Interreligiöse Diskurse aus Paderborn wurden in Stuttgart fortgesetzt

Die Theologien der Universität Paderborn waren in großer Besetzung vom 23. bis 25.02.2025 nach Stuttgart zur Tagung der katholischen Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart gefahren, um an der „Verhältnisbestimmung zwischen Judentum, Christentum und Islam“ mitzuwirken: Zishan Ghaffar, Naciye Kamcili-Yildiz, Sara Lebok, Elisa Klapheck (die leider absagen musste)  und Katharina von Kellenbach. Die interreligiöse Ausrichtung des „Forum Christentum-Islam“ (vgl. nähere Infos auf der Homepage: Theologische Forum Christentum – Islam) wurde durchgehalten, indem auf jedem Panel der drei Tage währenden Tagung Repräsentanten aller drei Religionsgemeinschaften saßen. 

Inhaltlich wurden vielfältige Themen aufgegriffen, wie auch das ausführliche Abstract zeigt: Das Theologische Forum Christentum – Islam widmet sich in der Jahrestagung 2025 den komplexen theologischen Beziehungen zwischen den drei monotheistischen Religionen. Im Fokus steht dabei die Konstruktion und Reflexion des Judentums in christlicher und islamischer Theologie. Wie können problematische Bezugnahmen weiterentwickelt und (ko-)produktive Formen gestärkt werden? Welche möglichen Perspektiven eröffnet der interdisziplinäre und religionsübergreifende Dialog für eine Weiterentwicklung der vielschichtigen jüdisch-muslimischchristlichen Konstellationen?
Die Beziehungen zwischen den drei Religionen sind durch komplexe Geflechte der Selbst- und Fremdwahrnehmung/-definition geprägt. […] Das Zusammenleben in pluralen und säkularen Gesellschaften stellt die Religionsgemeinschaften vor besondere Herausforderungen. Dabei spielen spezifische Traditionen, normative Ansprüche sowie Konflikt- und Begegnungsgeschichten eine wichtige Rolle. Wie lassen sich religiöse Normativitäten untereinander und mit den Anforderungen pluraler Rahmenordnungen in produktiven Bezug setzen?
Angesichts von Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und religiös aufgeladenen Antagonismen stehen die Religionsgemeinschaften in besonderer Verantwortung. Ihre Theologien und religiösen Akteure können in verschiedenen Feldern der Bildungs- und Kulturarbeit wichtige Beiträge leisten. Welche Chancen, aber auch welche Herausforderungen bietet dabei eine religionsübergreifende Zusammenarbeit?

Zum Thema „Identität durch Differenz? Narrative und gegen-Narrative über Beziehungen zum Judentum“ traf Katharina von Kellenbach auf Rabbiner van Voolen (Liberale Jüdische Gemeinde Israelitischer Tempelverband in
der Hansestadt Hamburg) und Prof. Amir Dziri (Universität Fribourg).  Ihr Beitrag untersuchte „Frauenfeindlichkeit als interreligiöse Polemik“ und der Eindruck, dass die jeweils eigenen Frauen vor den jeweils anderen Religionen geschützt werden müssen: vor westlicher Liberalisierung und säkularer sexueller Ausbeutung auf der anderen Seite und vor patriarchaler Unterdrückung und gesetzlicher Gewalt andererseits. Als Beispiel stellte von Kellenbach einen Kinderfilm über die drohende Steinigung der Ehebrecherin im Johannesevangelium vor. Diese Geschichte, quellenkritisch höchst umstritten, wird in Religionsschulbüchern oft gegen den Text gelesen, um „die Juden“ als hartherzig, gewalttätig und frauenfeindlich darzustellen. So geschaffene Klischees werden dann unbewusst auf den Islam übertragen, der als frauenfeindliche und gewalttätige Gesetzesreligion erscheint.

Der Tagungsdiskurs der Fachcommunity  ging differenziert und reflektiert mit solchen Polemiken um, sodass die Teilnehmenden aus der mehrtägigen Tagung bereichert auch für weitere ZeKK-Austausche nach Hause fuhren.

Text: Katharina von Kellenbach, Bilder: Katharina von Kellenbach und Naciye Kamcili-Yildiz