Islam through the lens of Drama 

 “Faten Amal Harbi” represents my Egyptian dramatic discovery of this year. The events of the work revolve in a dramatic social setting, around the tragedy of „Faten“, with her husband and her marital problems with him, so she decides to separate from him, thinking she has managed to eliminate her problems, but she faces other crises with certain provisions of the Personal Status Law, which decides under the name of law derived from Sharia to deprive her of her two daughters if she remarries another person.

Faten’s struggle continues in the court of Judge David, who has always been a supporter of one side (Sharia), and who always insists on telling her that his job is to apply the laws and not to make justice.  Faten, after making sure that the source of this law is human, resorts to the Qur’anic text, proves the illegitimacy of this law, and even succeeds in sending it back for revision and modification. 

In general, both Drama and cinema are faced with rejection and hostility from many jurists, who keep on making fatwas regarding the forms and contents of works. However, both Arts continue to stimulate the Muslim realities and many works moved on from treating the topic of the Muslim history and victories and tried to break the silence on other topics that touch on the details of the sensitive reality within Muslim societies. The Drama embraced thorny issues, overlapping and clashing with the hottest of these topics; such as differences in religions, the relationship between Muslims and Christians, issues of religious extremism, violence, terrorism, and other propositions that used to be the preserve of news bulletins.

“Faten Amal Harbi” is a work that sparked a lot of debates not only in Egypt but also in many other Muslim countries, not only because it succeeded in reviewing a law that is derived from Sharia, but also because it succeeded to trigger the Muslim awareness to reconsider the divine laws which are set in the Qur’anic text and the human laws which are based on al-‚ijma’, al-ijtihad, al-iastihsan, or al-qiyas and to differentiate between what is variable and what is invariable. And how many Davids, who apply the rules and not justice, still exist in our courts?

Nadia Saad ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Paderborner Institut für Islamische Theologie.

#Drama #Islam #Justice

Wenn Kinder Theologie betreiben

Meine Kinder haben sich neulich gestritten. Das an sich ist kein Novum. Aber das Thema ihres Streitgesprächs fand ich diesmal hochinteressant. Es enthielt viele Reminiszenzen theologischer Debatten der Frühphase islamischer Theologie. Zum Kontext: An dem Tag war die Mama gesundheitlich angeschlagen und lag flach im Bett. Meine Tochter (7,5 Jahre), Erstklässlerin, besucht den Moscheeunterricht in unserer Gemeinde, und der Hodscha, der zugleich auch deren Opa ist, erklärt ihr so manchmal „die Welt“. Der Sohn ist sechs und geht in den Kindergarten. Ich skizziere kurz deren Streitgespräch, das ich am liebsten aufgenommen hätte:

Sie: „Weißt du, Mama ist krank, weil Gott es so will. Dedo (Opa) hat gesagt, dass alles was passiert, dass es so Gott will.“

Er: „Nein!“

Sie: „Doch! Dedo hat das so in der Moschee gesagt. Gott will alles und er weiß alles.“

Er: „Nein! Gott will nicht, dass Mama krank ist!“

Sie: „Aber Dedo hat das so gesaaaagt!“

Das wiederholte Autoritätsargument brachte den Kleinen zum Weinen. Ihm fehlten die Argumente, die Liebe und Barmherzigkeit Gottes bekräftigen, und in seinem lauten Aufschrei erklang der Protest gegen die Vorstellung eines Gottes, der auch das Üble in der Welt will und erschafft. Zu dem Zeitpunkt war ja die Tatsache, dass Mama krank ist, das größte Übel seiner kleinen Welt. Meine Tochter fing dann auch gleich an zu weinen: entweder weil er ihr nicht glaubt oder weil sie selbst diese Erklärung der ewigen Frage „unde malum?“ nicht mag.

Ich musste mich dann in das Gespräch einmischen, als es nicht mehr um die geäußerten Argumente ging, sondern nur darum, wer lauter schreien und besser weinen kann, um somit das Streitgespräch zu gewinnen. (Ich frage mich jetzt aber, ob es auch nicht so ähnlich – mit vielleicht etwas sophistizierteren Methoden – in den theologischen Debatten der Frühzeit gewesen ist?!)

Das Theodizeeproblem musste ich also derart aufklären, dass beide Seiten zufrieden sind. Einerseits muss weiterhin gelten, was der Hodscha in der Moschee erzählt, denn eine der sechs Glaubenssäulen im Islam ist ja der Glaube an qadar, dass nämlich „alles was passiert, mit dem Willen Gottes passiert.“ Außerdem hat das doch der Hodscha gesagt, und „er weiß ja alles über Gott und Islam.“ Andererseits müsste ich die Vorstellung eines liebenden, barmherzigen Gottes, der ja nur das Beste für alle Menschen will – so auch für die momentan kranke Mama – untermauern.

