Johannes dem Täufer in Lk 3 zur Begründung einer Erneuerungsbewegung Israels in Vorbereitung der Königsherrschaft Gottes mit Jesus als Leiter vorbereitet wird und mit Jesu programmatischer Antrittsrede (Lk 4) beginnt. Darin bezieht der lk Jesus die prophetischen Selbstaussagen aus dem Jesajabuch (Jes 61,1f.; 58,6) in aktualisierender Lektüre auf sich selbst (Lk 4,18f.): auf ihm ruht der Geist, den Armen verkündet er die frohe Botschaft, er ruft Freiheit aus und heilt Blinde. Einerseits wird deutlich, welche sozialen Auswirkungen Jesu Wirken hat, wenn er z.B. die Änderung des Schicksals der Armen ankündigt. Andererseits zeigt sich in Jesu Wirken an den Marginalisierten (Lk 4-8), dass in seinem Wirken die Königsherrschaft Gottes anfänglich anbricht, sodass zunächst konstatiert werden kann: Eschatologie drückt sich im LkEv in der Bindung der Gottesherrschaft an Jesus aus (präsentische Eschatologie).

Dass es so einfach aber nicht ist, weil in Jesu Wirken die Königsherrschaft Gottes zwar angebrochen, aber nicht vollendet ist, ihre Erfüllung mit der Wiederkunft Jesu (als Menschensohn) gar noch aussteht, erläutert Lk im Gespräch Jesu mit den Pharisäern in Lk 17,21-24 (futurische Eschatologie). Diese Vorstellung gestaltet Lukas verschiedentlich aus, insbesondere in den jesuanischen Gleichnissen (exemplarisch Lk 16,19-31; 19,11-27) aber auch in der sog. Endzeitrede (Lk 21,5-36).

Das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden (Lk 19,11-27) liest sich mit Blick auf die Verzögerung der Wiederkunft Jesu entsprechend der Erfahrung der lk Gemeinde in der 2./3. Generation: Sich um unbestimmte Zeit verzögernd, gilt es, die Zwischenzeit bis zum Weltende zu gestalten. In der Frage des Gestaltungs-WIEs kommen ethische Aspekte in den Blick, denn nach dem LkEv hat das Verhalten im irdischen Leben Konsequenzen für das Leben in der Königsherrschaft Gottes. Das bildet auch das Gleichnis von Lazarus und dem reichen Mann in Lk 16,19-31 ab, wobei sich der Fokus mit Blick auf das Leben und Verhalten im Diesseits auf das Gericht und die Umkehr verschiebt. Es wird eine Umkehr der Verhältnisse angekündigt: Wer in diesem Leben arm ist, wird im kommenden reich sein. Auch das erfordert ethische und soziale Konsequenzen für das Diesseits, denn Jetzt entscheidet sich die Zukunft für die Anhänger:innen Jesu, und zwar in der Ausrichtung des Handelns jedes bzw. jeder Einzelnen. Darin tritt ein starkes Interesse am individuellen Schicksal nach dem Tod hervor, wobei Lukas mit einem individuellen Sterben vor der Parusie rechnet.

Eine Hoffnungsperspektive bietet (auch) die Endzeitrede Lk 21,5-36, selbst wenn die Ankündigung von Bedrängnissen und Verfolgung auf den ersten Blick wenig hoffnungsvoll scheinen. In einem Gespräch mit den Jüngern kündigt Jesus Zeichen der Endzeit an, eröffnet aber, dass das Ende der Welt nicht Zerstörung, sondern die Vollendung von Gottes Plan ist, der die Wiederkunft des Menschensohnes (Jesu Christi) mit sich bringt.

Was bleibt festzuhalten? – Pointe lukanischer Eschatologie ist die Ermahnung, angesichts der Ungewissheit des Zeitpunktes der Parusie (d.h. der Wiederkunft Jesu Christi) in steter Bereitschaft und Wachsamkeit zu leben und entsprechende ethische Konsequenzen im Umgang miteinander zu ziehen… Eine Vorstellung, die insbesondere in Bezug auf ihre Folgerungen ethischen und sozialen Handelns auch heute noch tragfähig ist.

Bilder von privat (S.B.)

Der Begriff der Religion im ersten deutschen Fremdwörterbuch von 1571

Das Wort „Religion“ ist erst im 16. Jahrhundert in die deutsche Sprache gekommen und zwar als Fremdwort, abgeleitet von dem lateinischen Wort „religio“. Vor dem Hintergrund der Reformation und der Auseinandersetzungen um den „wahren“ Christenglauben hat es im Deutschen rasch andere Bedeutungen angenommen als das lateinische Original. Das zeigt sich daran, wie Simon Roth es 1571 in seinem Teutsche[n] Dictionarius erklärt, dem ersten Fremdwörterbuch in deutscher Sprache.

