Weggabelungen und Entscheidungen

Rabbi Abba Tachana mit dem Beinamen „der Fromme“, war einmal am Freitag-Nachmittag auf dem Weg nach Hause in seine Stadt. Es war schon Spätnachmittag, kurz vor Beginn von Schabbat. Abba Tachana Chasida war nicht reich, deshalb musste er während der Woche in der benachbarten Stadt arbeiten und dort den Lebensunterhalt für sich und seine Familie verdienen. Und nun, wie jeden Freitagnachmittag, trug er auf seiner Schulter das Bündel mit den Lebensmitteln für sich und seine Familie. Abba Tachana Chasida ging an diesem Freitagabend zügig seines Weges und kam an eine Weggabelung.

Zwei Wege, ein typisches Bild für eine Entscheidungssituation, also eine Situation, die eine Frage an den Menschen richtet, auf die er antworten muss. Im Falle von Abba Tachana Chasida lag an dieser Weggabelung ein Mann, der dort hingefallen war, Schmerzen hatte und zu schwach war, um weiterzugehen. Der Kranke und Schwache sah Abba Tachana Chasida und flehte ihn an: „Rabbi, schaffe mir Gerechtigkeit (Zedaka), erweise mir Wohltätigkeit und trage mich in die Stadt!“

Abba Tachana Chasida dachte: „Wenn ich das Bündel mit den Lebensmitteln jetzt absetze und ihn hineintrage, wovon werden ich und meine Familie dann leben? Aber wenn ich den Kranken und Schwachen hier liegen lasse, dann verwirke ich mein Leben, das wäre eine große Sünde.“ Was tat er? Er ließ den guten Trieb über den bösen Trieb herrschen, legte sein Lebensmittelbündel nieder, hob den schwachen Mann auf seine Schultern und trug ihn in die Stadt. Dann ging er wieder zurück und nahm sein Lebensmittelbündel und betrat damit die Stadt in der Dämmerung nach Schabbatbeginn, aber am Schabbat aber darf man keine Lasten in eine Stadt hineintragen. Die Leute in der Stadt waren hoch erstaunt: „Ist das nicht Abba Tachana der „Fromme“?“ Auch Abba Tachana Chasida selbst überkamen Zweifel: Er grübelte in seinem Herzen: „Habe ich nun Schabbat entweiht?“ In diesem Moment – so erzählt der Midrasch – ließ der Heilige, gepriesen sei er, die Sonne just wieder aufgehen, so dass die Dämmerung erschien, als wäre bloß eine Wolke vor der Sonne gewesen, denn es heißt in der Bibel: „Die Sonne der Gerechtigkeit (Zedaka) leuchtet über denen, die mich ehren“ (Mal 3,20). Aber in jenem Moment grübelte der Rabbi weiter: Vielleicht erhalte ich keinen Lohn bei Gott für die gute Tat? Da ertönte eine Stimme aus dem Himmel, die sagte (Koh 9,7): „Geh, iss dein Brot mit Freude, trinke guten Gewissens deinen Wein, denn längst schon hat Gott deine Tat gesehen und deinen Lohn bereitgestellt“ (nach Midrasch Kohelet Rabba 9,7).

Rabbiner Leo Baeck sagte: „Es ist das Besondere und Schöpferische des jüdischen Optimismus, dass jeder Glaube hier als Verantwortlichkeit begriffen wird… Und so bezeichnet dieser auf den Menschen gerichtete Glaube auch eine dreifache Verantwortlichkeit … Es ist die Verantwortlichkeit, die der einzelne gegenüber sich selbst vor seinem Gott empfinden soll … Es ist die Verantwortlichkeit vor Gott gegen den Nebenmenschen … Es ist endlich die Verantwortlichkeit vor Gott gegenüber der Menschheit“[1], d.h. im Judentum dreht sich letztlich alles darum, verantwortlich zu leben. Rabbi Abba Tachana Chasida handelte unbestritten verantwortlich – dem Schwachen gegenüber und sich selbst gegenüber und seiner Familie gegenüber. In der Geschichte fehlt der Aspekt der Umwelt und der Gesellschaft, aber eine Geschichte kann nicht alles abdecken. Man könnte diese Geschichte auch anders erzählen und eine Not der Leute in der Stadt oder eines Tieres anstelle des Hingefallenen wählen. Der Aspekt, dass im Midrasch Gottes Stimme ertönt, zeigt, dass menschliches Leben im Dialog, als Frage und Antwort geschieht, wobei Gott sich in dieser Geschichte als ebenso verantwortlich zeigt – Gott rettet die Ehre von Rabbi Abba Tachana Chasida – wie der Mensch sich für sich und seine Mitmenschen verantwortlich gezeigt hat. Auch Gott wird in der jüdischen Tradition als „verantwortlich“ verstanden, er muss sich unseren Fragen und Klagen stellen.

