Experience with Multi-Religious Prayer – Room of One.

I believe that prayer is the greatest refuge for a person of faith; even in the midst of human-caused catastrophes, people still seek God’s guidance.

Much may be said about it, but I’d like to offer my own experience at Müster Bonn, where I joined the first multi-religious prayer. It is a bold initiative of CTSI at the University of Bonn and Prof. Klaus Von Stosch. It aims to offer faith communities a space to have collective experience of prayer and a support in their desire for a peaceful and habitable world. Faiths united in their desire for climate concerns and a more peaceful global civilization and.

A multi-religious group prayer appears to be a stylish and trendy concept. However, during my time there, I was reminded of several instances in faith history where loyal communities longed for and banded together for a greater cause and what greater cause could there be than a peaceful, sustainable earth for all lifeforms?

Prayer is perhaps a believer’s last resort. What could be more meaningful than praying for one another? Prayer can be an act of self-interest, but when done for the Other, regardless of kinship or religious beliefs, it becomes something wonderful. Praying is both a private conversation with God and an appropriate means of connecting with oneself. The following verse from the Quran sprang to mind: „And when believers ask you, concerning Me – truly I am near. When the supplicant calls out to Me, I hear him (2:186).

Instances of silence, followed by the chiming of bells and the trickling of water, let me forget the grief and suffering in the present world. My thoughts began to wander as I listened to the Adhan and Psalms. In mystic traditions, it is considered that one can have a wandering mind, but it should not stray unduly. Contemplating the situation, I imagined what might happen if politicians from opposite regions, such as the Middle East, joined us in prayer or had a chance to sit and ponder on a different pathway. When will we get your response my God? I sat and waited.

While we invoked God’s name in German, Arabic, and Hebrew, the overwhelming emotions overtook my spirit and I felt a sense of relief in my heart. The expression of a shared desire for peace in a variety of linguistic forms, such as Frieden, Salam, and Schalom, may aid in the development of a sense of community and harmony while also allowing us to express our concerns about the accelerating rate of lifeform extinction and the effects of climate change.

The Room of One is a possibility; it is a model invitation to chant the name of our creator together. „We pray for our loved ones who perished in the madness of wars, My Lord,“ I mumbled in my heart. I prayed for our deceased relatives, including those we had never met, as well as those who lived in war-torn areas. As I listened intently to the prayers, I noticed emotions of delight and contentment mirrored in their smiles and cheerful eyes, complemented with a quiet and calm ambiance. I understood that while the difficulties that humanity faces may appear complex, they may not be; they may be as simple as having an open heart.

Where is the solution? I was wondering, and then we all sang together from the booklet designed for multireligious prayer, that we should have the courage to inquire, even in difficult circumstances; we should have the courage to ask, even if the response appears distant; we should still ask for forgiveness, even if we feel pious… We should inquire and pray as equals. 

Our hearts contain the answer. 

#Prayer #ClimateChange #Peace #RoomofOne

Dr. Abdul Basit Zafar is a research assistant at the International Center for Comparative Theology and Social Issues (CTSI) of the University of Bonn.

Das Gebet im Room of One findet im Rahmen des vom MRK NRW geförderten Verbundprojekts zum Transfer Komparativer Theologie in die Gesellschaft zwischen der Universität Paderborn und der Universität Bonn statt. Hier finden sich weitere Infos zum wöchentlichen Gebet:

Sterben wollen – Leben müssen – Sterben dürfen?[1] – Gedanken zur Debatte um den assistierten Suizid

Wir nähern uns mit großen Schritten dem Feiertag und röm.-kath. Hochfest Allerheiligen (lat. Festum Omnium Sanctorum). Traditionell am 1. November begangen, verrät bereits der Name, worum es sich dabei handelt: Die katholische Kirche gedenkt an ihm aller Heiligen, also den bekannten wie auch unbekannten Personen, die ihren Glauben (im Verborgenen) gelebt, verteidigt und die die christliche Botschaft verkündet haben. Dazu gehören auch jene, die nicht offiziell in den Kreis der Heiligen aufgenommen wurden.[2] An Allerheiligen schließt jährlich am 2. November ein zweiter Totengedenktag an, das Fest zu Ehren aller Verstorbenen: Allerseelen. Beide Feste haben ihren Ursprung im Glauben bzw. der Überzeugung, dass durch Jesu Sterben und Auferstehung als Erstlingsgabe auch der eigene Tod nicht das Ende, sondern der Anfang des ewigen Lebens ist.[3]

In der Besinnung auf diese Tage, mit dem Gedenken an die bereits Verstorbenen rücken auch die nach wie vor tabuisierten Themen von Tod und Sterben in den Vordergrund. Gedanken um den eigenen Tod und das Sterben lassen Erinnerungen an die jüngeren und jüngsten Debatten im Deutschen Bundestag zu den Regelungen am Lebensende wach werden: Am 26. Februar 2020 sprach das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil zum Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid (BVerfGE 153, 182) mit sofortiger Wirkung jedem Menschen das Recht auf selbstbestimmtes Sterben ohne Bedingungen zu. Zugleich wurde der Reformbedarf bekannt gegeben: „Der Staat sei verpflichtet, für die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Durchsetzung dieses Anspruchs zu sorgen.“[4] Dieses Jahr wurde im Bundestag darüber – teils heftig – debattiert und noch vor der Sommerpause dann zwei Vorschläge eingereicht, die am 6. Juli zur Abstimmung gestellt wurden. Die beiden Abgeordneten der SPD und CDU, Lars Castellucci und Ansgar Heveling, schlugen eine Regelung ähnlich dem Schwangerschaftsabbruch vor, nämlich Sterbehilfe grundsätzlich unter Strafe zu stellen und diese nur in Ausnahmefällen zu erlauben. Der zweite Vorschlag um die Grünen-Abgeordnete Renate Künast und die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr war liberaler: Sterbewilligen solle der Zugang zu tödlichen Medikamenten ermöglicht werden, nachdem sie eine (ergebnisoffene) Beratung durch eine anerkannte Beratungsstelle in Anspruch genommen haben. Letztlich sind beide Vorschläge im Bundestag gescheitert.