„Dises wort wirt (als Cicero im bůch von der natur der Goͤtter meint) vom widerlesen hergezogen […]“

So verweist Roth eingangs auf das lateinische Wort und dessen Bedeutung. Der römische Autor Marcus Tullius Cicero (106 v. Chr.–43 v. Chr.) hatte „religio“ von dem Verb „relegere“ abgeleitet. Es bedeutet ‘wieder lesen’, ‘überdenken’. Religio hieß für Cicero das Überdenken und genaue Beachten aller Dinge, die der Mensch den Göttern schuldig ist, also die Pflicht, die Götter zu ehren, oder einfach ‘Götterverehrung’. Es hieß nicht persönlicher Glaube, nicht Glaubenslehre, nicht Gottesdienstordnung, nicht Gesetz, nicht Lebensführung, nicht Kirche. Bei Cicero bedeutete „religio“ nichts von dem, was wir heute unter „Religion“ verstehen.

Doch genau diese Bedeutungen führt Roth als neuen Sinn des Fremdworts „Religion“ im Deutschen ein:

„Wir Christen aber muͤgen solches wort der massen brauchen/ das wir die gantze andacht vnd Gottes huld eins Christlichen lebens darbey verstehn/ Als den Glauben/ Gsatz/ ordnung vnnd gebreuch der sakrament. Jtem die Verbindung Gottes mit seinen Glaubigen.“

„Wir Christen“, das war eine Beschwörung von christlicher Eintracht, während sich in Wirklichkeit die verschiedenen christlichen Glaubensrichtungen gerade die Köpfe einschlugen. „Muͤgen solches wort der massen brauchen“ heißt, wir sollen es so gebrauchen, wie Roth es dann erklärt – der Wörterbuchautor wird zum Religionslehrer. Und seine Lehre ist die Verbindung von persönlicher Frömmigkeit („andacht“) und Lebensführung, von Glaubensüberzeugung, Handlungsmaximen, Gottesdienstformen und Kirche. All diese Dinge zur Übereinstimmung zu bringen war eine neue Idee des 16. Jahrhunderts; die Forschung bezeichnet sie als „Konfessionsbildung“. All diese Dinge in den Religionsbegriff aufgenommen zu haben, entsprang aus dieser Idee als eine Folge, die bis heute anhält. Unser heutiges Verständnis von Religion erweist sich als Erfindung des 16. Jahrhunderts.

Bildung und interreligiöser Dialog

Im interreligiösen Dialog kann immer wieder Neues gelernt werden – über die jeweils andere Religion, aber auch über die eigene. Hat dieser Dialog somit seinen Ort im Bereich der Bildung? Ist interreligiöser Dialog letztlich nur ein anderes Wort für interreligiöses Lernen? Karl Ernst Nipkow bestreitet dies – zumindest für den Bereich der Religionspädagogik – wenn er schreibt: „Dass man in der Religionspädagogik vom ‚interreligiösem Lernen‘ und vom ‚Dialog‘ häufig synonym spricht, verschleift einen Unterschied.“[1] Dieses Statement von Nipkow ist ein Anlass, der Frage nach dem Verhältnis von interreligiösem Dialog und interreligiösem Lernen nachzugehen – und damit der Frage, ob es beim interreligiösen Dialog um Bildung geht.

Bildung ist in die DNA von evangelisch-lutherischen Christ*innen eingeschrieben. Martin Luther hat sich mit Vehemenz für Bildung eingesetzt. Ihm lag in besonderem Maße die öffentliche Bildung am Herzen, die allen Bürger*innen offenstehen sollte. In seiner kleinen Schrift an die Ratsherren in jeder deutschen Stadt appellierte er 1524 an die weltliche Obrigkeit, staatliche Schulen zu errichten, um für eine gute Ausbildung der Bevölkerung zu sorgen. Er rief auch dazu auf, öffentliche Bibliotheken zu gründen, um Menschen aller Schichten Zugang zu Büchern und breitem Wissen zu vermitteln. Die protestantische Gemeinde in Halle an der Saale nahm sich den Aufruf zu Herzen und gründete 1552 die heute älteste erhaltene evangelische Gemeindebibliothek. Die Reformation und Luthers Aufruf zur Gründung von Schulen und Bibliotheken führten zu einer regelrechten Bildungsoffensive in Deutschland.

Dabei ging es Luther keineswegs um ausschließlich religiöse Bildung. So schrieb er, bevor er seine Familie gegründet hatte: Wenn er eigene Kinder hätte, müssten diese nicht nur die Sprachen und Naturwissenschaften erlernen, sondern umfassend gebildet werden, zum Beispiel in Musik und Kunst, damit sie später jeden Beruf ergreifen können.