Ich bin auf eine klassische versöhnende Erklärung ausgewichen, während sie beide ihre Tränen weggewischt haben: „Es stimmt, dass Gott alles will. Er will aber Mama durch die temporäre Krankheit nichts Böses antun, sondern nur prüfen, ob Mama mit Allem, was so von Gott kommt, zufrieden und dankbar ist, oder ob sie bei jeder Kleinigkeit jammert. Also, ihr beide habt recht: Gott liebt uns alle, und will nicht, dass es uns schlecht geht. Und für alles was uns an Bösem trifft, solange wir zufrieden, geduldig und dankbar sind, werden wir von Gott belohnt.“ Meine Tochter schien mit dem Schiedsspruch zufrieden zu sein, da ihre Weltvorstellung noch standhielt: der Hodscha/Opa hatte doch recht und sie hat es gut im Moscheeunterricht verstanden und dem Bruder übermittelt. Meinem Sohn schien noch ein abschließendes Argument für die „Verteidigung“ seiner Position zu fehlen. Nicht etwa ein Koranvers, denn er kennt diese noch nicht. Als Argument fiel mir dann ein Kinderlied aus seinem evangelischen Kindergarten ein. Ich fragte: „Singt ihr denn auch etwa nicht beim Essen im Kindergarten: 

Alle guten Gaben, 

alles, was wir haben, 

kommt, o Gott, von Dir, 

wir danken Dir dafür.

Jedes Tierlein hat sein Essen, 

jedes Blümlein trinkt von Dir. 

Hast auch Du uns nicht vergessen 

Lieber Gott, wir danken Dir.

Damit hat er sich begnügt und beendete das ihm sehr bekannte Lied: „Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben – Guten Appetit ihr Lieben!“. Und dieser Ohrwurm, der sich mir – gesungen von 20 Kleinkindern vor dem Essen in einer sehr stressigen Eingewöhnungsphase im Kindergarten – tief ins Gedächtnis eingeprägt hat, hat sich endlich auch gelohnt!

Ahmed Husic ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Paderborner Institut für Islamische Theologie.

#kinder #theologie #Gott #Wille

Dust to Dust

Some stories about our lives we live to tell. But many we do not, for these may only be told after we are no longer alive to tell them.   

Walking through a cemetery provides ample opportunity to reflect on how the dead speak, or are spoken for, by the graves that contain them. For some, nothing less than a mini mausoleum will do. What shape this takes will depend on one’s faith, tastes and graveyard by-laws (death might liberate us from suffering and mortality but the coils of administrative rules endure into the great abyss!). I must admit I usually walk quickly past these graves. The elaborate carvings of angels, the miniature domes and elaborate calligraphic laments appear to me to be an unceasing howl from the big beyond. Do the dead get bored seeing the same engraving over themselves until they are resurrected out of their graves? I am always drawn to the graves that narrate in silence the lives extinguished beneath them. Muslims will often leave instructions that their graves are to be a mound of earth and dust with nothing solid to record their existence. What I hear when I see these graves are the words of the Qurʾān: “All that is upon it perishes: and there remains only the face of your Lord of majesty and honor” (Q. Al-Raḥmān 55:27). 

On a recent walk through a Muslim cemetery, I was struck by the irony and profundity of a marbled tombstone etched with words from the Sufī poet Bābā Farīd, reflecting on our most enduring memorial:

“Behold Farīd, blowing dust

Dust piling upon more dust.

Laughing dust, weepy dust

Dust ending into dust.

Say not, servant, “me” and “mine”

For it is not yours, nor mine.

Our world is a four day bustle

Then a pile of dust.“

Abdul Rahman Mustafa ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Paderborner Institut für Islamische Theologie an der Universität Paderborn.

#dust #graves #cemetry

Umma for Future?! – Muslim*innen und der Umweltschutz

Als ich und meine Studierenden am Freitag, den 20.05. im Seminar sitzen und über den Umgang mit dem Koran in pädagogischen Kontexten diskutieren, schaue ich hin und wieder aus dem Fenster und denke, dass die Wettervorhersage mit der Unwetterwarnung wieder einmal übertrieben hat. Abgesehen von mal kräftigen/kurzen Regenschauern und Nieselregen, kann ich noch nichts Beunruhigendes sehen. Erst am späten Abend, als ich wieder in meinem Zuhause 100 km entfernt von Paderborn ankomme, sehe ich bestürzt in den Nachrichten, was in Paderborn, ca. 4 km von der Universität entfernt, in kürzester Zeit passiert ist: demolierte Autos, zersprungene Fensterscheiben, ein Meer aus Dachziegeln, Ästen und Scherben auf den Straßen und viele verletzte Menschen. Freund*innen und Kolleg*innen posten in den sozialen Medien ihre Aufnahmen von durch die Luft fliegenden Gegenständen und Verkehrsschildern und Ampeln, die wie Streichhölzer umzukippen scheinen. 