Dass auch drei Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch kein Gesetz zum assistierten Suizid verabschiedet worden ist, zeigt neben den Debatten im Bundestag an, wie kontrovers das Thema diskutiert wird und wie stark professionelle Haltung mit persönlicher Einstellung verknüpft ist. Im Kern geht es um eine Auseinandersetzung, in der das zugrunde liegende Menschenbild eine zentrale Rolle spielt: Verstehe ich (verkürzt und vereinfacht gesagt) den Menschen entsprechend dem Menschenbild der Moderne ausschließlich als autonomes Subjekt, das selbstbestimmt auch über seinen Tod verfügen kann, oder sehe ich ihn dem christlichen Verständnis entsprechend als Beziehungswesen – auch in seiner transzendenten Dimension. Mit letzterem verbindet sich ein Gottesbild, das Gott als Schöpfergott versteht (vgl. u.a. Gen 1; 2), der den Menschen als Imago Dei, als Bild Gottes, geschaffen hat (vgl. Gen 1,26f.) und für diesen sorgt (vgl. Gen 1,29). Haucht Gott dem Menschen in Gen 2,7 Lebensatem ein, so wird überdies der Geschenkcharakter des Lebens deutlich. Als Geschenk Gottes an den Menschen, zu dem Gott in Beziehung tritt, gilt es das Leben zu schützen und zu wahren.[5] Als Beziehungswesen ist der Mensch zudem angewiesen auf seine Mitmenschen (vgl. Gen 2,21-23).

Darin, den Mitmenschen mitzudenken, liegt eine Stärke dieses Menschenbildes in der Diskussion um den assistierten Suizid. Denn über die Frage der Selbsttötung hinaus liegt eine Problematik m.E. auch darin, diejenigen nicht zu vergessen, denen die Suizidassistenz zugemutet wird: Wie können Pflegekräfte und Angehörige damit in ihrem Leben zurechtkommen? Mascha Kaléko verdichtet in Memento[6]: Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang,/ Nur vor dem Tode derer, die mir nah sind./ Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind? […] Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur,/ Doch mit dem Tod der andern muß man leben. Und, so ist in diesem Sinne hinzuzufügen: mit dem Tod derer, denen ich Beihilfe geleistet habe.

Unter Berücksichtigung dessen wäre anzufragen, ob das Menschenbild der Moderne den Menschen nicht zu sehr darauf reduziert, ein autonomes Subjekt zu sein… So oder so tritt ein m.E. zentraler Aspekt in der Debatte noch zu wenig in den Fokus: die Suizid-Prävention. Im oben genannten Vorschlag von Künast und Helling-Plahr wird die ergebnisoffene Beratung vorgeschlagen, die jedoch erst an dem Punkt einsetzt, wenn ein Suizidvorhaben bereits (fix) besteht. Präventive Maßnahmen werden nicht in den Blick genommen; z.B. Sozialstationen mit ihren Hilfswerken ebenso zu stärken wie die zumeist auf Spenden angewiesenen Hospize und Hospizdienste, die palliativen Hilfen, die Trauerarbeit u.a., um stärker vorbeugend tätig werden zu können. Zu diesem Schluss kommt auch die Ärztekammer Hamburg, die „bei beiden Vorschlägen ausreichende Maßnahmen zur Suizid-Prävention [vermisst]. ‚Sowohl der restriktive Ansatz der Gruppe um die Abgeordneten Castellucci und Heveling als auch der offenere Vorschlag von Künast und Helling-Plahr äußern sich nur unzureichend zur Suizidprävention. Das ist umso schwerwiegender, wenn man bedenkt, dass die überwiegende Mehrzahl der Suizide hierzulande Folge einer psychischen Erkrankung, etwa einer Depression, sind. Flächendeckende und gut erreichbare Präventionsangebote müssten daher eigentlich vor einer Neuregelung der Sterbehilfe aufgebaut werden, mindestens aber parallel dazu.‘“[7]

[1] Titel und Thema der Veranstaltung des Instituts für Kirche und Gesellschaft an der Evangelischen Akademie Villigst am 20.-21. Oktober 2023.

[2] Art. Allerheiligen; verfügbar unter: https://www.vivat.de/magazin/jahreskreis/weitere-gedenk-und-feiertage/allerheiligen-bedeutung/ [Stand: 10.10.23].

[3] Art. Allerseelen; verfügbar unter: https://www.vivat.de/magazin/jahreskreis/weitere-gedenk-und-feiertage/allerseelen-bedeutung/ [Stand: 10.10.23].

[4] Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 828/21, Abs. 4; verfügbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/11/rk20211103_2bvr082821.html [Stand: 14.10.23].

[5] Dementsprechend positioniert sich der Fuldaer Bischof Michael Gerber: „Der assistierte Suizid ist für uns auf der Basis unseres Gottes- und Menschenbildes keine Option“, verfügbar unter: https://katholisch.de/artikel/45910-suizidbeihilfe-debatte-bischof-baetzing-fordert-neues-schutzkonzept [Stand: 10.10.23].

[6] Mascha Kaléko, Verse für Zeitgenossen, München 42017, 12.

[7] Bundesärztekammer, Assistierter Suizid: Prävention sollte im Vordergrund stehen (Hamburg, 6.7.23), verfügbar unter:

https://www.bundesaerztekammer.de/presse/aktuelles/detail/assistierter-suizid-praevention-sollte-im-vordergrund-stehen [Stand: 10.10.23].

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#Assistierter Suizid #Menschenbild #Suizidprävention

Dr. Saskia Breuer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Katholischen Institut der Universität Paderborn im Bereich Biblische Theologie.