In der jüdischen Tradition wird der Mensch von Anfang an definiert als jemand, der mindestens zwei Möglichkeiten hat und sich später für seine Wahl verantworten muss. In Genesis 3,9 fragt Gott Adam, nachdem er das Speisegebot übertreten hatte: ‚ajekah „Wo bist du?“ Dies ist der Tora zufolge das erste Mal in der Geschichte, dass der Mensch sich für eine Tat verantworten muss und damit eine für die ganze Menschheit symbolische Situation. Der Mensch wird gefragt: ‚ajekah „Wo bist du?“ So wie die Menschen umgekehrt manchmal Gott fragen: Wo bist du? Raschi erklärt: Gott wusste natürlich, wo der Mensch steckte, aber er wollte gern mit ihm ein Gespräch beginnen, damit das Urteil den Menschen dann nicht plötzlich überraschen würde.“[2] Etwas genauer brachte es Midrasch Tanchuma auf den Punkt: „Wusste Gott nicht, wo Adam war? Er fragt ihn, um ihm die Möglichkeit zur Umkehr zu geben“.[3] Leben im Dialog mit Gott – anders gesagt, religiöses Leben – bedeutet aus jüdischer Sicht also, auf Fragen über die eigenen Entscheidungen Antworten geben zu können – sich zu verantworten – aber gerade dieses Sich-Verantworten bedeutet auch, die Chance bekommen, sein Handeln zu verändern. Nach der Antwort kann nämlich die Richtung des eingeschlagenen Weges immer noch verändert werden.

Die meisten Midraschim deuten die Stelle aber völlig anders.[4] Das hebräische Wort ‚ajekah – „Wo bist du?“, also die Konsonanten Alef, jod, kaf/chaf, he, ergeben mit anderen Vokalen ‚echa „ach!“ im klagenden Sinne von: Oh weh! Mit diesem Wort beginnt das biblische Buch der Klagelieder (hebr. ‚Echah), das an Tischa be Aw, dem Tag der Erinnerung an Zerstörungen von Heiligtümern (des ersten und zweiten Tempels in Jerusalem und zahlreicher jüdischen Gemeinden seit dem Mittelalter) gelesen wird. Liest man den Text so, ergibt sich ein ganz anderer Sinn: Da rief Gott Adam und sagte in Bezug auf ihn: „Echa“ – „Oh weh!“ Gott sieht den Menschen, der sein Gebot übertrat, und Gott komponiert ein Klagelied. Damit aber wird dem Menschen die volle Freiheit gegeben, wie er nun reagiert: Wird er antworten? Wird er Gottes Klage ignorieren? Wird er mit Gott zusammen über sich klagen? Wird er dagegen protestieren?

Ich mag diese Deutung des Midrasch, auch wenn sie nicht der Mainstream der jüdischen Religionsphilosophie ist. „Gottes Frage an ihn [den Menschen] bleibt.“ schrieb zum Beispiel Martin Buber „Und antworten soll er, der Einzelne, mit seinem Tun und Lassen antworten, die Stunde, die Weltstunde, die Allerweltsstunde als die ihm gewordene, ihm anvertraute annehmen und verantworten. … Antworten sollst du – Ihm.“[5] Doch der Midrasch, demzufolge Gott über die Menschheit klagt, führt die Menschen in die Freiheit hinein und sogar in die Freiheit der Wahl selbst, ob er antworten will oder nicht und auf was und was nicht.


[1] Leo Baeck, Das Wesen des Judentums, 6. Aufl. Wiesbaden 1995 (= Nachdruck Darmstadt 1965), 91f.