Die Ereignisse der letzten Woche zeigen uns anschaulich, dass die verheerenden Auswirkungen der Klimakrise auch in unserem Leben angekommen sind. 

Wenn ich mich mit Muslim*innen über den Klimawandel unterhalte, nehme ich unterschiedliche Reaktionen darauf wahr. Für manch eine ist es ein Zeichen der nahenden Apokalypse, von dem der Koran in vielen Suren anschaulich berichtet und ähnliche Weltszenarien eindrücklich beschreibt. Die Mehrheit hingegen sieht den Klimawandel als von uns Menschen gemacht an und erkennt einen Zusammenhang zwischen unserem Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde und unserem Lebensstil. Auch wenn mein soziales muslimisches Umfeld kein repräsentatives Abbild der muslimischen Communities in Deutschland darstellt, ist zunächst festzuhalten, dass das Thema Umweltschutz auch Muslim*innen durchaus beschäftigt. Noch vor einigen Jahren belächelt, wenn ich es vorgezogen habe, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, plastikreduziert einzukaufen oder die Kinder nicht mit Wegwerfwindeln zu wickeln, setzen sich nun auch verstärkt Muslim*innen mit Umwelt- und Klimaschutz auseinander. 

Längst gibt es Initiativen, die etwa Halal nicht nur auf die Schlachtung des Tieres beziehen, sondern dazu auch die artgerechte Tierhaltung zählen. Auch gibt es Initiativen, die Alternativen gegen Lebensmittelverschwendung und Plastikgeschirr beim gemeinschaftlichen Fastenbrechen im Ramadan in Moscheen anbieten. Es verwundert nicht, dass diese in ihren Internetauftritten auch islamisch-theologische Inhalte aufweisen und eine islamische Umweltethik auf der Grundlage des Korans aufarbeiten. Es dürfte klar sein, dass man kaum Muslim*innen finden würde, die den Inhalten dort theologische Gegenargumente entgegenbringen könnten. 

Geht man nun einen Schritt weiter und betrachtet, wie viele Muslim*innen bestrebt sind, ihren Alltag ökologisch bewusster zu gestalten, stößt man jedoch auf eine große Diskrepanz: Umweltschutz ist unter Muslim*innen weiterhin nur eine Randerscheinung, die die große Mehrheit der Muslim*innen nicht erreicht bzw. nicht für sich als relevant erachten. Umweltschutz taucht weder als Thema in medialen Beiträgen noch in der Praxis der Moscheen oder der großen Dachverbände auf, eher im Gegenteil: Der Anblick der Müllberge beim Besuch von Kermesveranstaltungen in vielen Moscheen derzeit oder auf dem Festi Ramazan im April rufen bei vielen den Alltag umweltbewusst gestaltenden Muslim*innen blankes Entsetzen hervor und führen zu Diskussionen darüber, wie man sich in dieser Situation gleichzeitig solidarisch mit der Moschee zeigen soll und dabei ignorieren könne, welche Schäden die bei der Aktion entstehenden Müllberge aus Einweggeschirr für die Natur bedeuten.  

Dabei gibt es bislang erprobte Konzepte zur Müllvermeidung speziell für Großveranstaltungen. Über die Gründe dieses fehlenden Einsatzes unter vielen Muslim*innen kann nur spekuliert werden. Möglicherweise sind umwelt- und klimabewusstes Handeln ein Thema des Bildungsbürgertums. Studien belegen, dass auch in der Mehrheitsgesellschaft das Thema überwiegend bei bildungsorientierten Schichten Anklang findet. Auch wenn Muslim*innen in Deutschland zu den Bildungsaufsteiger*innen zählen, bilden sie aber noch lange nicht die Mehrheit in den einzelnen Moscheevereinen ab. 

Um Veränderungen zu bewirken, bedarf es einer intensiven Diskussion in muslimischen Communities. Möglicherweise zählt auch das Argument, dass viele Muslim*innen sich weiterhin an ihren Herkunftsländer orientieren. Da Umweltschutz dort keine allzu wichtige Rolle spielt, verwundert es kaum, wenn es für sie auch nicht auf der Tagesordnung steht. 

Deshalb setze ich meine Hoffnung in die junge Generation, die sich, anders als ihre Elterngeneration, als deutsche Muslim*innen verstehen und durch ihr verändertes Bewusstsein und wachsendes gesellschaftliches Engagement manch einen muslimischen Dachverband und Moscheeverein zu mehr umwelt- und klimabewusstem Verhalten bewegen. 

Dr. Naciye Kamcili-Yildiz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Paderborner Institut für Islamische Theologie an der Universität Paderborn.