Israel und Hamas: Solidarität und kritische Reflexion in Zeiten von Krieg und Terror

Erneut erschüttert ein Ereignis die Welt: der brutale Angriff der radikalislamischen Hamas auf die Zivilbevölkerung in Israel. Kinder, Alte, Männer und Frauen in Israel wurden wahllos und vorsätzlich auf grausame Weise verschleppt, verletzt und getötet. Und im Zuge der militärischen Reaktion Israels im Gazastreifen zahlen, wie auch schon beim Angriff der Hamas, vor allem unschuldige Zivilist*innen den Preis für die Vergeltungsmaßnahmen. Während die meisten Menschen zutiefst von den grausamen Ereignissen und den zahlreichen Opfern in Israel und Palästina betroffen sind, scheinen andere wiederum die Taten, etwa in Berlin-Neukölln, zu bejubeln. „Wer diesen Terror bejubelt, der entwürdigt nicht nur die Opfer, der tritt auch die Menschenwürde und unsere deutsche Verfassung mit Füßen. Solches Verhalten entsetzt mich, es widert mich an“, betont Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Mehr denn je sind die weltweiten Gesellschaften und somit auch die Theologien angesichts des belastenden Erbes nach Auschwitz und der zunehmenden weltweiten Krisen und Kriege herausgefordert, einerseits Fragen nach Frieden und Gerechtigkeit in ihre Diskurse und ihr gesellschaftliches, politisches und religiöses Handeln miteinzubeziehen, und andererseits die aktuellen Ereignisse im ständigen „Eingedenken des Leids der anderen“ kritisch zu reflektieren und Stellung zu beziehen. „In dieser schweren Zeit steht Deutschland fest an der Seite Israels. Darauf kann sich das israelische Volk, können sich die Jüdinnen und Juden in Deutschland verlassen“, erklärt Steinmeier in seiner Rede weiter.

Unterschiedliche Religionen wurden über die Jahrhunderte hindurch bis in die heutige Zeit hinein wiederholt zur Legitimation von Gewalt und Krieg missbraucht und Kriege aus machtpolitischen Interessen vermeintlich im Namen Gottes geführt. Dabei liegt ihnen eigentlich das Potential der Friedenstiftung inne, wie Markus A. Weingardt von der Stiftung „Weltethos“ in seiner Untersuchung „Frieden durch Religion? Das Spannungsverhältnis zwischen Religion und Politik“ aufzeigt: „Man muss weder religiös sein, noch muss man Religionen mögen, um deren friedenspolitische Beiträge und Potenziale anzuerkennen. Wenn Religionen aber solche Friedenspotenziale haben, dann muss uns daran gelegen sein, diese auch wirklich im Sinne des Friedens und zum Wohle der Menschen aufzugreifen und einzubinden in die Politik.“ Auch der Arbeit, die das Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften im Sinne eines interreligiösen Miteinanders und von Begegnungen auf Augenhöhe leistet, kommt daher insbesondere in diesen Zeiten eine unermessliche Bedeutung zu.

Die jüngsten Ereignisse haben uns auch persönlich sehr erschüttert, und wir haben gemerkt, dass es vielen Mitmenschen dabei nicht anders geht. Wir gehören der Generation Y an. Ein prägendes Merkmal ist: Wir können uns daran erinnern, wo wir waren und was wir getan haben, als sich der Terroranschlag vom 11. September 2001 als das singuläre Kriegs- und Krisenereignis unserer Generation ereignete. Es war der Auftakt eines Jahrzehnts, in dem auch noch weitere Krisen folgten, aber die heutigen Zeiten fühlen sich noch einmal anders an, indem die Abstände immer kürzer werden. Der Ausbruch einer mehrjährigen Pandemie, immer stärkere Naturkatastrophen und Extremwetterereignisse als Folgen des menschengemachten Klimawandels, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Wirtschaftskrise, das Wiedererstarken des Rechtsextremismus und nun der Angriff auf Israel: Es ist eine riesige Fülle an negativen Ereignissen, die allein in den vergangenen drei Jahren über uns kamen. Nicht immer können wir das allein oder im Gespräch mit Verwandten, Bekannten und Freund*innen verarbeiten. Daher sei an dieser Stelle auch noch einmal auf die Telefonseelsorgeangebote der drei Religionen verwiesen:

Christliche Telefonseelsorge: 0800 1110111

Jüdische Telefonseelsorge: 0800 0001642

Muslimische Telefonseelsorge: 030 443509821

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Stephanie Lerke ist Lehrkraft für besondere Aufgaben in der Abteilung Theologie an der Universität Bielefeld und Lehrbeauftragte am Institut für Evangelische Theologie der Universität Paderborn, Jan Christian Pinsch ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Evangelische Theologie der Universität Paderborn und Lehrbeauftragter am Institut für Evangelische Theologie und Religionspädagogik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

#Israel #Hamas #Gaza #Frieden

An Academic Lament

In the TV show FRIENDS. Ross, an academic, is shocked to learn that the section of the library where couples go to enjoy a private romantic moment (side query: does the local library at Paderborn also have such a spot?) is where his book is stacked. Ross decides to patrol this section to guard his book from the over-amorous. Then, something even more shocking happens. Ross finds out that someone has turned up not for a romantic assignation but to actually read his book. Unable to contain his joy, Ross cries out:

“You’re the person who checked out my book?”  

Academic publications are an example of what is most broken in our academic system. Universities need to obtain funding in order to survive. Governments and funding bodies cannot be seen to give out large sums of money without some sort of deliverable and quantifiable results. The compromise is to make academic publications one of the metrics by which universities justify obtaining money from funding bodies and funding bodies justify awarding money to universities. To ensure some measure of quality, various standards are set. One might have to publish in a reputable academic peer reviewed journal, or show the public impact of one’s publication. But these standards are insufficient by themselves to determine the quality of a published work. A dysfunctional state of affairs thus arises. Arbitrary conventions of academic style, such as whether or not a comma is to be placed after the title of the work, will delay or prevent the publication of otherwise fascinating and original research. On the other hand, some academics get away with re-working the same set of ideas several times, thereby scoring very highly on the “productivity” chart, only because they have mastered the art of getting through peer reviews. But in the same ways that scoring the highest marks in an exam does not necessarily coincide with having the best understanding of one’s subject, a high rate of publishing does not necessarily coincide with having the most original, interesting or beautifully expressed ideas in a field of study. In fact, publishing in the most prestigious journals often means writing in a style that is inaccessible to most people. The scandal of inaccessibility is compounded as most prestigious journals are owned by corporations who prohibit the public from freely accessing scholarly publications that have been publicly funded. Universities and institutions are the only ones usually able and willing to pay for access to these platforms. This requires yet more money. Obtaining this money requires appealing to more funders who insist on only awarding money to institutions that can generate a high number of publications. And so the joke continues. Until, like Ross from FRIENDS, an academic is astonished to learn that someone has actually checked out their book. Although as any student knows, checking out a book is not the same as reading it..

