„Verschiedenheit achten – Gemeinschaft stärken.“ – So lautet das Motto der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen-Bismarck. Wie genau die Schule dies umsetzt und wie Religionsvielfalt täglich bewusst geschätzt und genutzt wird, erzählte Britta Möhring, Schulpfarrerin der eben genannten Gesamtschule, in einem Gastvortrag des Seminars „Interreligiöse Kooperation und Begegnungslernen im RU“ (gestaltet von Dr. Naciye Kamcili-Yildiz und Prof. Dr. Katharina Kammeyer).
Die Schule wird von ca. 1200 Schüler*innen besucht, die von 105 Lehrkräften unterrichtet werden. Ca. 25 % der Schüler*innen sind muslimisch und außerdem besuchen evangelische, katholische und konfessions- und religionslose Schüler*innen die Schule. „Bi – kulturell“ oder „Bi – religiös“ bezeichnete Britta Möhring die heterogene Vielfalt, denn vor allem der türkisch und der deutsch geprägte Hintergrund spielt (jeweils natürlich aufgefächert in vielfältige Gruppen) eine Rolle. Den Lernenden bietet der Religionsunterricht ein heterogenes Angebot: Katholische, evangelische und muslimische Lehrkräfte sind im Religionsunterricht tätig. Anders als an anderen Schulen nimmt die Gesamtschule diese Interreligiösität bewusst war, um damit einen Religionsunterricht zu entwickeln, der, nach Jahrgängen unterschiedlich, über Inhalte der „eigenen“ Religion hinausgeht.
In den jüngeren Jahrgängen (Klassen 5 bis 8) werden die Konfessionen erst einmal bewusst im Religionsunterricht voneinander getrennt. Damit ein mehrperspektivischer Austausch erfolgreich stattfinden kann, muss man zunächst Hintergrundwissen zur eigenen Religion erarbeiten, so Frau Möhring. Jedoch endet jedes Schuljahr mit einer gemeinsamen „Dialogeinheit“, in welcher alle Religionsgruppen parallel arbeiten und die Klassen für einige Stunden gemischt werden. Themen, die in diesen Jahrgängen behandelt werden, sind beispielsweise der eigene Glaube, Abraham, die Propheten und Religionsmündigkeit. In den Jahrgängen 9 bis 10 findet ein religionsübergreifender Unterricht im Klassenverband mit einer katholischen bzw. evangelischen Lehrkraft statt. Dieser Unterricht wird alle 6 Wochen von einer muslimischen Lehrkraft bereichert. Themen wie der Sinn des Lebens, der Tod, Gotteshäuser, Buddhismus und Hinduismus und muslimisches Leben in Deutschland werden hier behandelt. In Klasse 11 findet ein gemeinsamer Unterricht statt, um an dem Kenntnisstand der Schüler*innen anzuknüpfen und diesen interreligiös zu vertiefen. Religionen und Konfessionen treten noch tiefer in Kontakt, es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede festgestellt und aus Fremdheit wird oftmals Vertrautheit. Themen wie Anthropologie, „Was ist Wirklichkeit?“, Toleranz, Pluralität und Ethik finden hier ihren Platz. In den Abiturjahrgängen werden die Schüler*innen wieder getrennt, um den Inhalt der verschiedenen Lehrpläne behandeln zu können.
Um diesen Austausch im gesamten Schulleben weiterhin zu unterstützen, gibt es vielfältige Angebote auch außerhalb des Religionsunterrichts: Immer wieder verlassen die Schüler*innen das Klassenzimmer und können an Projekten teilnehmen, in religiösen Schulwochen etwas lernen, religiöse Feste gemeinsam feiern, einen Pilgerweg zur Synagoge, Kirche und Moschee antreten und multireligiöse Feiern gestalten. Religion wird an dieser Schule nicht nur gelehrt, sondern miterlebt. Im Rückblick auf das Motto lässt sich also feststellen, dass die Schüler*innen durch das Schulkonzept die Möglichkeit haben, andere Religionen und Konfessionen kennenzulernen, um vielfältige Perspektiven für das eigene Leben zu gewinnen. Verschiedenheit wird bewusst wahrgenommen, um diese gemeinschaftlich zu verstehen und zu respektieren.
Autorin des Berichts: Jana Leonie Löwen
Weitere Informationen über die Schule: https://e-g-g.de/index.php/de/