#Unwetter #Klimawandel #Islam #Bildung #Nachhaltigkeit

Oft Gesagt

Meine Mutter hat mir oft gesagt “Jeder Mensch hat seine Gründe. Dafür was er denkt, wie er handelt. Dafür was er nicht denkt und wie er nicht handelt. Bitte versuch diese Gründe zu verstehen und zügle dein Urteil.” Und so häufig ich mich in all den Jahren immer wieder dabei erwischt habe, mit dem Urteil schneller zu sein als mit der Suche nach Gründen, ist es sicherlich dieser Satz, der mir die Empathie eines Jesus von Nazareth, aber auch die hermeneutischen Anliegen diskursiv-komprehensiver Wissenschaftstheorien so sympathisch erscheinen lässt.

Der Gedanken verliert seine Trivialität in dem Moment, in dem wir darüber nachdenken, wie wir, acht Milliarden Menschen, zusammenleben wollen (und können!). Das gute Verständnis füreinander, für unsere Hoffnungen und Ängste, ist die Basis, von der Gerechtigkeitskonzepte aus ihren Sinn erhalten und nicht zuletzt in politischen oder wirtschaftlichen Institutionen verwurzelt werden.

In den letzten Jahren hat mich jedoch zunehmend ernüchtert, dass ich trotz bester Verstehensabsicht, die Welt und die Gründe der Menschen doch nur immer weniger zu begreifen vermag. Die Paradoxien und Widersprüchlichkeiten unserer weltweiten Entwicklungen lassen mich immer häufiger stolpern über vermeintlich gute Ziele, lähmen meine Geduld und Ausdauer. Einerseits leben und werben wir ständig dafür, die Gründe für eine bestimmte Weltdeutung oder eine Handlungsorientierung miteinander ins Gespräch zu bringen. Wir setzen darauf, dass die deliberative Verständigung am Ende ein Minimum an Rationalität bei einem Maximum an Heterogenität in den Entscheidungsfindungsprozessen gewährt. Andererseits merken wir ständig, dass der Rationalitätsnachweis uns nicht motiviert auch umzusetzen, was wir zuvor als das bessere, richtigere oder nachhaltigere Vorgehen bestimmt haben. 

Und ja, in religiöser und nicht-religiöser Weisheitsliteratur ist immer wieder die Rede davon, dass genau dies unsere Menschlichkeit ausmacht: Gutes zu wollen und es – along the way – dann doch zu vergessen, zu ignorieren, zu versäumen. 

Mittlerweile haben viele kluge Menschen diese beinah alltägliche (Selbst-)Erkenntnis soziologisch ausgearbeitet, psychologisch verklammert und durch unsere kulturellen Brenngläser fokussiert. Nun weiß ich, dass wir mit der Steigerungslogik  überfordert sind und uns deshalb lieber mit diversen Angeboten aus Internet und Medien zerstreuen, anstatt füreinander einzustehen; nun kann ich erklären, warum Ressourcenverbrauch, Ausbeutung und Naturzerstörung ständig zunehmen, obwohl uns niemals klarer war, dass die planetaren Grenzen erreicht sind; nun vermag ich die riesigen Autos, festungsähnlichen Häuser und ideologischen Glasperlenspiele als Überkompensation unserer Unsicherheit und Angst zu deuten. Und dennoch: Je besser ich die Gründe der Menschen zu verstehen meine, umso schwerer lässt sich der Status-quo akzeptieren. Sicher bin ich mit diesen Gedanken nicht alleine, denn zeitgleich nimmt die Suche nach alternativen, nachhaltigen, solidarischen Lebensformen zu. Konzepte wie Paradising oder Postgrowth ergründen Möglichkeiten, um das Gesollte als ein Gewolltes einholen zu können. Neben den Graswurzelbewegungen der letzten Jahre könnten gerade auch religiöse Gemeinschaften als Pionier*innen für Veränderungen ein sozialpolitisches Echo erzeugen, Mitmenschlichkeit nicht nur predigen, sondern lebbar machen. Und wenn uns auch hier ein ums andere Mal die Geschichte zu überholen droht, so fordert mein Glaube mich auf, nicht zu resignieren und in meiner Zeit das zu tun, was ich tun kann. Es ist dieser Glaube, an dem sich ohne Sentimentalitäten die Hoffnung auf eine humanere, friedlichere Zukunft entzündet. Und nun erinnere ich wieder meine Mutter, die auf mein Murren mit einem geduldigen Lächeln mindestens ebenso oft betont hat, dass es eben diese Hoffnung ist, die sich mit kleinherzigen Gründen nicht zufriedengeben kann. 

Dr. Anne Weber ist Stipendiatin am Graduiertenkolleg „Kirche in Zeiten der Veränderung“ an der Theologischen Fakultät Paderborn.

#Mutter #Hoffnung #Verstehen #Durchhalten

Ose Schalom Bimromav: Er, der in seinem hohen Himmel Frieden stiftet (Job 25,2)

Für einen jüdischen Weisen des 15. Jahrhunderts, Isaac Arama (1420-1494) war das Konzept von Shalom im Judentum mit seiner Vielzahl von Bedeutungen eine Art Stabilisator (Kaminski): „Shalom (…) ist das Element in der Natur, das die Bestandteile aller Dinge zusammenhält und stabilisiert, so dass sie ihre essentielle Qualität {ihre Integrität} bewahren.Das bedeutet auch, dass seine Abwesenheit in der Natur Spaltung und Degeneration zur Folge hat.