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#education #research #university #academics

Dr. Abdul Rahman Mustafa ist Postdoktorand am Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften der Universität Paderborn.

Heute arbeiten, um später zu leben

Das Telefon klingelt. Ich fange an zu raten, wer mich auf dem Festnetztelefon anrufen könnte. Bingo, es ist meine Bekannte, die Einzige, die mich noch auf diesem Weg erreicht. Diese Frau, jenseits des 80. Lebensjahres, körperlich und geistig fit wie ein Turnschuh und immer noch politisch sehr engagiert, teilt mir sofort ihr Anliegen mit: „Da ist ja schrecklich! Wir brauchen dringend ein Denkmal, habe ich doch schon immer gesagt!“ Ich ahne schon, dass sie das Buch Kartonwand von Fatih Çevikkollu gelesen hat. Ich vermute, dass es wieder einmal ein längeres Gespräch mit ihr werden wird. Fatih Çevikollu thematisiert in seinem jüngst erschienenen Buch das Trauma der Arbeitsmigration nach Deutschland am Beispiel seiner eigenen Familie. Wie viele Gastarbeiter haben seine Eltern den Traum, hier so viel zu verdienen, dass sie sich in der Türkei eine Existenz aufbauen können. Den Traum symbolisiert die Kartonwand: Türkeistämmige Menschen der ersten Generation hatten zu Hause eine Wand mit Kartons, in der sie die Einkäufe, die man mit in die Türkei nehmen wollte, aufbewahrten: Elektrogeräte, Besteck, Gläser, Bettwäsche und vieles mehr. Alles neu gekauft und noch originalverpackt. Die Wohnung in der Türkei sollte schön sein, fast luxuriös. Die schönen Dinge im Karton gelagert für den Traum von der Rückkehr. Der triste Alltag hingegen bestand nur aus Arbeiten und Funktionieren. Von dieser Pragmatik waren auch die Wohnungen geprägt. Schmucklose, geschenkte Möbelstücke, ohne jegliche Ästhetik zusammengestellt.

Die Kartonwand symbolisierte für viele Gastarbeiter all die Hoffnungen, Sehnsüchte, Träume und Wünsche, ein Stück Paradies auf der Heimaterde. Für ihr Paradies mussten sie sich in Geduld üben: Fern von der Herkunftsfamilie und allein in der Fremde sein. Als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Rassismus erfahren. In kleinen Wohnungen leben, damit sie bezahlbar bleiben. ‚Kofferkinder‘ wurden ihre Kinder genannt, die in die Türkei zu den Verwandten zum Teil schon im Säuglingsalter geschickt wurden, damit die Mütter auch arbeiten können. Dass die Trennung eine psychische Belastung für Mutter und Kind sein kann, stand nicht auf der Tagesordnung. 

Das Schicksal seiner Familie hat mich sehr berührt und nachdenklich darüber gemacht, inwieweit diese Familientragödie auch exemplarisch für viele nach Deutschland eingewanderte Familien ist? Das Buch weist darauf hin, dass die Generation der Gastarbeiter nie eine Anerkennung für ihre Leistungen erhalten hat. Die schönsten Jahre ihres Lebens hat sie damit verbracht, Deutschland aufzubauen und in die Sozialkassen einzuzahlen. 

Migration bedeutet immer Stress, sagt der Migrationsforscher Aladin El-Mafaalani. Beim Lesen des Buches wurde mir bewusst, dass Çevikkollu auf eine längst überfällige Debatte anstoßen kann. Zum einen ist es die Geschichte von der Großelterngeneration vieler muslimischer Kinder und Jugendlicher. Zum anderen haben wir durch die aktuelle Migration der letzten zehn Jahre sicherlich auch jüngere Familien, die unter ähnlichen Bedingungen leben oder ein Leben in ihrem Herkunftsland erträumen. Es ist schon längst überfällig, migrationsspezifische Themen in den schulischen Unterricht, auch in den Religionsunterricht aufzunehmen. 

Um zurück zu meinem Gespräch vom Anfang zu kommen: Meine Stadt plant tatsächlich, den Gastarbeitern ein Denkmal zu setzen. Das kann der Anfang der Würdigung ihrer Leistungen für unser Land sein.

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#Kartonwand #Gastarbeiter #Migration #Kofferkinder

Naciye Kamcili-Yildiz ist Juniorprofessorin für Islamische Religionspädagogik und ihre Fachdidaktik am Paderborner Institut für Islamische Theologie der gleichnamigen Universität.

Schöpfungszeit – Zeit für die Schöpfung

Ein heißer Sommer nähert sich seinem Ende. Diese Septemberwoche ist bestimmt von ambivalenten Erfahrungen – geschenkten Spätsommertagen auf der einen Seite, zerstörerischen Wetterkapriolen auf der anderen Seite. Die diesjährigen Hitzewellen, Brände hervorrufenden Dürreperioden und extremen Starkregen mit Überflutungen wurden mit „apokalyptischen“ Szenarien verglichen. Folgen des Klimawandels? Die Dringlichkeit des Klimaschutzes durch gesamtgesellschaftliche und individuelle Verhaltensänderungen tritt damit besonders drastisch vor Augen.

Der September firmiert im kirchlichen Kalendarium als „Schöpfungszeit“: Im Kirchenjahr wird damit der Zeitraum zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober (Gedenktag des Franziskus von Assisi)[1] bezeichnet: Ausgerufen von der dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung der Kirchen 2007 im rumänischen Sibiu, erinnert die ökumenische Zeit der Schöpfung daran, sich auf die Verantwortung zur Bewahrung der Schöpfung zu besinnen. 

