Im Rahmen der Internationalen Woche der Lucian-Blaga-Universität Sibiu im Mai 2018 reisten Harald Schroeter-Wittke und Anne Breckner nach Sibiu/Hermannstadt in Siebenbürgen/Transsilvanien, Rumänien. Im Fokus der Reise stand die Intensivierung des ERASMUS-Kontakts zwischen der dortigen deutschsprachigen Evangelischen Theologie und dem Paderborner Institut für Evangelische Theologie.
Sowohl der Kontakt zu den Dozierenden, u. a. Renate Klein und Stefan Tobler, als auch der Kontakt zu den Grundschullehramts- und Pfarramtsstudierenden war offen, herzlich und fachlich bereichernd. Durch die besondere Situation der deutschsprachigen Evangelischen Kirche A. B. (kurz für Augsburger Bekenntnis) in Rumänien und damit auch des dortigen Instituts wurden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der universitären Lehre und Forschung deutlich.
Zur Situation der deutschsprachigen Minderheit und der Kirche: In Hermannstadt genauso wie im gesamten Siebenbürger Raum hat die deutschsprachige Minderheit der Siebenbürger Sachsen bis 1989 und darüber hinaus großen Einfluss auf Kultur und Gesellschaft genommen. Die Geschichte der Siebenbürger Sachsen reicht zurück bis ins 12. Jahrhundert, als die Migration aus dem Rheinmoselgebiet in die Karpaten begann. Zur Abwehr von feindlichen Truppen wurden ca. 200 Kirchenburgen gebaut, die bis heute die Landschaft prägen. Die deutsche Sprache wurde nicht nur, aber auch im kirchlichen Rahmen gepflegt. Deutsche Schulen und deutschsprachige evangelische Kirchengemeinden gehören bis heute selbstverständlich zu Siebenbürgen, auch wenn die Emigration nach dem Ende des Ceausescu-Regimes 1989/1990 von Rumänien nach Deutschland den deutschsprachigen, evangelischen Bevölkerungsanteil dezimiert hat. Die sprachliche und konfessionelle Diasporasituation ist für die Minderheit im überwiegend rumänisch-sprachigen, orthodoxen Umfeld eine bewusste Erfahrung. Deshalb wird z. B. „Eine feste Burg ist unser Gott“, das in Deutschland häufig propagandistisch missbrauchte Lied Luthers, dort als Zusage dafür verstanden, dass Gott Schutz und Sicherheit bietet.
Zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Lehre und Forschung: Die Lehramtsausbildung ist in Sibiu wie Paderborn zentral, da der evangelische Religionsunterricht in Deutschland wie in Rumänien eine besondere Rolle im Fächerkanon einnimmt. In Deutschland ist er das einzige Fach, das verfassungsmäßig abgesichert ist (vgl. GG Art. 7 Abs. 2-3); in Rumänien wird der evangelische Religionsunterricht in den deutschen Abteilungen der Schulen von allen Schülerinnen und Schülern wahrgenommen, die Deutsch als Erst- oder Zweitsprache praktizieren. Neben der Lehramtsausbildung gibt es in Sibiu, anders als am Paderborner Institut für Evangelische Theologie, die Pfarramtsausbildung. Lehramts- wie Pfarramtsstudierende aus Deutschland, auch aus Paderborn, haben durch ein regelmäßig stattfindendes Ökumenesemester die Chance, in Hermannstadt jeweils im Sommersemester an der deutschsprachigen Lehre teilzunehmen und ihren Horizont u. a. in Bezug auf den evangelisch-orthodoxen Dialog zu weiten. Die Dozierenden in Sibiu setzen gerade für das Ökumenesemester auch auf die Erkundung und Erforschung der dortigen Kirchenlandschaft und des religiösen Alltags in der Diaspora. Die Forschungsschwerpunkte auf der regionalen Geschichte und Gegenwart von Kirchen und Frömmigkeitsformen lassen sich insbesondere in dem regelmäßig erscheinenden Jahrbuch der Abteilung Evangelische Theologie an der Lucian-Blaga-Universität Hermannstadt mit dem Titel Konfluenzen nachvollziehen. Verschiedene Jahrgänge der Konfluenzen werden dank einer großzügigen Spende aus Sibiu in Kürze in der Paderborner Universitätsbibliothek zur Verfügung stehen.
Zukünftig geplant sind gegenseitige Besuche, auch mit Studierendenbeteiligung, um den wunderbaren Austausch miteinander zwischen Sibiu/Hermannstadt und Paderborn weiter auszubauen.
Bilder/Text: A. Breckner