Wie kann man den Religionsunterricht in Weißrussland als Wahlfach etablieren? Mit dieser Frage als Diskussionsgrundlage kam eine weißrussische Delegation in Begleitung von Rainer Timmer, Marco Sorg und Thomas Schlüter vom Pädagogischen Institut aus Villigst am 27.06.18 für einen halbtägigen Informationsaustausch an das Institut für Evangelische Theologie nach Paderborn.
Neben einer Einführung in die Studienstruktur in der Lehramtsausbildung in Bezug auf Evangelische Religionslehre hatten die Besucher*innen aus Minsk die Möglichkeit zwei Studierende zu befragen. Masterstudentin Judith Buse berichtete u. a. von ihren Erfahrungen im Praxissemester, Bachelorstudent Benjamin Osthaus begründete z. B. seine Wahl des Faches und erläuterte seine Motivation zum Theologiestudium. Die Berichte der Studierenden wie auch die Beiträge von Dr. Richard Janus und Anne Breckner zum Studienaufbau, zur Leistungserbringung der Studierenden und zu Standortschwerpunkten – u. a. Inklusion und interreligiöser Dialog durch das ZeKK – wurden von der Delegation interessiert aufgenommen und durch Rückfragen und eigenen Erzählungen aus der Situation in Weißrussland ergänzt. Olga Boika, eine Schulleiterin einer der Schulen in Minsk, an denen Religionsunterricht als Wahlfach möglich ist, zwei Vertreterinnen des Lehrer*innenbildungszentrums in Minsk (Prof. Dr. Tatsiana Maroz und Nina Zakhozhaya) und zwei orthodoxen Priester (Rev. Dr. Sviatoslav Rogalsky und Rev. Dr. Vladimir Bashkirov), die zugleich als Professoren an der Universität Minsk zukünftige Religionslehrkräfte ausbilden, stellten dar, wie sie z. B. durch diakonisches Lernen und außerschulische Lernorte Schüler*innen für das Fach Religion an den Schulen begeistern. Sie deuteten aber auch an, dass Vorbehalte oder Schwierigkeiten in dem postkommunistischen Land gegenüber Religion(en) bestehen.
Der Aufbau des Religionsunterrichts wurde im Austausch mit dem Pädagogischen Instituts der Evangelischen Kirche von Westfalen begonnen und wird inzwischen an 25 von ca. 240 Minsker Schulen angeboten. Das Fach ist staatlich anerkannt, findet jedoch außerhalb der regulären Stundentafel statt. Enge Zusammenarbeit besteht zwischen der weißrussisch-orthodoxen Kirche und denjenigen, die das Fach universitär und schulisch konzipierten und weiterentwickeln. Großes Interesse bestand also an Informationen über die zweifache – staatliche wie kirchliche – Lehrbefähigung für zukünftige Religionslehrer*innen in Deutschland. Auch die internationalen Kontakte des Instituts zu den Waldensern nach Rom, zur orthodox-theologischen Fakultät in Thessaloniki und zum evangelischen Institut in Sibiu wurden wahrgenommen und über die Vorteile von Studienfahrten und interkulturellem Austausch gesprochen. Der interkulturelle Austausch zwischen Paderbornern, Villigstern und Minskern wurde durch einen gemeinsamen Mensabesuch abgerundet.