[2] Raschi zur Stelle, zitiert nach Raschis Pentateuchkommentar, vollständig ins Deutsche übertragen und mit einer Einleitung versehen von Rabbiner Dr. Selig Bamberger, 4. Aufl. Basel 1994, 11.

[3] Midrasch Tanchuma Tasria 1,9.

[4] Midrasch Bereschit Rabba 19,9; vgl. Pesikta de Raw Kahana 15,1, und andere.

[5] Martin Buber, Das dialogische Prinzip, Darmstadt 1962, 241.

Mitgemeint, doch nicht mitgedacht?

(Un-)Sichtbarkeit und (Nicht-)Beteiligung durch Sprache

Vor kurzem war ich zu einer Tagung eingeladen, bei der das Thema „Partizipation und Leitung in der frühen Kirche“ diskutiert wurde. Dabei ging es unter anderem auch darum, die Teilhabe von Frauen an frühchristlichen Leitungsfunktionen aufzuzeigen. Diese in den Quellen eindeutig zu belegen, ist oft gar nicht einfach, da männliche Sprachformen – als generisches Maskulinum – den Blick auf mitgemeinte Frauen verstellen. Damit werden aber auf Männer zentrierte Textwelten entworfen, die wiederum in der Rezeption die Exklusion von Frauen argumentativ untermauern. Grammatikalisch männliche Formen haben nicht Wirklichkeit abgebildet, sondern geschaffen und in der realen Praxis jahrtausendelang zum Ausschluss von Frauen geführt (und tun dies teilweise noch immer).

Es ist das Verdienst kritischer exegetischer Rekonstruktionsarbeit, die in den Texten durchaus belegte inklusive Wirklichkeit aus dieser Unsichtbarkeit zu holen. Beispielsweise ergibt sich in der neutestamentlichen Briefliteratur aus beiläufigen Grüßen des Paulus an Mitarbeiterinnen ein partizipatives Bild von Diakoninnen, Gemeindeleiterinnen und Apostelinnen. Dabei verbirgt sich aber die leitende Funktion von Phoebe etwa als „Diakonin“ (bezeichnet mit der männlichen Singularform diakonos in Röm 16,1) häufig hinter einer unspezifischen Übersetzung als „Dienerin“ oder verbalen Umschreibungen. Bei Junia, die in Röm 16,7 als „ausgezeichnet unter den Aposteln (und Apostelinnen)“ bezeichnet wird, musste die jahrhundertelange Geschlechtsumwandlung zu einem Junias erst wieder rückgängig gemacht werden. Hier haben aus männerzentrierten Textwelten generierte Vorstellungen und Denkmuster sogar zu korrigierenden Texteingriffen geführt: eine Frau als Apostel*in? Das kann nicht sein – das Apostelamt ist Männern vorbehalten. Doch offenbar war es das nicht.

In den gängigen Übersetzungen der entsprechenden Pluralformen von Leitungsbezeichnungen werden Frauen jedoch auch heute weithin nicht sichtbar. Auch in Vorträgen und Publikationen, die das generische Maskulinum verwenden, wird, auch wenn Frauen mitgemeint, aber nicht genannt sind, deren Teilhabe verdunkelt. Dies ist aber nicht harmlos im Sinne von harmless, keinen Schaden verursachend: Denn indem Sprache Realitäten schafft, hat diese Unsichtbarmachung nach wie vor reale Konsequenzen. Angestoßen durch das Engagement von Frauen- und Geschlechterforschung ist es gelungen, mit Kreativität inklusive, geschlechtersensible Sprachformen zu entwickeln, welche Menschen einbeziehen und nicht diskriminierend ausgrenzen. Nicht nur in der Geschichte, sondern auch in der Gegenwart geht es um die Frage von (Un-)Sichtbarkeit und (Nicht-)Beteiligung. Doch es ist ein fragiler Erfolg, wie aktuelle amtliche „Genderverbote“ zeigen.[1] Diese müssen sich wie Exklusionsstrategien der Geschichte auf damit verfolgte Machtpolitiken befragen lassen. Die geforderte Klarheit ist mit dem generischen Maskulinum nicht gegeben. Sprachverbote gerade an Bildungsinstitutionen behindern den Auftrag zur Vermittlung von Menschenrechtsbildung und kritischem Denken und verstoßen grundsätzlich gegen die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre.