Shalom ist aber nicht nur ein stabiler Zustand, es ist das formende Element, das eine lebenswichtige Funktion erfüllt, wie die Luft für das Leben auf der Erde oder die DNA für die Übertragung der Erbmerkmale, die Menschen und die meisten Organismen auszeichnen. Es ist ein Element, das eine Tendenz zum Zusammenhalt und zur Einheit garantiert und Konflikte und die Möglichkeit der Zerstörung vermeidet oder abschwächt. 

Der Begriff Schalom hat die folgende Bedeutung (gemeinsam mit Salam aus dem Arabischen):

1. Vollständigkeit, Solidität, Wohlergehen

2. Sicherheit, Unversehrtheit (im Körper)

3. Wohlfahrt, Gesundheit, Wohlstand

4. Frieden, Ruhe, Zufriedenheit,

5. Frieden, Freundschaft

    a.  der menschlichen Beziehungen

    b. mit Gott besonders in der Bundesbeziehung

6. Frieden (vom Krieg)

7. Frieden (als Adjektiv)

8. Zustand. Begrüßung. Shalom Alechem

Vom abstraktesten Konzept bis zur banalen Begrüßung erscheint der Zustand von Schalom als ein Ideal, das keineswegs offensichtlich, sondern notwendig, erwünscht, zugleich erreichbar und utopisch ist. Es ist eine Herausforderung für eine Tradition, die glaubt, dass der Mensch das Göttliche und das Bösartige (ietzer hara) in sich trägt und dass sein Charakter durch den Kampf zwischen diesen Kräften bestimmt wird. Eine Binarität, die die Koexistenz des Bösen und dessen Wechsel mit Perioden des Wohlbefindens erklärt. 

Am Ende eines der wichtigsten Gebete der jüdischen Liturgie, des Kaddisch, heißt es „Ose schalom bimromav…“, (Er, der in seinem hohen Himmel Frieden stiftet. Job 25,2)

Das Gebet schreibt Gott, unter seinen unendlichen Fähigkeiten, die Fähigkeit zu, den Himmel zu befrieden. Das Interessante dabei ist, dass das Gebet davon ausgeht, dass es im Himmel auch Konflikte, Spannungen, vielleicht sogar Krieg gibt. Vielleicht spiegelt die Erde einen Schatten der himmlischen Konflikte wider? Und wenn ja, wie würden diese himmlischen Konflikte aussehen? Oder ist es andersherum? Spiegelt der Himmel die Spannungen wider, die auf der Erde herrschen, denn schließlich wurde der Mensch so erschaffen, wie er erschaffen wurde?

Das Gebet appelliert an ein göttliches Eingreifen, um Frieden zu erreichen, an eine Garantie von demjenigen, der mit seinem Wort erschafft und die Fäden dessen zieht, was in der Welt geschieht. Das Gebet wird mit einem Appell fortgesetzt, der zwar exklusiv ist, aber auch Raum für Zweideutiges lässt: … möge er Frieden über uns und über das ganze Volk Israel bringen, und wir sagen Amen.  In der traditioneller Liturgie ist dieses uns, jede einzelne jüdische Gemeinschaft. Heute, aber, interpretieren wir, dass dieses uns die gesamte Menschheit ist. Jeder Krieg und jeder Friedenszustand beeinflusst die ganze Welt. Diese Neuinterpretation eines alten Gebetes zeigt, dass wenn Frieden herrscht, dieser nicht exklusiv ist. Die Idee des Friedens des Himmels projiziert sich auf uns auf der Erde, auf uns als universelles Kollektiv und dann auch auf Israel.

In diesen Zeiten des Krieges brauchen wir dringend ein göttliches Eingreifen. Solange es keine Anzeichen dafür gibt, bete ich mit einer naiven Hoffnung, dass es den Menschen, die die Fäden über Leben und Tod in der Hand halten, gelingen wird, den dringenden Ruf nach Schalom in all seinen Bedeutungen zu akzeptieren. 

Liliana Furmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Pnina Navè Levinson Seminar für Jüdische Studien an der Universität Paderborn.

#Frieden #Schalom #Gebet #Krieg #Hoffnung

Dabei sein ist alles?

Ich bin Christ und Sportler. In meiner Freizeit spiele ich Tischtennis. Dies ging soweit, dass ich in Mannschaften gespielt habe, die einen gewissen professionellen Ansatz verfolgt haben und Spieler verpflichtet haben, die Geld mit diesem Sport verdienen. Zudem gehe ich gerne joggen. Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn ich sehe, dass sich meine Laufzeit jedes Mal verbessert. Daher würde ich mich durchaus als leistungsorientierten Sportler bezeichnen.