Die Initiative kam von orthodoxer Seite: Der 1. September gilt in den orthodoxen Kirchen als der Tag der Schöpfung. Bereits 1989 hatte der damalige Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Dimitrios I. (1914–1991), „die gesamte christliche Welt“ eingeladen, „jedes Jahr an diesem Tag den Schöpfer aller Dinge anzurufen und anzuflehen, ihm Dank zu sagen für die grosse Gabe der Schöpfung und ihn um ihre Bewahrung und ihr Heil zu bitten“. Mit Rekurs auf die Schöpfungserzählung am Anfang der Bibel mahnte er: „Indem der Mensch seine Sonderstellung in der Schöpfung und Gottes Auftrag ‚über die Erde zu herrschen (Genesis 1,28)‘ missbraucht, hat er die Welt an den Rand apokalyptischer Selbstzerstörung geführt …“[2]

Hier zeigen sich die unterschiedlichen Lesarten biblischer Schöpfungsnarrative in der Rezeptionsgeschichte. Wie lässt sich die priesterschriftliche Schöpfungserzählung im ersten Kapitel der Genesis gegenüber traditionellen Deutungsmustern auslegen? Die sich aktuell potenzierenden Krisen rufen nach einer Kritik und Veränderung überkommener Logiken im „Anthropozän“, das sich mit aus der Bibel abgeleiteten anthropozentrischen Überlegenheitsansprüchen legitimierte. 

Im Horizont altorientalischer Vorstellungswelten verweist die imago Dei in Gen 1,26–28 auf ein „demokratisiertes“ Herrscherideal in Repräsentanz Gottes („Gottesbildlichkeit“ des Menschen gleichsam als Statthalterschaft): Das als königliche Herrschaft – die nun der Menschheit kollektiv übertragen wird – verbildlichte dominium terrae ist nicht als Freibrief zur Ausbeutung der Schöpfung und zur Zerstörung von gemeinschaftlich überantworteten Ressourcen zu verstehen, sondern verkündet einen Dauerauftrag zum Einsatz für die Vielfalt der Schöpfung. Anstatt von Dominanz die Verbunden-, Verwoben- und Verwiesenheit in der gemeinsamen Kreatürlichkeit im Schöpfungskollektiv zu sehen, bringt einen notwendigen Perspektivenwechsel in der handlungsleitenden Interpretation.

In seiner Botschaft anlässlich des Weltgebetstages für die Schöpfung am 1. September (seit 2015 im katholischen Kirchenkalender verankert) forderte Papst Franziskus zu „ökologischer Umkehr“ auf, sich „an die Seite der Opfer von Umwelt- und Klimaungerechtigkeit zu stellen und diesen sinnlosen Krieg gegen die Schöpfung zu beenden“.[3] In einer gemeinsamen Erklärung zum Auftakt der „Schöpfungszeit“ riefen auch der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) und die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) zur Beteiligung auf: Eine gerechtere und nachhaltigere Lebensweise für die gesamte Menschheit hänge vom Engagement aller für das „gemeinsame Haus“ ab.[4] Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland lud am 1. September zur zentralen Feier des diesjährigen Ökumenischen Tages der Schöpfung (seit 2010 am ersten Freitag im September) in Bremen ein.

Am heutigen Freitag, dem 15. September setzen verschiedene Klimaschutzbewegungen, Religionsgemeinschaften (z.B. Religions For Future in Wien) und Jugendorganisationen mit einem „globalen Klimastreik“ ein öffentliches Zeichen.

Schöpfungszeit als interkonfessionelles (und interreligiöses) Programm – es ist höchste Zeit für die Schöpfung.


[1] In der EKD der 3. Oktober (Todestag).

[2] Europäisches Christliches Umweltnetz [ECEN], Eine Zeit für Gottes Schöpfung. Ein Aufruf an die europäischen Kirchen, hg. v. Isolde Schönstein und Lukas Vischer, Genf 2006, 10–11; online zugänglich unter: 2006_ecen_schoepfungszeit.pdf (unibe.ch).

[3] Papstbotschaft zum Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung: Wortlaut – Vatican News.

[4] Kirchen in Europa: Klima braucht mehr politischen Einsatz – Vatican News.


#Schöpfungszeit #Klimaschutz #biblische Schöpfungserzählung

Prof. Dr. Andrea Taschl-Erber verantwortet den Bereich Biblische Theologie am Institut für Katholische Theologie an der Universität Paderborn.

Kaffee und Spiritualität: die perfekte Mischung

Heute nahm ich mir vor, diesen Blog-Beitrag am Abend bei einer Tasse Kaffee zu schreiben. Während die Stunden verstrichen und ich in meinen alltäglichen Aufgaben versunken war, erfüllte mich der Gedanke an diese abendliche Ruhepause mit Freude. Weniger das Schreiben als vielmehr der Kaffee, denn in letzter Zeit habe ich reichlich geschrieben. Mehrfach malte ich mir aus, wie angenehm es sein würde – den Kaffee meine ich, nicht das Schreiben.

Das nahezu rituelle Element des Kaffeetrinkens lässt mich heute nicht los. Zu Hause habe ich meine besondere Lieblingstasse, und ich weiß genau, wie jedes Detail vorbereitet sein muss, um den Kaffee wirklich genießen zu können. Ebenso sorgfältig bereite ich mich auf das Gebet vor; beide Elemente meiner Morgenroutine bieten mir Trost und ein Gefühl der Kontinuität.

Am liebsten mag ich MEINEN Kaffee, obwohl ich weiß, dass es unzählige Kaffeesorten gibt. Auch wenn jemand anderes meinen Kaffee zubereitet, ist es einfach nicht dasselbe. Ähnlich verhält es sich mit meinem Glauben: So wie es unendliche Kaffeevarianten gibt – Espresso, Latte, Americano, Macchiato –, so gibt es auch zahlreiche Wege und Zugänge zum Göttlichen, jeder mit seinem eigenen „Beigeschmack“ in Form von Philosophie oder Ritualgestaltung. Manche wirken wie ein kräftiger, Augen öffnender Espresso, andere eher wie ein tröstender Latte.

Eines kann noch in diesem Vergleich gesagt werden, zumindest im Hinblick auf die drei monotheistischen Religionen: jeder Kaffee beginnt als eine einzelne Bohne, aber die unterschiedlichen Zubereitungsmethoden führen zu einer Vielzahl von Ergebnissen. Ähnlich verhält es sich mit unseren spirituellen Wegen: Alle haben einen gemeinsamen Ursprung, werden jedoch durch individuelle Praktiken und Traditionen „gewürzt“ und verfeinert.

