„Und was machst du so in deiner Freizeit?“ „Ich passe auf meine Freundin auf!“
Die Aussage klingt zunächst lustig oder vielleicht auch banal, da sie unerwartet kommt. Für viele ist es Alltag, mit seiner Freundin oder seinem Freund Zeit zu verbringen und schöne Dinge zu erleben, sodass beide Seiten in einer gesunden Partnerschaft Vertrauen aufbauen, aber auch wissen, dass gewisse Freiräume wichtig sind. Dazu zählt, sich mit Freund*innen zu treffen oder auch mal etwas alleine zu machen.
Doch was passiert, wenn die Distanz bei der Partnerin oder beim Partner Angst auslöst und das Gefühl erweckt wird, dass ihm oder ihr etwas Schlimmes zustoßen könnte? Vielleicht schreibe ich ihm oder ihr einfach mal eine Nachricht? Oder sollte ich ihr/ihm folgen und einmal schauen, dass alles in Ordnung ist? Ist das schon Kontrolle oder wo ist die Grenze?
Janine Klug (Von Studierenden für Studierende)
You – Du wirst mich lieben
Ziehen wir einmal das Beispiel von einem bekannten Psychothriller auf Netflix heran. In der US-amerikanischen Fernsehserie „You – Du wirst mich lieben“, geht es um einen netten und zuvorkommenden jungen Mann, der starke Absichten hat eine Frau zu kontrollieren. Dies geht sogar so weit, dass man eher von Obsessionstendenzen spricht (vgl. https://www.netflix.com/de/title/80211991). Sein Name ist Joe Goldberg, er „[…] arbeitet als Verkäufer in einer Buchhandlung“ (https://you.fandom.com/de/wiki/YOU). An einem Tag sieht er das erste Mal die junge Blondine Guinevere Beck und verliebt sich direkt in sie. Er versucht jegliche Informationen über sie herauszufinden, was schließlich zur Verfolgung führt. Doch als sei das nicht genug, verschafft sich Joe einen Zugang zu Guineveres Wohnung und klaut ihr Handy, um ihre Kontakte zu kontrollieren und ein Treffen mit ihm einzurichten. In seinem Kontrollzwang ignoriert er Grenzen.
Nach ICD-10 kann das Verhalten von Joe unter F42: Zwangsstörung eigeordnet werden. Durch die Ungewissheit, wie es der Partnerin oder dem Partner gerade geht, streben sie danach Kontrolle über die Person zu haben (vgl. https://www.icd-code.de/icd/code/F42.-.html).
Angst vor der Unsicherheit in einer Partnerschaft
Natürlich wird dies in der Serie in extremer Form veranschaulicht, doch krankhafte Eifersucht und der Drang, jemanden die ganze Zeit beobachten zu müssen, zeigt eine zwanghafte Verhaltensstörung. Die Angst davor „[…] Dinge ungeprüft hinzunehmen […]“ und sich stattdessen einem „[…] Sicherungsbedürfnis […]“ zu widmen, ist das Ergebnis einer Obsession (Riemann, Fritz (2013): Grundformen der Angst. München: Ernst Reinhardt, 41. Aufl. & vgl. https://hypnosis-praxis.de/2016/08/obsessive-liebe-aus-angst/).
Das obsessive Verhalten lässt sich bei ca. 1% -2% der Bevölkerung erkennen und schnürt der Partnerin/dem Partner „[…] wortwörtlich die Luft zu Atmen [ab] und erreich[t] genau das Gegenteil von dem, was ursprünglich angestrebt wurde – eine intakte Beziehung“ (https://hypnosis-praxis.de/2016/08/obsessive-liebe-aus-angst/).
Ursprung in der Kindheit
Menschen mit obsessiven Verhaltenszügen erleben meist in der Kindheit einen eher autoritären also unterdrückenden Erziehungsstil und neigen daher später dazu, Trennungsängsten und Abhängigkeitskonflikten mit entsprechend ausgeprägten Sicherungs- und Kontrollbedürfnissen zu unterliegen (vgl. https://www.dgppn.de/_Resources/Persistent/29d7ea6c2c635d3626ddaf70eabf31386b9bbda8/S3-Leitlinie%20Zwangsst%C3%B6rungen%20Langversion%20Endversion%2014%2005%202013.pdf)
Mögliche Therapieansätze
Um wirklich Erfolge zu erzielen sind kognitive Verhaltenstherapien auf lange Sicht unterstützend und im Gegensatz zu Medikamenten keine Unterdrückung der Symptome. Eine andere Möglichkeit ist eine Hypnotherapie nach Milton H. Erickson. In dieser Kurzzeittherapie besteht die Möglichkeit die Ursache des Verhaltens aufzulösen (vgl. https://hypnosis-praxis.de/2016/08/obsessive-liebe-aus-angst/).