„Dabei sein ist alles!“ Diese vielzitierte Aussage wird immer wieder mit der olympischen Idee in Verbindung gebracht und steht ein wenig im Widerspruch zu meinen Erfahrungen. Im Original von Pierre de Coubertin hieß es wohl: „Das Wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht zu gewinnen, sondern daran teilzunehmen.“ Aber egal, welchen Ausspruch man verwendet, ergibt sich doch ein Gegensatz mit dem Wettkampfsport der Olympischen Spiele oder sämtlichen anderen großen Sportveranstaltungen. Ich möchte damit aufräumen! Schließlich ist das eigentliche olympische Motto: „Citius, altius, fortius“ (lat.: schneller, höher, stärker). Dieses Motto wird dem Drang nach Sensationen und Rekorden, für die die Olympischen Spiele berüchtigt sind, deutlich eher gerecht. Man muss bedenken, dass die Olympischen Spiele in der Zeit des Imperialismus entstanden sind. Wer hatte da schon Zeit und Interesse, an einem sportlichen Wettkampf gegen andere Staaten anzutreten und diesen den Vortritt zu lassen?

In diese Zeit passt auch wunderbar Friedrich Nietzsche und seine Vorstellungen vom Übermenschen. Das Ziel dieser Vorstellung ist es, sich selbst zu überbieten und seine eigenen Leistungen immer wieder aufs Neue zu übertreffen. Bei Leistungssportler:innen, insbesondere den Besten, findet man diesen Typus sehr oft. Talent und unbändiger Ehrgeiz führen immer wieder dazu, körperliche als auch geistige Bestleistungen zu erzielen. In letzter Zeit rückt gerade auch die mentale Verfassung mehr in den Mittelpunkt, wenn man an die Tennisspielerin Naomi Osaka, die Turnerin Simone Biles oder der Radrennfahrer Lennard Kämna denkt. Leistungssportler:innen, die dem mentalen Druck nicht gewachsen sind und Pausen einlegen müssen, um wieder Kraft zu schöpfen. Sind sie deswegen an der Definition „Citius, altius, fortius“ gescheitert?

Und auch wenn ich mich wegen Tischtennis wieder verrückt mache, weil es nicht immer leicht ist, Übermensch zu werden und jedes Spiel zu gewinnen, sollte ich mich vielleicht von Nietzsche abwenden und mich an die erste Definition erinnern: „Dabei sein ist alles“. Nicht, dass ich nicht gewinnen will, aber vielleicht gibt es einfach auch wichtigere Dinge. Es sollte doch Spaß machen, die kleine Plastikkugel über das Netz zu schlagen und eine gute Zeit in der Gemeinschaft meiner Mitspieler zu verbringen. Und der Sport sollte dazu da sein, Stress abzubauen und nicht aufzubauen, fit zu bleiben, sich zu integrieren, voneinander zu lernen und einander zu unterstützen.

Einige dieser Punkte spielen auch in meinem Christsein eine wichtige Rolle. Gemeinschaft, Hilfsbereitschaft und Integration sind für mich elementare Bestandteile meines Glaubens. Und zudem bietet mir Christus an, nach Niederlagen immer noch Mensch zu sein und mich trotz meiner Niederlagen anzunehmen. Dann ist möglicherweise dabei sein doch alles!

Julian Heise ist wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Katholische Theologie an der Universität Paderborn.

#Sport #Nietzsche #Olympia #Versagen #Glaube

Privilegierte Erkenntnis

Die Missbrauchskrise erschüttert nicht nur die Katholische Kirche in ihren Grundfesten. Sie befördert auch ein bereits stark verbreitetes säkulares Narrativ: Religion sei kein Segen für die Menschheit, sondern ein Fluch. Leider werden die kirchlichen Strukturen, die sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung in einem erschreckenden Ausmaß ermöglicht haben, tatsächlich auch religiös legitimiert. Beispielsweise hat die besondere Stellung des Priesters in der Gemeinde als Repräsentant Christi eine gewisse Vorstellung von Unantastbarkeit und Unfehlbarkeit zur Folge, welche ganze Gemeinden dazu brachte, Offensichtliches zu übersehen, Täter zu decken und Opfer einzuschüchtern. 

Um bei der Aufarbeitung dieser Krise nicht an der Oberfläche zu verharren, ist es unerlässlich, grundlegenden Strukturen des Machtmissbrauchs in Religionen zu analysieren und diese Strukturen von ähnlich beschaffenen gesellschaftlichen Strukturen abzugrenzen. Hier kann die komparativ-theologische Methode einen entscheidenden Beitrag liefern, indem die jeweiligen religionsspezifischen Strukturen ausfindig gemacht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen missbrauchsbefördernde Elemente in unterschiedlichen religiösen Traditionen verglichen werden. Welche theologischen Denkmuster führen dazu, dass Menschen nicht in der Lage sind, sich gegen Missbrauch zu wehren, diesen eventuell gar nicht mehr als etwas Unerlaubtes oder Unmoralisches betrachten können? Warum sind Verantwortliche manchmal fest davon überzeugt, dass es Gottes Willen entspricht, Missbrauch zu vertuschen, um die Institution als Ganze zu schützen?