Mein Kaffee ist koffeinhaltig, und mir ist klar, dass das Koffein die „Seele“ des Kaffees ist. Es gibt jedoch auch Menschen, die entkoffeinierten Kaffee bevorzugen. Ähnliche Gegensätze lassen sich in religiösen Diskursen finden: Es gibt Gelehrte (und Gläubige), die auf einer wörtlichen Auslegung der heiligen Texte beharren und diese als „Seele“ der Religion bezeichnen – ähnlich wie diejenigen, die nur koffeinhaltigen Kaffee schätzen. Doch innerhalb jeder religiösen Gemeinschaft gibt es auch Menschen, die die Religion „entkoffeinieren“, indem sie freiere Interpretation der Texte vorziehen und somit die Substanz jenseits des Koffeingehalts zu schätzen wissen.

Also bietet sich beim nächsten Schluck des Lieblingskaffees an, einen Moment innezuhalten und über die eigene spirituelle Reise zu sinnieren. Vielleicht wird dabei klar, dass der Latte mehr ist als nur ein Kaffeegetränk – er wird zu einer dampfenden Tasse existenzieller Fragen. Die Vielfalt der Kaffeevarianten reflektiert dabei die Diversität religiöser Überzeugungen und Praktiken, und das ist völlig in Ordnung. Beim Genuss des Lieblingsaufgusses könnte man also überlegen, einen metaphorischen Schluck spiritueller Erleuchtung zu nehmen. Denn letztendlich geht es sowohl beim Kaffee als auch bei der Religion darum, die perfekte Mischung für sich selbst zu finden. Prost!

#Spiritualität #Kaffee #Glaube #Rituale #Erleuchtung

Ahmed Husić ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Paderborner Institut für Islamische Theologie der Universität Paderborn.

„Apokalypse“ überall?

Der Begriff „Apokalypse“ ist gerade in aller Munde. Klimaschutz, Kriege wie der in der Ukraine, Verbrenner vs. Elektroautos, Erdbeben, Chemieunfälle, Überschwemmungen – alle diese Themen werden in den Medien und auch im modernen Sprachgebrauch als „apokalyptisch“ bezeichnet. Und auch meine nicht wissenschaftliche und stichprobenhafte Suche bei der Online-Ausgabe des Spiegel ergab ein ähnliches Bild. Während der Spiegel in den letzten Jahrzehnten das Wort „Apokalypse“ durchschnittlich 20-22 pro Jahr nutzte, erschien das Substantiv schon 105 Mal im letzten Jahr. Das Adjektiv „apokalyptisch“ wurde in der Vergangenheit durchschnittlich 5-6 Mal pro Jahr beim Spiegel benutzt, im letzten Jahr jedoch 16 Mal.

Zufällig begegnete mir ein Ausdruck mittelalterlichen apokalyptischen Denkens im Sommerurlaub in Rouen in der Normandie. Die dortige Kathedrale stehe auf dem Haus des Römers Praecordius, heißt es, der es für die ersten Gottesdienste der Christen zur Verfügung stellte. Im vierten und fünften Jahrhundert wurde dort ein Vorgängerbau errichtet, von dem man einige wenige Spuren gefunden hat. Die romanische Kathedrale wurde dann in Anwesenheit von William the Conqueror im Jahr 1063 geweiht, die heutige Kathedrale am Anfang des 13. Jahrhunderts im gotischen Stil neu errichtet. An einem ihrer Portale, dem „Portail des Libraires“ aus dem späten 13. Jahrhundert, sieht man mittig oben am Tympanum eine wahrhaft apokalyptische Szene: das letzte Gericht, Gräber öffnen sich, Tote werden quicklebendig. An den Seitenstreben des Portals schweift der Blick zu kleineren Darstellungen. Oben findet man hin und wieder Szenen, die dem Genesisbuch zugeordnet werden können, wie eine Darstellung von Adam und Eva, die von Gott Kleidung und Arbeitsgeräte gereicht bekommen. Weiter unten und direkt auf Blickhöhe aber tummeln sich Mischwesen und Phantasietiere wie ein Ziegenbock, der mit Menschenhand eine Glocke läutet, oder ein Schwein, das ein Streichinstrument spielt. Kunstvoll in die Steine einer gotischen Kathedrale gehauen, konservieren diese Bilder die apokalyptische Vorstellungskraft der Handwerker, die im Mittelalter hier tätig waren.

Das Mittelalter scheint eine Zeit gewesen zu sein, in der apokalyptische Ideen in großer Mode waren. Nicht nur steinerne Zeugen wie die Kathedrale von Rouen beweisen das, sondern auch schriftliche Zeugnisse aus jüdischer und christlicher Tradition, die bis heute erhalten sind. Dort liest man von Visionen eines gemeinsamen Mahles mit Gott oder einer Wiedereröffnung des Paradieses oder einem Gericht, das Gerechte und Ungerechte voneinander trennt und nur Erstere überleben lässt. Historische Dokumente sprechen von apokalyptischen Predigern, die das Ende der Welt voraussagten, von ekstatisch tanzenden Menschengruppen, die durch Mitteleuropa zogen, von Messiassen, die vor den Toren Roms um Anhänger buhlten.

Um der „Apokalyptik“ auf den Grund zu gehen, muss man aber noch weiter zurückschauen. Namensgeberin für den Begriff ist das letzte Buch des Neuen Testaments, die Offenbarung des Johannes, entstanden wahrscheinlich am Ende des ersten Jahrhunderts unserer Zeit. Offenbaren, griechisch apokalypto, bedeutet: „das Verborgene sichtbar machen“. In der Offenbarung will der Seher Johannes das ihm offenbarte Wissen an die christlichen Gemeinden weitergeben. Damals verfolgte der römische Staat die frühen Christen, sodass diese fürchteten, ihre Gemeinde und ihre Welt würde verschwinden. Und auch die jüdischen Gemeinden hatten in diesen Jahrhunderten und davor ähnliche Katastrophen erlebt. Im Jahr 70 unserer Zeit zerstörten die Römer ihr zentrales Heiligtum, den Tempel von Jerusalem. Vorher erlebten Jüdinnen und Juden Exil und Diaspora. Offenbartes (apokalyptisches) Gedankengut, die dramatische Sprache des Kampfes zwischen Gut und Böse, versprach den Unterdrückten und Bedrohten damals Abhilfe. Gott würde am Ende siegen, so die Hoffnung im frühen Judentum und frühen Christentum, Und mehr noch: Gott hatte den Konflikt schon vorausgesehen und lenkt die Geschichte, glaubte man. Wenn diese Welt, die nicht mehr zu verbessern ist, endet, beginnt eine neue: die Kommende Welt, wie man in der jüdischen Tradition sagte, das Reich Gottes, wie es das Neue Testament nennt.