[1] Mehrere Bundesländer wie Bayern oder Hessen haben in den letzten Monaten Verbote zum Gebrauch geschlechtergerechter Sprache an Schulen, Hochschulen und in öffentlich-rechtlichen Medien verordnet bzw. angekündigt.

Auf der Suche nach Frieden

Was heißt Frieden? Wie und wo wird er in den Traditionen gesucht, wie und wo wird er (nicht) gefunden? Darf auf Frieden gehofft werden? Kann gemeinsam für den Frieden gebetet werden? Wie kann er als fragiles Gut erhalten werden in einer Zeit voller globaler und gesellschaftlicher Konflikte? Inwiefern und in welchem Rahmen kann Universität, Forschung und Dialog dazu beitragen? Wie können konstruktive religiös-politische Anstöße in Zeiten dieser Konflikte entfaltet werden? Sind Humanisierungs- und Pazifizierungsstrategien möglich und findbar? Wo und wann trifft der Dialog der Theologien auf seine Grenzen?

Diese und andere Fragen umgarnen auch unser Verbundprojekt, welches das Ziel hat, Komparative Theologie an der Universität mit den gesellschaftlichen Akteuren und Orten, die das Sichzueinanderverhalten der religiösen Traditionen betreffen, miteinander ins Gespräch zu bringen, Impulse zu setzen und mögliche Orientierungspunkte zu markieren. Da Komparative Theologie das Ziel hat, in Bezug auf bestimmte Fragestellungen vom jeweils Anderen zu lernen, braucht es dafür nicht nur geeignete Orte, Formate und Begegnungen, um Wege für Antworten zu suchen. Es braucht auch Akteure, die sich auf diese Versuche einlassen, sie gestalten und Einblicke in die jeweils eigene Tradition zulassen, sich berühren lassen vom jeweils Anderen und zugleich kritisch mit der eigenen und den anderen Traditionen umgehen können.

In den Formaten des ZeKK in diesem Jahr, die sich an das Thema des Friedens annähern, ist das bisher auf unterschiedlichen Wegen versucht worden. In einer gemeinsamen Podiumsdiskussion unter dem Titel „Der rechte Ring war nicht erweislich … – Lessings Ringparabel im Spiegel der Religionen“ veranstalteten das Theater Paderborn und das ZeKK im Februar anlässlich der Aufführung von „Nathan der Weise“ ein gemeinsames Podiumsgespräch zu der Frage, ob Lessings Toleranzgedanke in der Ringparabel uns heute noch etwas zu sagen hat oder ob der Idealismus der Aufklärung vor den Gräueltaten des 20. und 21. Jahrhunderts kapitulieren muss. Das ganze Gespräch ist auf dem Forum für Komparative Theologie abrufbar.

Letzte Woche hat ein multireligiöses Friedensgebet mit Beiträgen aus Judentum, Christentum und Islam stattgefunden, welches von Musik gerahmt worden ist. Während alle Beiträge der Traditionen nebeneinander für sich gestanden haben, wurde trotzdem für einen gemeinsamen, unteilbaren Wunsch nach Frieden zusammengefunden. Gemeinsam auf den Weg gemacht haben sich dafür die Teams aus Bonn und Paderborn, die am Verbundprojekt mitwirken und hier einen Einblick gewähren.

Ebenfalls in der letzten Woche hat auch der Auftakt der Paderborner Friedensgespräche stattgefunden. In dieser Reihe geben Referent*innen je aus islamischer, jüdischer und christlicher Perspektive Impulse zu der Frage nach dem Frieden in der je eigenen Tradition und kommen danach mit Respondees aus den anderen Traditionen und dem Publikum ins Gespräch darüber, was sie beschäftigt, irritiert, berührt, vor Fragen stellt oder bei ihnen Resonanzen schafft. Den Beginn gestaltete der Islam- und Politikwissenschaftler Dr. Sameer Murtaza von der Stiftung Weltethos im AStA Gewölbekeller, der mit Dr. Domenik Ackermann und Yael Attia ins Gespräch gegangen ist. Auch der Vortrag wird zeitnah zur Verfügung gestellt (Foto s. unten).