In fast allen Religionen sowie in einigen philosophischen Traditionen gibt es ein Phänomen, dass Karl Popper die Zuschreibung von privilegierter Erkenntnis nannte. Manche Personen hätten einfach einen „besseren Draht“ zu Gott oder dem Göttlichen. Dies können historische Personen, Religionsstifter oder Propheten, aber auch heute wirkende Religionsoberhäupter oder spirituelle Führungspersönlichkeiten sein: Päpste, Kalifen, die Zwölf Imame, Ältestenräte, Tirthankaras oder Bodhisattvas. Die Theorie privilegierter Erkenntnis ist an sich unproblematisch, da offensichtlich nicht jeder Mensch in jedem Bereich die gleichen Fähigkeiten besitzt. Fast jeder gläubige Mensch hat auch auf seinem spirituellen Weg andere Menschen kennengelernt, die genau deshalb einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben: Da hat jemand etwas begriffen, von dem man selbst noch weit entfernt ist, was man vielleicht noch nicht einmal in Worte fassen kann. 

Ein Glaubensweg ist kein theoretischer Weg, er besteht nicht aus Lernen von Informationen, dem Studieren von theologischen Argumenten, es ist ein Weg der Charakterformung, der darauf angewiesen ist, dass andere Personen als Orientierung für die Richtung einer solchen Entwicklung dienen. Meist sind dies charismatische Persönlichkeiten, manchmal aber auch Personen, denen von der Institution selbst ein besonderer Status zugeschrieben wird, ob durch (pseudo-)demokratische Legitimation, durch Abstammung, durch Ordination oder Weihe. Aufgrund ihrer privilegierten Erkenntnisfähigkeit müssen sie sich dann nicht mehr gegenüber dem „gemeinen Volk“ rechtfertigen. Oder es traut sich niemand mehr, die Integrität und Glaubwürdigkeit dieser wichtigen Person, die vielen Menschen Halt und Orientierung gibt, infrage zu stellen. 

Auch wenn es religionsspezifische Strukturen gibt, die Missbrauch befördern, glaube ich, dass es ebenso religionsspezifische Strukturen gibt, die diesem entgegenwirken können. Sowohl im abendländischen Monotheismus als auch in der östlichen Lehre der universalen Nicht-Zweiheit liegt ein großes ideologiekritisches Potenzial: Kein Mensch soll vergöttlicht, keine Lehre absolut gesetzt werden. Auch jede religiöse Erkenntnis bleibt immer vorläufig, man darf an allem zweifeln. Und keine einzelne Person hat eine so hohe spirituelle Autorität, dass sie sich nicht mehr rechtfertigen muss. Vor allem dann, wenn ihr eigenes persönliches Interesse gerade zufällig dem verkündeten Willen des Allmächtigen entspricht.

Vertr.-Prof. Dr. Johannes Grössl ist Vertretungsprofessor für Systematische Theologie an der Universität Paderborn.

#Religionen #Kirche #Missbrauch #Ideologiekritik #Erkenntnis

Entgegne dem Bösen mit Gutem

In dieser Zeit erinnere ich mich oft an einen Vers aus dem Quran: In der Schöpfungserzählung in der Sure 2, Vers 29, fragen die Engel Gott, warum er ein Wesen erschaffen will, der Unheil stiftet und Blut vergießt, als Gott ihnen verkündet, dass er den Menschen erschaffen will. Welch berechtigte Frage, denke ich, wenn ich die aktuellen Grausamkeiten sehe, die durch menschliches Handeln entstehen. Die unzähligen Opfer der Kriege in Ukraine, Syrien, Jemen, Palästina, Israel und weitere unzählige Krisengebiete zeigen, wie unberechenbar, erbarmungslos, machtsüchtig und rucksichtlos der Mensch sein kann. Auch die Umweltkrise führt uns vor, wie der Mensch durch Habsucht und materiellen Gewinnwahn seinen eigenen Lebensraum vernichtend missbraucht.   

Auf die Frage der Engel, antwortet Gott „Ich weiß, was ihr nicht wisst“. Gott in seiner Weisheit wusste, wozu der Mensch außerdem noch in der Lage ist: bedingungslos und unermüdlich den Menschen in Not zu helfen, mit ihnen das Wenige zu teilen, das sie selbst besitzen. Den traumatisierten Kindern, die nicht verstehen, warum sie aus ihrem vertrauten Heim entrissen wurden, schöne Geschichten erzählen und sie zum Lachen bringen, damit sie für einige Minuten ihr Leid vergessen. Das sind einige wenige Beispiele von Taten der Menschen, die derzeit nichts anderes tun, als Hoffnung zu geben. Menschen, die in Liebe und Hingabe sich der Menschlichkeit verpflichtet fühlen. Menschen, die die Schöpfung als Leihgabe dankbar annehmen und sie in Demut und Respekt und mit Sorgfalt nutzen.