Luther machte sich für Bildungsgerechtigkeit stark; gemäß seiner Auffassung sollten alle lesen und schreiben können, unabhängig von Herkunft oder Geschlecht. Dank der Reformatoren, vor allem Luther und Melanchthon, entstand eine Bildungsbewegung und es kam zu zahlreichen Schulgründungen.

Der Satz, dass Bildung in die DNA von evangelisch-lutherischen Christ*innen eingeschrieben ist, lässt sich reformationsgeschichtlich somit gut begründen. Jedoch wirft der Begriff Bildung viele Fragen auf. Godwin Lämmermann weist zu Recht darauf hin, dass eine allgemein anerkannte Definition des Bildungsbegriffes nicht existiert: „Bildung ist nach Sache und Begriff plural konstituiert: Begrifflich entzieht sie sich jeder eindeutigen definitorischen Bannung, inhaltlich ist Bildung – sowohl als Ziel wie auch als Weg – offen und damit plural strukturiert.“[2] Dieser Befund erfordert eine Verständigung über die inhaltliche Füllung des Begriffs Bildung. Bei dem Versuch einer solchen Verständigung kann sich der Gedanke des lebenslangen Lernens in der Pädagogik und somit auch in der Religionspädagogik als hilfreich erweisen. Was heißt das jedoch konkret – wie kann ein lebenslanges Lernen Gestalt annehmen? Auf diese Frage gibt es unterschiedliche Antworten. Eine zielt auf die Haltung ab, in der Menschen einander begegnen. In dem Mischna-Traktat Pirqe Awot wird im ersten Satz des vierten Kapitels das berühmte Dictum von Ben Soma überliefert: אֵיזֶהוּ חָכָם, הַלּוֹמֵד מִכָּל אָדָם – Wer ist weise? Wer von jedem Menschen lernt. Dies ist eine Definition von Weisheit, die dem Dialog wichtige Impulse zu vermitteln vermag. In jüdischen Kontexten gilt im Allgemeinen nicht als die bzw. der als Klügste bzw. Klügster, wer die klügste Antwort zu geben weiß, sondern wer die klügste Frage zu stellen weiß – denn die gewährleistet, dass das Gespräch fortgeführt wird und somit die Grundlage für weiteres gegenseitiges Lernen gegeben ist.

Der Ort des Lernens ist dementsprechend die Gemeinschaft. Bezogen auf den interreligiösen Dialog ist Gemeinschaft zum einen die Gemeinschaft derjenigen, die sich im Dialog engagieren, und zum anderen auch die Gemeinschaft mit Gott, wenn die Gegenwart Gottes im Dialog vorausgesetzt wird. Unter dieser Voraussetzung ist Gott Teil der Lerngemeinschaft. Dieser Gedanke mag auf den ersten Blick recht anthropomorph anmuten, aber vielleicht realisiert sich ja gerade in der Fähigkeit, voneinander zu lernen, das, was im Rahmen christlich-theologischer Anthropologie recht vollmundig als „Gottesebenbildlichkeit“ bezeichnet wird.

Somit geht es beim interreligiösen Dialog um Bildung. Die Fähigkeit, immer wieder aufs Neue zu lernen und Neues zu lernen, konstituiert den Menschen und ist nicht zuletzt für die Gestaltung des interreligiösen Dialogs von Bedeutung.


[1] K.E. Nipkow, Ziele interreligiösen Lernens als mehrdimensionales Problem, in: P. Schreiner; U. Sieg; V. Elsenbast (Hgg.), Handbuch Interreligiöses Lernen. Eine Veröffentlichung des Comenius-Institut, Gütersloh 2005, S. 362-380, hier S. 375.

[2] G. Lämmermann, Rezension zu: U. Pohl-Patalong (Hg.in), Religiöse Bildung im Plural. Konzeptionen und Perspektiven, in: Pastoraltheologie 93, 2004, S. 59.

Wer lehren will, muss lernen – und sich selbst aushalten

Wer lehrt, tritt nicht nur vor eine Gruppe von Lernenden, er oder sie tritt auch immer ein Stück weit vor sich selbst. In der islamischen Religionspädagogik, deren Selbstverständnis tief im Dialog zwischen Tradition, Gegenwart und biografischer Verwobenheit wurzelt, ist diese Erkenntnis nicht neu. Und doch bleibt sie herausfordernd. Denn die Frage nach dem eigenen Rollenverständnis stellt sich nicht nur einmal, zu Beginn der akademischen Laufbahn, sondern immer wieder, zwischen den Zeilen einer Seminarsitzung oder in einer konstruktiven Diskussion mit kritischen Studierenden.