Am 19. Juni gehen die Friedensvorträge mit einem Vortrag von Rabbinerin Elisa Klapheck unter dem Titel „Ein wichtiges Stück Europa: Politische Theologie aus dem Judentum“ im Historischen Rathaus Paderborn weiter. Wer vorbeischauen möchte, kann sich noch bis zum 10. Juni anmelden, um im Anschluss bei einem gemeinsamen Empfang in den Austausch mit allen Gästen und Beteiligten zu gehen.

Differenzsensibilität erleben – MenschensBilder hinterfragen

Am 25. und 26. April 2024 fand in Siegburg das 1. Forum differenzsensible Religionspädagogik unter dem Motto MenschensBilder statt. Dieses Forum steht gewissermaßen in der Tradition des Forums für Heil- und Religionspädagogik, das von 2000 bis 2020 alle zwei Jahre stattgefunden hat. Und doch ist es ganz anders gewesen als die Jahre zuvor. Dem diesjährigen Forum ging ein partizipativer und kreativer Gestaltungsprozess voraus, in dem kleine Knetfiguren die ersten MenschensBilder des Forums waren.[1]

Auf die Frage „Und, wie fandest du das Forum?“ kam im Anschluss an die Veranstaltung meistens die Antwort „Es war so ganz anders als bei anderen Tagungen.“ Die Differenz zum bekannten Tagungsformat mit zahlreichen Vorträgen und kurzen Kaffeepausen war beabsichtigt und spiegelte sich auch im Programm wider, in dem es offene Phasen gab, in denen verschiedene Angebote wahrgenommen und Pausen individuell gestaltet werden konnten. Für mich war das einer der auffälligsten konzeptionellen Aspekte von Differenzsensibilität, die dadurch nicht nur als Forumsinhalt zur Geltung kam. Denn Menschen sind unterschiedlich lang aufnahmefähig und benötigen in unterschiedlichen Rhythmen Unterbrechungen und Erholungsphasen.

Inhaltlich wurde Differenzsensibilität in der Reflexion des eigenen Umgangs mit MenschensBildern erfahrbar. Wie sehe ich Menschen? Wie gehe ich auf sie zu? Welche Unterschiede sehe und mache ich in meinem beruflichen Alltag? Wie bewerte ich Differenzen? In dem Dreischritt Rekonstruktion, Dekonstruktion und Konstruktion fand die Auseinandersetzung mit diesen Fragen auf methodisch vielfältige Weise statt. Von der Gurkentruppe über das Kasperletheater bis zur praxistheoretischen Analyse von Unterrichtsvideos war fast alles dabei. Theaterpädagogisch begleitet wurden die drei Phasen auch performativ durchlebt. Dadurch wurde ein Neujustieren von MenschensBildern möglich. Welche Unterschiede sind wann wie wichtig? Und welche eher nicht? Und am Ende wurde deutlich: Es muss nicht immer Entweder-Oder sein. Differenzsensibilität heißt oftmals auch, Ambivalenzen auszuhalten – und das ganz besonders in (religions-)pädagogischen Kontexten.

Eine Besonderheit des 1. Forums differenzsensible Religionspädagogik wurde gleich zu Beginn erkennbar: Das Format der Veranstaltung führte dazu, dass Differenzen, die im Arbeitskontext häufig sehr hoch gewichtet werden, vor Ort ausgehebelt wurden. Durch die Struktur und den Ablauf wurde unwichtig, welche berufliche Position die Teilnehmenden jeweils besetzen. So kam es in mehreren Situationen zu Überraschungsmomenten, wenn sich jemand als Lehrer*in, Gemeindepädagog*in oder Professor*in geoutet hat. Die von Irritation geprägte Frage „Wie, du bist …??? Das hätte ich ja gar nicht vermutet!“ wurde dadurch mehrfach zum Ausdruck des Hinterfragens eigener MenschensBilder.

Zusammengefasst habe ich das Forum unter dem Motto MenschensBilder als Veranstaltung wahrgenommen, in der Form und Inhalt harmonieren und kreative Prozesse anstoßen. Weitere Informationen zum Forum differenzsensible Religionspädagogik sind hier zu finden.

#differenz #forum #religionspädagogik


[1] An der Planung waren mehrere Personen aus unterschiedlichen Institutionen beteiligt, die Universität Paderborn war durch Prof. Dr. Dr. Oliver Reis (Institut für Katholische Theologie) und Anna Neumann (Institut für Evangelische Theologie) vertreten.