Zum Beginn des Wintersemesters 2021/22 war es endlich wieder soweit: Die Lehre am Campus in Präsenz war möglich. Die Zeiten der schwarzen Zoom-Kacheln und der Breakouts statt Face-to-Face-Interaktion und Partner*innenarbeit wurden zwar nicht vollständig beendet, aber wurden zumindest wieder durch persönliche Kommunikation in Präsenzveranstaltungen ergänzt. Eines der ersten Seminare, die in der Evangelischen Theologie wieder in Präsenz stattfinden konnten, war das Blockseminar „Das Vaterunser im Religionsunterricht“ von Anne Breckner mit 15 Studierenden Anfang Oktober.
Inhaltlich erarbeiteten die Studierenden das Vaterunser als einen der zentralen Texte in der christlichen Tradition. Sie beschäftigten sich mit der Rezeption des Gebets, das aufgrund seiner Bekanntheit und Beliebtheit zu theologischen Reflexionen, geistlichen Meditationen und erzieherischen Veröffentlichungen inspiriert hat. Neben diesen gut recherchierten Quellen wurde das Vaterunser auch künstlerisch, musikalisch, literarisch und filmisch verarbeitet. Diese Transformationen des biblischen Fundaments sammelten die Studierenden in einer Vielzahl von Beispielen, deren unterschiedliche Funktionen sie erarbeiteten. Im Blockseminar wurden sowohl theologische Grundlagen zum Vaterunser als auch deren mediale Umsetzung insbesondere unter didaktischen Gesichtspunkten diskutiert und bewertet. Im Fokus stand die Frage, welche Rolle das Vaterunser im gegenwärtigen und zukünftigen Religionsunterricht einnehmen sollte. Dazu wurden aktuelle und historische religionspädagogische Diskurse zu religiöser Bildung genauso wie die Rezeptionsforschung biblischer Texte – u. a. populär-kultureller Rezeption christlicher Texte in der Gesellschaft – mitbedacht.
Coronakonforme Lehre im L-Gebäude statt in digitalen Räumen bedeutete in diesem Fall: Die Studierenden gewöhnten sich schnell an die blauen UPB-Armbänder, die als 3G-Nachweis zur Verfügung gestellt wurden. Die Lüftung erübrigte sich in dem vollklimatisierten Raum, aber das schöne Wetter erlaubte gemeinsame Teepausen. Informelle Gespräche über bisherige digitale Studienerfahrungen ebenso wie Wissensaustausch zu den Themen Mensa, Bibliotheksnutzung, Asta-Rechtsberatung etc. waren nach eineinhalb Jahren Laptop-/PC-Zeit für alle Studierenden erfrischend. Auch die Möglichkeit, kooperative Methoden wie das Kugellager, den Galeriegang, eine Podiumsdiskussion und Sprechperformances mit Masken zu erproben, stellten sich als bereichernd heraus. Stille Schreibgespräche, Feedbackelemente (z. B. Ampel-, Burger-, Karten-, Zielscheibenfeedback und Punktabfrage) und One-Minute-Paper ergänzten die Methodenvielfalt. Die Lehramtsstudierenden reflektierten nicht nur den Unterschied zwischen Tafelbildern und Online-Whiteboards, sondern auch andere Unterschiede zwischen digitalem und präsentischem Lernen und Lehren. Durch die gute Atmosphäre und den konstruktiven Austausch erlebten alle Beteiligten ein angenehmes Blockseminar.