So stellt sich weniger die Frage, ob reflektiert wird, sondern wie bewusst und wie dauerhaft dies geschieht. Die Professionalisierung von Lehrpersonen, gerade im Fachbereich Religion, ist auf eine fortlaufende Selbstklärung angewiesen. Reflexion, das zeigen uns kompetenzorientierte Modelle religionspädagogischer Lehrer*innenbildung, ist nicht Beiwerk, sondern Herzstück professionellen Handelns. Die Lehrperson wird nicht (nur) als Wissensvermittelnde gedacht, sondern als reflektierende, dialogoffene, zugleich selbstverortete und stets lernende Persönlichkeit.

In dieser Rolle zu stehen, bedeutet auch, sich in Spannungen auszuhalten: zwischen Nähe und Distanz, zwischen dem Anspruch theologischer Tiefe und der Notwendigkeit didaktischer Zugänglichkeit, zwischen fachlicher Autorität und persönlicher Lernbereitschaft. In diesen Spannungen entstehen Reibungsflächen. Und wie es eine erfahrene Kollegin einmal formulierte: „Reibung ist gut. Wo Reibung entsteht, gibt es neue Energien.“

Solche Momente sind nicht angenehm, aber fruchtbar. In ihnen bildet sich das berufliche Selbstverständnis aus. Was lief gut? Was ist zu überdenken? Und: Was sagt diese Situation über mein theologisches wie pädagogisches Profil aus? Solche Fragen markieren einen Denkprozess, der die Fachpersonalisierung mit der Persönlichkeitsentwicklung verbindet. Ein zentrales Anliegen der Religionspädagogik.

Die Haltung, sich stets auch als Lernende zu begreifen, ist dabei nicht allein pädagogisch motiviert, sie ist zutiefst islamtheologisch verankert. Der Status des Lernens und Lehrens ist eng verknüpft mit dem Ethos der Amāna. Jenem anvertrauten Gut, das mit jedem Erkenntnisgewinn auch eine sittliche Verpflichtung mit sich bringt. Wissen wird dabei nicht als Besitzstand verstanden, sondern als Gabe, die auch den Charakter formt. Lehren wird in diesem theologischen Horizont zu einem wechselseitigen Prozess, in dem sich das Subjekt stets auch selbst belehrt: durch die Begrenztheit des eigenen Wissens, durch die Rückfragen der Lernenden und durch die feinen Korrekturen, die das gemeinsame Ringen um Wahrheit ermöglicht. In diesem Sinn ist die Lehrperson nicht nur Übermittlende von Inhalten, sondern eine Existenz im ständigen Lernen vor Gott. Ein Dienst, der weder abgeschlossen noch autoritativ, sondern stets relational, vorläufig und gottesdienstlich zu begreifen ist. Was religionspädagogisch reflektiert wird, spiegelt sich auch in psychologischen Theorien des Lernens wider. So beschreibt das Konzept des Growth Mindset, geprägt von Carol Dweck, die Haltung, Fähigkeiten und Kompetenzen nicht als statisch, sondern als entwickelbar zu betrachten. Diese Denkweise findet sich in überraschender Nähe zur islamischen Vorstellung von lebenslangem Lernen, das in zahlreichen Hadithen als durchgehende spirituelle und ethische Pflicht beschrieben wird. Der Mensch wird dabei nicht als fertiges Wesen, sondern als kontinuierlich Suchender verstanden.

So lässt sich die eigene Rolle in der Lehre wohl nie endgültig bestimmen. Sie entsteht im Tun, verändert sich im Widerspruch, gewinnt Schärfe durch Erfahrung und bleibt zugleich offen. Der Weg zur professionellen Lehrer*innenidentität führt nicht zur Klarheit im Sinne von Eindeutigkeit, sondern zu einem Bewusstheit im Sinne von Transparenz gegenüber sich selbst.

Lehren heißt also auch immer lernen. Und wer lehren will, muss auch lernen, sich selbst auszuhalten – in der Spannung zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Überzeugung und Korrektur, zwischen Bild und Spiegel.

Schröder, K. (2007). Professionalisierung im Lehrerberuf: Kompetenzentwicklung zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Beltz.

Terhart, E. (2011). Lehrerprofessionalität: Was ist das? In E. Terhart, H. Bennewitz & M. Rothland (Hrsg.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf (S. 207–232). Waxmann.

Vgl. Al-Bukhari, Ṣaḥīḥ al-Bukhārī, Hadith Nr. 71; sowie die Sammlung von Imam al-Nawawi, Riyāḍ aṣ-Ṣāliḥīn, Kapitel „Wissenssuche“.

Dweck, C. S. (2006). Mindset: The New Psychology of Success. Random House