Corona-Gap – Wie die soziale Herkunft und die fehlende Digitalisierung in Zeiten einer Pandemie den Bildungserfolg bestimmt

Seit bereits über einem Jahr leben wir in einer weltweiten Pandemie. Auf Grund der schnellen Ausbreitung und den hohen Infektionszahlen mussten über einen langen Zeitraum die Kontakte minimiert werden, was auch bedeutet, dass die Schulen schließen mussten und die Schüler*innen ausschließlich im Distanz- oder Wechselunterricht unterrichtet werden konnten. Doch welche Auswirkungen hat es, wenn neben den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schüler*innen nun auch die Eltern und die digitale Ausstattung eine zunehmend wichtigere Rolle im Lernprozess ihrer Kinder haben?

Maya Hanisch (Von Studierenden für Studierende)

Der Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem Bildungserfolg war in Deutschland bereits vor der Pandemie deutlich größer als in anderen Ländern. Laut einer Kurzstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft zum INSM-Bildungsmonitor 2021 weisen PISA-Erhebungen zwar einen Abbau der Korrelation über die Jahre auf, jedoch scheinen diese Erfolge unter den veränderten Bedingungen der Pandemie hinfällig und zeigen erneut eine negative Entwicklung auf (vgl. https://www.insm.de/fileadmin/insm-dms/text/bildung/Kurzstudie_INSM_Bildungsmonitor.pdf).  

Um Ursachen für diese neue Tendenz zu finden, soll zunächst auf die Lernsituation im Distanz- und Wechselunterricht und deren beeinflussende Faktoren im Vergleich zum bekannten Präsenzunterricht eingegangen werden: Eine tragende Rolle im Distanzunterricht spielen wohl unumstritten die digitalen Medien. Hier lag Deutschland in Bezug auf die Nutzung digitaler Medien im Unterricht bereits vor der Pandemie weit unter dem Durchschnitt. Bei Berechnungen der bereits genannten Kurzstudie, welche auf der Grundlage der PISA-Erhebungen 2018 erfolgten, gaben über 50% der Schüler*innen an, nie digitale Medien in einer typischen Schulwoche im Unterricht zu benutzen, bei gerade mal 7,6% betrug die Dauer der Nutzung in einer typischen Schulwoche mehr als 60 Minuten pro Woche. Bei geringer Nutzung kann eine entsprechende Medienkompetenz, welche für den Distanzunterricht von Nöten ist natürlich nicht ausreichend ausgebildet werden.

Neben diesem ungünstigen Faktor kommt hinzu, dass deutschlandweit die Schulen ihren Schüler*innen nicht die digitalen Medien für den Fernunterricht zur Verfügung stellen können. Nach einer Befragung der Lehrkräfte im Dezember 2020 konnten 9% der gesamten Schulen (fast) allen Schüler*innen einen Laptop oder ein Tablet zur Verfügung stellen (vgl. https://deutsches-schulportal.de/unterricht/lehrer-umfrage-deutsches-schulbarometer-spezial-corona-krise-folgebefragung/). Die Konsequenz der mangelnden digitalen Ausstattung der Schulen ist, dass die Schüler*innen auf die digitale Ausstattung in ihren Familien angewiesen sind. Doch was bedeutet dies für die einzelnen Schüler*innen? 

Der WDR hat in einer Doku (https://youtu.be/VaUhA5AKqyE) die derzeitige Situation an der Gesamtschule Bockmühle in Essen abgebildet. Lisa Bartoleit ist eine Lehrerin an dieser Schule und gewährt einen kurzen Einblick: Nur 5 von 25 ihrer Schüler*innen besitzen einen Computer und Drucker, weshalb sie sich mit ihren Schüler*innen inoffiziell trifft, um ihnen ausgedruckte Materialien mitzugeben und bearbeitete Materialien einzusammeln. Ein Bild zeichnet sich ab: Schüler*innen, die zwar erscheinen, jedoch die Materialien größtenteils nicht bearbeitet haben und erst beim Treffen über ihre Probleme und Schwierigkeiten reden. Hierbei beeinflusst die soziale Herkunft viele Probleme, wie durch Sorgen verursachte Alpträume, komplizierte Wohnsituationen, störende Geschwister und Eltern, die den Kindern nicht helfen können. Die Folgen: Schüler*innen, die um die Versetzung bangen, ihren Abschluss wahrscheinlich nicht schaffen und keine Perspektiven in ihrer Zukunft sehen. 

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