Und das ist der große Unterschied zwischen den Ursprüngen apokalyptischen Denkens und dem inflationären Gebrauch des Begriffes im heutigen Sprachgebrauch. Heute steht „Apokalyptik“ allein für das Ende der Welt, früher aber stand es für das Ende der Welt, das dem Neuanfang mit Gott vorausgeht.

Einer frommen Legende nach wurde Martin Luther einmal gefragt, was er denn vom Weltuntergang halte. Er habe geantwortet: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Selbst wenn diese schöne Legende nicht historisch verortbar ist, zeigt sie uns einen einen Menschen des 16. Jahrhunderts, der dachte wie die frühen Apokalyptiker. Das Ende mag vielleicht kommen, aber niemand weiß, wann das geschehen wird. Und der Neuanfang ist schon von Gott geplant.

Allerdings kann man mit dieser frühen und eigentlichen Bedeutung des Begriffs „Apokalyptik“ heute keine Klicks in den Online-Ausgaben der Zeitungen generieren…

  • Bild: privat

Claudia D. Bergmann ist Professurvertreterin für Evangelische Theologie mit dem Schwerpunkt Biblische Exegese und Theologie an der Universität Paderborn.

#Apocalypse #Endederwelt #Neuanfang #Spiegel

Zwischen woken Vibes und Weihrauchdüften: Meine Suche nach einer interkulturellen Identität

Seit ich vor zweieinhalb Jahren den Schritt gewagt habe von Paderborn nach Berlin zu ziehen, kann ich zufrieden feststellen, mich in sozialen Räumen aufzuhalten, die den Charakter eines Safer Spaces annehmen können. Ich umgebe mich mit Menschen, mit denen ich Erfahrungen und eine milieubedingte Sprache teile. Wir setzen uns sensibel und meistens selbstkritisch mit Themen wie Rassismus, Sexismus, queeren Kämpfen und Klimawandel auseinander, hinterfragen und kritisieren Gendernormen mit einem unübersehbaren Gendersternchen, kämpfen für die Normalisierung von Mental Health-Themen und streben eine befreite Sicht auf Sexualität an. Gepierct und tätowiert, mit einer Heirat höchstens aus steuerlichen Gründen im Hinterkopf, streben wir nach Jobs in Teilzeit, tragen stolz Secondhand-Kleidung und füllen unseren Insta-Feed mit inszenierten Fotos des letzten Urlaubs, die ja so viel mehr sind als Schnappschüsse. Klassenordnungen? Diese enthüllen sich uns wohl am deutlichsten, wenn wir vor der überteuerten Vielfalt an Tickets der Deutschen Bahn stehen. Und während wir unsere Tattoos in veganen Secondhand-Cafés sitzend zur Schau tragen, fragen wir uns manchmal mit einem Augenzwinkern, ob wir die Avantgarde der Individualität oder einfach nur Fans von nachhaltigem Koffein-Konsum sind. Inmitten dieser ironischen Verflechtung aus hedonistischem Lebensstil, kritischer Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen und beruflichen Perspektiven wird mir zunehmend bewusst, dass mein Arbeitsverhältnis als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der katholischen Religionspädagogik nicht mehr nur eine alltägliche Verantwortung darstellt, sondern zunehmend zum Katalysator für tiefgreifende Diskussionen über Vorurteile und Annahmen in meiner so geliebten ‚woken‘[1] Bubble wird.

Nicht erst seit meinem Umzug nach Berlin stelle ich fest, dass mein Arbeitsverhältnis bei vielen meiner woken Peers zu hochgezogenen Augenbrauen führt: „Moment mal? Du? Katholisch? Ich hätte erwartet, dass du in deinem Rucksack einen Haufen feministischer Theorie herumträgst und nicht die Bibel.“ Als wäre ihnen der Messias selbst erschienen, schaut manch eine*r fast panisch, wenn er*sie bemerkt, dass sich eine katholische Himmelsdetektivin in den eigenen Reihen befindet. In diesen erstaunten Gesichtern scheinen meistens nicht bloße Neugierde und Interesse auf, sondern Vorurteile und Ablehnung. Ich frage mich zunehmend, wieso ich nicht beides in meinen Rucksack werfen kann. Aber Schwarzsein, Jungsein, Frausein, Wokesein – all das scheint wohl nicht so recht in das verstaubte Klischee einer Katholikin zu passen. In diesen Erfahrungen spiegelt sich zum einen ein verzerrtes Bild von Theologie und zum anderen eine gesellschaftliche Realität wider, denn Religiosität, und in verstärkter Weise Katholizität, wird gerne mit dem Gegenteil von Vernunft und mit Konservatismus gleichgesetzt, als ob der konservative Flügel der Herren in den Klerikerreihen nicht schon genug im Rampenlicht steht.

Im Rahmen meiner Auseinandersetzung mit machtkritischer Forschung wird mir zunehmend bewusst, dass diese vorherrschenden Bilder von Katholischsein in enger Verknüpfung mit von Macht durchdrungenen Selbst- und Fremdrepräsentationen im Diskurs stehen. Innerhalb der durch den Diskurs gesetzten Rahmenbedingungen wird deutlich, dass auch in den institutionellen katholischen Hierarchien konservative Ausrichtungen eine spürbare Machtposition innehaben, wodurch sie das Narrativ eines konservativen Katholizismus in signifikanter Weise mitgestalten. Dieses Machtgefüge wirkt gleichzeitig als Motor für die Marginalisierung abweichender katholischer Identitäten, was zu einem vermeintlich einheitlichen und konservativen Bild des Katholizismus führt. Hier wird die immense Wirkmacht des Diskurses deutlich, der nicht nur passiv widerspiegelt, sondern aktiv Realitäten konstruiert und formt. Dieser komplexe Zusammenhang ist es, der die erstaunten Reaktionen meiner Peer-Group hervorruft. Angesichts dieser vielschichtigen Dynamik drängt sich die Frage auf: Welche Darstellungen des Katholizismus dominieren in diesem Szenario, und welche Perspektiven sind marginalisiert? Eine Suche nach Repräsentationen von jungen, nicht-weißen, queeren und behinderten Personen, die sich als katholisch verstehen, sowie nach ‚woken‘ katholischen Weltzugängen, würde sich meines Erachtens nicht nur zugunsten des christlichen ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘ lohnen, sondern könnte dem Katholizismus auch eine Prise neuer Würze verleihen. Oder ist die Suche zwecklos, weil die Woken ihre Kirchenmitgliedschaften bereits abgegeben haben wie die Vorstellung von einer binären Geschlechterordnung?