Ja, Gott wusste welches Wesen er erschafft. Ein Wesen, das stets abwägen muss, um die richtige Entscheidung zu treffen, und Gott traut dem Menschen zu, dass er dies auch tut. Derzeit fällt es schwer zu glauben, dass die Krisen und Kriege enden werden und dass alle Menschen miteinander in Frieden leben. Es gibt aber keine Alternative zur Hoffnung und zum Handeln. 

Im Quran heißt es, wenn dem Bösen mit etwas entgegnet wird, was besser ist, also die Feindschaft mit Freundschaft und Güte entgegnen, wird der Feind wie ein vertrauter Freund. Dies können jedoch Menschen tun, die geduldig und glückselig sind (Q 41:34-35).

Ist dieses Versprechen utopisch oder wirklich? Ich bin davon überzeugt, dass dies ein Versprechen und eine Aufforderung ist, die den Menschen Zuversicht und Verantwortung mitteilt. Der steinige Weg zum Frieden ist begehbar, wenn der Mensch bereit ist, alle mögliche und komplexe Wege zu nutzen und die Spirale der Gewalt nicht mit mehr Gewalt durchbrechen will.

Hamideh Mohagheghi ist Lehrbeauftragte am Paderborner Instituts für Islamische Theologie.

#Krieg #Krise #Hoffnung #Liebe #Zuversicht

Das anstößige Kreuz

Für gläubige Christen steht in den nächsten Tagen das Osterfest bevor. Obwohl schon seit Wochen bunte Eier an den Sträuchern hängen und Schokoladeneier in den Regalen der Supermärkte liegen, ist heute erstmal Karfreitag. Heute steht das Gedenken des Todes Jesu am Kreuz im Mittelpunkt. Der Name des Karfreitags kommt vom althochdeutschen Wort kara, was „Trauer“, Kummer“, „Klage“ bedeutet. Es ist ein strenger Fastentag, während dessen kein Fleisch gegessen wird. Es werden keine Sakramente gefeiert und ich bin jedesmal wieder überrascht, wie leer und schmucklos die Kirche an diesem Tag wirkt, ohne Kerzen oder Altartücher. Die Geschichte des Leidens Jesu geht an diesem Tag besonders nahe.

Vor Ostern als der Feier der Auferstehung und der Rettung aller Menschen aus dem Tod gibt es also eine Zeit des Verzichts und der Trauer. Das heißt nicht, dass man sich immer besser freuen kann, wenn man vorher Leid oder Trauer erlebt hat. Oder noch schlimmer, dass es Leid geben muss, damit man sich danach besser freuen kann. Aber im Fall der Auferstehung Jesu gehören der Leidensweg Jesu und sein „Herabsteigen in das Reich des Todes“ zur Feier der Auferstehung dazu. Sie sind nur gemeinsam zu verstehen und zeigen Christen etwas mehr von Gott, indem sie hoffen lassen, dass er uns Menschen aus dem Tod errettet und im übertragenen Sinne auch aus unserer Gottesentfernung. 

Aber die Darstellung des leidenden Jesu am Kreuz bleibt anstößig. Obwohl die Medien nicht die Darstellung des Kriegsgrauens scheuen, scheint der stetige Anblick des Leidens im religiösen Kontext fremd. Navid Kermani, deutsch-iranischer Schriftsteller, Islamwissenschaftler und Muslim, drückt das in einem Zeitungsartikel 2009 provokant aus, wenn er eine solche Vergegenständlichung des Schmerzes als barbarisch kritisiert, ja als „Gotteslästerung und Idolatrie“[1]. Doch er bleibt dabei nicht stehen. Er findet einen eigenen Zugang durch das Gemälde „Kreuzigung“ von Guido Reni (1575-1642). In ihm erschloss sich für Kermani das Leiden Jesu als das Leiden und der Tod aller Menschen. Vielleicht kann Kermani einen Anstoß geben, das Geheimnis des Todes Jesu durch Kunst oder Musik verständlicher zu machen. Sie bieten das Potential, neue Zugänge zu Ostern zu finden, damit es mehr ist, als Ostereier und Osterhasen ;-).


[1] Vgl. Kermani, N., Bildansichten: Warum hast du uns verlassen? In: https://www.nzz.ch/warum_hast_du_uns_verlassen__guido_renis_kreuzigung-1.2195409

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Da_guido_reni,_crocifisso,_1650_ca._01.jpg

Dr. Cordula Heupts ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Katholisch-Theologischen Fakultät Bonn.

#Ostern #Auferstehung #Karfreitag #Kreuz #Kunst