Distanzunterricht – gleiche Bedingungen für alle?

Seit dem ersten Lockdown aufgrund Covid-19 im März 2020 fand der Unterricht immer wieder online statt.

Das schnelle Aufkommen der Kontaktbeschränkungen und die plötzliche Schließung der Schulen stellten Lehrkräfte, Schüler*innen und ihre Familien vor eine gewaltige Herausforderung. Schnellstmögliches mussten alle Beteiligten auf die digitale Lehre umsteigen.

Doch konnte diese Wendung auch von allen Beteiligten umgesetzt werden? Wie stellte sich die Situation dar? Und sind wir gerüstet vor einem evtl. anstehenden erneuten Lockdown?

Emma Theresa Oberthür (Von Studierenden für Studierende)  

Die Umsetzung des Distanzunterrichts im Zuge der ersten Lockdowns zeigte vermehrte Schwierigkeiten. Besonders die Schüler:innen, die aus sozial benachteiligten Familien stammen, waren von den Herausforderungen des Distanzunterrichts betroffen.

Auf der einen Seite verfügten die Familien über unterschiedliche Zugänge zu den digitalen Medien. Fehlende Geräte oder eine eingeschränkte Internetverbindung schloss die Schüler:innen von den Lernangeboten aus. Mangelnde Ruhe und Freiräume in den Familien der Schüler:innen hinderten diese daran, effektiv zu lernen.

Als Folge wiesen Schüler:innen aus bildungsferneren Verhältnissen vermehrte Rückschritte im Kompetenzerwerb auf. Unter anderem wurde dies durch die mangelnde elterliche Unterstützung erklärt, welche sich beispielsweise durch die Hilfestellungen beim häuslichen Lernen auszeichnet (vgl. https://www.pedocs.de/volltexte/2020/19333/pdf/DDS_2020_2_van_Ackeren_Endberg_Locker-Gruetjen_Chancenausgleich_in_der_Corona-Krise.pdf).   

Neben den Herausforderungen im Lernprozess stellten sich weitere Probleme in den Familien der Schüler:innen heraus. Ein Großteil der Familien fühlte sich allein gelassen und überfordert. Sämtliche Unterstützungen und Hilfen, die aufgrund der Kontaktbeschränkungen entfielen, mussten von den Familien aufgefangen werden. Besonders stark waren diejenigen Familien betroffen, deren Kinder auf eine sonderpädagogische Förderung angewiesen sind. Zum Teil wurden die betroffenen Schüler:innen aufgrund der Zugehörigkeit zu Risikogruppen noch stärker geschützt und isoliert. Auch ihre zusätzlichen Therapie- und Pflegeunterstützungen entfielen zum Großteil und traten in die Verantwortung der Eltern. Die enge Zusammenarbeit und Unterstützung seitens der Lehrer*innen und Pädagog*innen ist aber besonders für die Schüler*innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf von Bedeutung. Doch der Distanzunterricht schaffte es nicht, diesen Umfang der Förderung aufzufangen (vgl. https://www.news4teachers.de/2020/05/inklusion-liegt-in-der-coronakrise-brach-schuloeffnungen-aendern-daran-praktisch-nichts/).

Die Arbeit und der Umgang mit den digitalen Medien stellte für einige Schüler*innen eine große Bürde dar. „Ca. ein Drittel der Schüler*innen verfügte nur über sehr rudimentäre Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien“ (https://www.pedocs.de/volltexte/2020/19333/pdf/DDS_2020_2_van_Ackeren_Endberg_Locker-Gruetjen_Chancenausgleich_in_der_Corona-Krise.pdf).  Zu diesem Ergebnis kam die ‚International Computer and International Literacy Study‘ bei der Erhebung der digitalen Kompetenzen von Achtklässler*innen. Die plötzliche Wendung zu der digitalen Lehre verhinderte zudem die Möglichkeit, die Medien adressatengerecht und lernförderlich auszuwählen beziehungsweise zu erproben. Gleiches gilt für die Lehrkräfte, die diesem Medienumgang und -einsatz zum Großteil ebenfalls nicht gewachsen waren (vgl. https://www.pedocs.de/volltexte/2020/19333/pdf/DDS_2020_2_van_Ackeren_Endberg_Locker-Gruetjen_Chancenausgleich_in_der_Corona-Krise.pdf).   

Und aktuell? Mit der vierten Welle stellt sich auch zunehmend die Frage weiterer Lockdowns. Wer wird von diesen betroffen sein? Hat sich der Distanzunterricht so weiterentwickelt, um nun alle Schüler*innen bestmöglich und individuell lehren und fördern zu können?

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