Eine nicht zu vernachlässigende Perspektive in diesem Kontext ist, dass sich gerade für uns weniger repräsentierten Katholik*innen das Bekenntnis zum Katholischsein als besonders herausfordernd gestaltet. Der Konflikt zwischen Aufrechterhaltung unserer Identität und den ausgrenzenden Praktiken der kirchlichen Institution, stellt uns vor die große Herausforderung, innerhalb der katholischen Gemeinschaft überhaupt unseren Platz zu finden. Dieser Platz will dann noch vor der eigenen kritischen Selbstbetrachtung und vor den hochgezogenen Augenbrauen gerechtfertigt werden. Und meistens fühlt sich das für mich so an, als ob ich zwischen woken Vibes und Weihrauchdüften stecke und versuche, im Dunst aus emanzipatorischer Energie und Heiligkeit den Ausgang aus diesem interkulturellen Labyrinth zu finden.

Glücklicherweise haben sich bisher alle Personen, dessen hochgezogene Augenbrauen ich bestaunen durfte, schnell davon überzeugen lassen, dass mein Katholischsein kein Hindernis für eine Freundschaft oder auch einfach ein nettes Gespräch sein muss. Den Titel eines ‚positiven katholischen Einzelfalls‘ in meiner Bubble mit Stolz zu tragen? Da muss ich passen. Und apropos Christ*insein ohne christliche Gemeinschaft – wäre das nicht sowas wie Selfie ohne Filter? In meiner Bubble hingegen erlebe ich eine andere Form der Verbundenheit: ein Netz aus Solidarität und gemeinsamem Engagement für Gleichberechtigung in Kombination mit einem gemeinschaftlichen Ausbrechen aus Arbeitsstress und Verpflichtungen. In dieser Dynamik, die zwischen progressiven Kämpfen und wohldosierten hedonistischen Fluchten hin und her schwankt, wird für mich eine Art Spiritualität erfahrbar, die wie ein modernes Spiegelbild traditioneller Weisheiten wirkt. Diese Spiritualität offenbart sich mir nicht mehr nur in traditionellen Ritualen, sondern auch in unseren Kämpfen, unserer Empathie und unserem Streben nach einem gerechteren Miteinander.

Während ich zwischen woken Vibes und Weihrauchdüften jongliere, fühlt sich meine Suche nach einer interkulturellen Identität an wie eine unendliche Debatte über Gendersternchen. Bin ich jetzt Undercover-Katholikin der Woke-Revolution oder eine fromme Wokeologin? Vielleicht brauche ich einfach einen Regenbogen-Rosenkranz.


[1] „Woke“ bedeutet im Englischen so viel wie „aufgeweckt“, „wachsam“. Im öffentlichen Diskurs wird er oft verwendet, um Personen innerhalb dieses bestimmten sozialen Milieus zu kritisieren, die durch Moralismus, unreflektierte Privilegien und distanziertes Eigenlob auffallen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass ich die hier beschriebene Gruppe nicht im Sinne einer selbstbezogenen und moralisierenden Haltung als „woke“ verstehe. Vielmehr wird der Begriff ironisch als Selbstbezeichnung verwendet, die eine gewisse Haltung der Wachheit und Bewusstheit für gesellschaftliche Ungleichheit verkörpert, die sicherlich aber auch mit blinden Flecken einhergeht.

Hannah Drath ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Katholische Theologie der Universität Paderborn.

#Woke #Katholisch #Diskursmacht #Identität #Interkulturalität

Ein Dialog zwischen Gott und Engel

In einem inspirierenden Dialog in der Sure (15:28-29) teilt Gott den Engeln Seinen Plan mit. Es ist Sein Vorhaben, einen Menschen ins Leben zu rufen, ihn zu formen und ihm schließlich durch Seinen Geist Leben zu geben. Wenn ich die Worte Gottes lese: „Wenn ich ihn dann wohlgestaltet und von meinem Geist in ihn geblasen habe – dann fallt vor ihm, euch niederwerfend, nieder!“ , und darüber nachdenke, dass jeder Mensch einen Teil des göttlichen Geistes in sich trägt, wird mir bewusst, welche großartige Ehre die Menschen haben. Ein Mensch, der einen Hauch des göttlichen Geistes in sich trägt, sollte in sich selbst einen wertvollen Schatz erkennen.
In einer prophetischen Überlieferung vom Propheten Mohammed wird berichtet, dass der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurde. Dies deutet meiner Auffassung nach darauf hin, dass Gott dem Menschen bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten übertragen wollte. Diese göttliche Absicht spiegelt sich weiter in einem anderen Vers (2:30) des Korans wider, der besagt, dass der Mensch als Statthalter Gottes auf der Erde eingesetzt wurde.
Aus diesem Kontext ergibt sich die Bedeutung, dass jeder Mensch vor seinen Handlungen innehalten sollte, um zu prüfen, ob diese im Einklang mit den Eigenschaften Gottes stehen. Wenn der Mensch als Verwalter auf dieser Erde eingesetzt wurde, trägt er zweifellos eine bedeutende Verantwortung sowie eine erhabene Berufung gegenüber sich selbst und seine Umwelt.
Angesichts dieser Verantwortung sollte jeder Einzelne bestrebt sein, Charakterzüge zu kultivieren, die unsere Umwelt zum Besseren führen würden.

[1] Koranübersetzung von Hartmut Bobzin

Ahmed Elshahawy ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Paderborner Institut für Islamische Theologie an der Universität Paderborn.

#MenschlicheVerantwortung #Umweltverbessern #guteEigenschaften