In ihrem Artikel „Ich spreche, also bin ich“, welcher am 4.06.2021 in dem Online-Magazin „Die Neue Norm“ veröffentlicht wurde, gewährt uns Daniela Dicks einen Einblick in ihr Leben mit einer Redeflussstörung (https://dieneuenorm.de/gesellschaft/ich-spreche-also-bin-ich/). Welche Situationen fallen ihr besonders schwer und wie geht sie damit um? Welche Veränderungen wünscht sie sich in der Gesellschaft und welche nett gemeinten Hilfestellungen sollte man lieber unterlassen?
Birte Baumeister (Von Studierenden für Studierende)
Zu Beginn ihres Artikels beschreibt die Autorin einen Versuch von ihr, in einem Café Kaffee und Kuchen zu bestellen. Schon bevor sie das Café betritt, bereitet sie sich nervös darauf vor, was sie sagen möchte. Sie braucht einige Augenblicke, bis sie sich traut hinein zu gehen. Was sie sagen möchte, weiß sie genau: ‚Einen Milchkaffee mit Hafermilch und ein Stück Streuselkuchen, bitte.‘ Doch die Worte kommen ihr nicht über die Lippen. Sie bekommt Panik und hat das Gefühl von allen anderen Menschen angestarrt zu werden. Schließlich gibt sie auf und bestellt sich einen Pfefferminztee. Am Ende dieser alltäglichen Situation stehen für Daniela Dicks Scham, Frustration und Erschöpfung. Und ein Tee, den sie nicht einmal gerne trinkt.
Dies ist nur ein Beispiel von sehr vielen Situationen, die für Daniela Dicks schwierig sind. Jede Kommunikation, die Angst und Anspannung davor, dass sie wieder stottern könnte sowie das ständige Wörter-Austauschen sind kräftezerrend und anstrengend. Das Wörter-Austauschen ist eine Strategie, die sie sich angeeignet hat. Während Unterhaltungen denkt sie immer einen Schritt voraus, antizipiert, was ihr Gegenüber sagen könnte und wie sie antworten möchte. Sie spricht sich ihre Antworten im Kopf vor und ändert sie ab, damit diese keine der Wörter enthalten, die ihr erfahrungsgemäß nicht über die Lippen kommen. Diese Liste von Wörtern bezeichnet sie als „mental blacklist“. Zwei Beispiele für Wörter von ihrer Liste sind „Waschmaschine“ und ihr eigener Name.
Ihr ist bewusst, dass Stottersequenzen sowohl für den Stotternden als auch für die Zuhörer*innen oftmals unangenehme Situationen darstellen, doch sagt sie: „Das müssen wir aushalten, jede*r für sich.“ Denn ungeduldig sein, das Hochziehen der Augenbrauen, räuspern oder Stirnrunzeln helfen der oder dem Betroffenen genauso wenig weiter, wie Aufforderungen sich zu entspannen oder ruhig zu atmen. Das Gleiche gilt für das Vervollständigen der Sätze für die stotternde Person. Dies bezeichnet Daniela Dicks als „Unart menschlichen Verhaltens“, da der stotternden Person dadurch die Handlungsfähigkeit genommen und sie bevormundet wird.
Von der Gesellschaft wünscht sie sich, dass sich von Klassifikations- und Ordnungssystemen abgewendet wird. Es soll nicht mehr vom vermeintlich „Normalem“ ausgegangen werden und mit Hilfe von Ordnungssystemen das „Andere“ festgelegt werden. Sie sagt, dass Stotternde genau wie andere, die von der Norm abweichen, nicht als etwas Besonderes behandelt werden wollen.
Dieser Wunsch der Autorin an die Gesamtgesellschaft, dass Behinderungen nicht als Besonderheit gesehen werden sollen, stimmt genau mit dem Ziel des Projekts „Die Neue Norm“ überein. Das Online-Magazin stellt gesellschaftspolitische Mechanismen in Frage und möchte die Normen unserer Gesellschaft aufbrechen. Dabei wird besonders versucht, das Thema Behinderungen mitten in die Gesellschaft zu holen.
Wenn Euch das Projekt oder der Artikel näher interessiert, könnt Ihr unter dem folgenden Link den Artikel von Daniela Dicks finden und Euch durch die verschiedenen Beiträge und Podcastfolgen des Online-Magazins klicken: