,,Hemdless“: Ein Modelabel, das sich der Vielfalt anpasst

Eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung wird in ein Fotostudio verwandelt. Wo gibt es denn sowas? Die Antwort lautet: Im Betreuungszentrum Steinhöring. Die Atmosphäre gleicht Szenen aus einer Model-Sendung: ,,Stell dich einfach ganz entspannt hin“, sagt der Fotograf zu Veronica Rehm, als er den Auslöser seiner Kamera drückt. Veronica Rehm lächelt zunächst schüchtern, bevor sie plötzlich die Arme in die Luft streckt und ihre Augen bei dem Lied ,,Girls just wanna have fun“ von Cindy Lauper beginnen zu strahlen.

Veronica Rehm hat Trisomie 21, was auch bekannt ist als Down-Syndrom. Sie ist eine von fünf Foto-Modellen, die für das Modelabel ,,Hemdless“ fotografiert werden. Doch was genau ist ,,Hemdless“ und wofür steht das Label überhaupt? Die beiden Designer Lisa Polk (23) und Christian Schinnerl (29) kennen sich schon seit der Meisterschule für Mode in München und fuhren gemeinsam zu einer Modenschau in Antwerpen, wo auch die Idee für das Projekt entstand. Schinnerl erzählte von seinem Onkel, welcher Trisomie 21 und Schwierigkeiten beim Finden von passender und schöner Kleidung hat. Da einige Menschen mit Down-Syndrom dieses Problem haben, verwandelten Schinnerl und Polk dieses Problem in eine Aufgabe (https://www.modeopfer110.de/mode-styling/mode-news/modenewsdetail/article/hemdless-hemden-fuer-menschen-mit-trisomie-21.html).

Sarah Kimberly Schreckenberg (Von Studierenden für Studierende)

Kleidung mit Stil und Komfort

In der Modewelt ist für eine Abweichung der Norm nur wenig Platz und erst recht das Thema Kleidung für Menschen mit Behinderung eine Nische. Menschen mit Down-Syndrom haben einen leicht anderen Körperbau, da der Hals meistens kürzer und breiter ist und auch die Arme sind verkürzt. Häufig muss die normale Kleidung von der Stange oft umgeschneidert werden, was zum einen umständlich und zum anderen teuer ist. Zwar gib es unter dem Label Kleidung für Menschen mit Behinderung bereits Outfitts, jedoch sind diese in erster Linie praktisch orientiert (z.B. weiter Schnitt, Gummizug, leicht waschbar). Da der modische Aspekt hier häufig zu kurz kommt, haben es Polk und Schinnerl mit ihrem Label ‚Hemdless‘ geschafft, Kleidung zu designen, die Stil und Komfort vereint. Auch die Mode ist ein Aspekt der Teilhabe, und zwar der gesellschaftlichen, wo Menschen mit Trisomie 21 nicht ausgeschlossen werden wollen.

Bereits fünf Hemden haben Polk und Schinnerl 2013 im Eigenbetrieb und auf eigene Kosten designed. Die Besonderheit der Hemden liegt in einem weiteren Kragen und Rumpf und kürzeren Ärmeln. Zudem sind die Knöpfe größer und leicht schräg angebracht, um diese leichter zu schließen, da die Feinmotorik der Menschen mit Trisomie 21 häufig nicht gut ausgeprägt ist. Die Designer*innen suchen noch immer Investoren, welche das langfristige Projekt ,,Hemdless“ finanziell unterstützt, sodass mehrere Hemden entworfen werden können.

Die Mode muss sich der Vielfalt anpassen

Auf den Vorwurf, dass durch eine serienmäßige Produktion der ,,Hemdless“ Kleidung eine Art „Uniform“ entstehen könnte, was zur Ausgrenzung führen könnte, reagierte Polk (2013) direkt, mit den Worten: „Erst einmal ist es wichtig, dass jeder Kleidung findet, die ihm passt. Ich sehe keinen großen Unterschied zwischen Mode in Kurz- oder Übergrößen und Mode für Menschen mit Trisomie 21. Die Mode muss sich der Vielfalt anpassen, nicht umgekehrt“ (https://www.faz.net/aktuell/stil/mode-design/trisomie-21-mode-masse-und-das-6-hemd-12584469.html?printPagedArticle=true#pageIndex_3).

Durch den Entwurf des ,,6. Hemdes“ soll in Zukunft ein inklusives Design entstehen, welches eine Brücke zwischen Menschen mit und ohne Down-Syndrom schafft. Ein Prototyp existiert bereits, welcher unter anderem eine verstellbare Ärmel- und Rumpflänge und Kragenweite besitzt.

Der Name ,,Hemdless“ (deutsch: hemdlos) soll ein Zeichen dafür sein, dass es einen Mangel an Kleidung für Menschen mit Trisomie 21 gibt, welcher sich in den nächsten Jahren durch das inklusive und soziale Projekt aufheben soll. Doch auch die 25-jährige Isabella Springmühl, welche selbst mit Trisomie 21 lebt, entwirft eigene Kleidungsstücke (https://www.bildderfrau.de/mode-schoenheit/article208671755/Designerin-trotz-Down-Syndrom-Isabella-Springmuehl-macht-es-vor.html). Auf der Londoner Fashion Week durfte sie die farbenfrohen und modern geschnittenen Kleider präsentieren. Auf ihrem Instagram Account (@downtoxjabelle_) können die bunten Kollektionen, welche sie in Guatemala entworfen hat, angesehen werden.

Fazit: Durch diese Aktion belehren sowohl das Designer*innenteam aus München als auch Isabella Springmühl die oberflächliche Branche eines Besseren und tragen zur Inklusion und Vielfalt in der Modeindustrie bei!