Inklusives Schulsetting, und was dann?

Welche Schwierigkeiten bringt der Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung mit sich?

Der Gedanke der Inklusion ist besonders in den Schulformen schon weit fortgeschritten und wird besonders im Primarbereich zumeist auch schon umgesetzt. Ziel ist es, alle Schüler und Schülerinnen, ob mit oder ohne Förderbedarf, zusammen zu unterrichten, um jedem die Chance zu geben, gemeinsam zu lernen. Von der Exklusion an Förderschulen soll Abstand genommen werden, sagt die UN-Behindertenrechtskonvention (vgl.https://www.behindertenbeauftragte.de/SharedDocs/Publikationen/UN_Konvention_deutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=2).

Aber was passiert nach der Schule? Ist der Arbeitsmarkt ebenfalls so inklusiv, wie das Schulkonzept?

Antonia Lipke (Von Studierenden für Studierende)

Viele Arbeitgeber*innen neigen aufgrund von mangelnder Erfahrung zu Unsicherheit, wenn es um Menschen mit einer Behinderung geht und die Angst mitschwingt, dass diese Personen mehr Umstände als Profit mit sich bringen. Das Arbeitsamt verweist stattdessen meistens auf stationäre Einrichtungen mit verbundenen Werkstätten für Menschen mit Behinderung (vgl. https://www.faz.net/aktuell/inklusion-schule-gemeinsam-arbeitsmarkt-getrennt-17348892.html).  

Diese Erfahrung hat auch Dennis Winkens gemacht. Dennis Winkens hatte mit 17 Jahren einen schweren Unfall mit seinem Mountainbike und ist seitdem vom Hals abwärts gelähmt. Er gilt als schwerbehindert. Durch sein junges Alter konnte er nach eigenen Aussagen sein Fachabitur ohne Probleme ablegen. Problematisch war jedoch der anschließende Übergang in die Arbeitswelt. Die Idee einen Job im Büro auszuüben, stand bereits vor seinem Unfall fest. Seinen Rollstuhl, an den er seit seinem Unfall gebunden ist, empfand er daher als nicht weiter problematisch. Das Arbeitsamt hatte jedoch Bedenken und legte Dennis ein Berufsbildungswerk ans Herz, welches, verbunden mit einer stationären Einrichtung, extra für Menschen mit Behinderung vorgesehen war. Erst als er darauf bestand, eigenständig leben und arbeiten zu wollen, durfte er einen psychologischen Test machen, um seine Eignung überprüfen zu lassen. Da er ein positives Ergebnis erzielte, durfte er schließlich einen Job im kaufmännischen Bereich beginnen und arbeitet heute als Online-Redakteur und Produktspezialist in einem Unternehmen (vgl. https://www.faz.net/aktuell/inklusion-schule-gemeinsam-arbeitsmarkt-getrennt-17348892.html).

Diese Hürden erschweren den meisten Schulabgänger*innen mit Handicap den Einstieg in die Arbeitswelt. Jene Hürden betreffen aber nicht nur die Schulabgänger*innen. Grundsätzlich werden Menschen mit Behinderung über die Bundesagentur für Arbeit ausgestattet und vergütet, um einen Anreiz für die Arbeitgeber*innen zu schaffen, Personen mit Schwerbehinderung einzustellen. Eine Festlegung, welche Menschen mit Behinderung unterstützen soll, jedoch nicht dazu führt, dass sie die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Das Problem, dass Menschen mit Behinderung in vielen Jobs nicht angenommen werden, führt laut der Aktion Mensch zu einer hohen Arbeitslosenquote von Seiten der Menschen mit Handicap. Diese wird außerdem noch verstärkt, da Menschen mit Behinderung Schwierigkeiten haben nach Verlust ihres Beschäftigungsverhältnisses ein neues zu finden (vgl. https://www.aktion-mensch.de/inklusion/arbeit/zahlen-daten-fakten).  

Laut Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes, war seit 2013 jedoch ein Aufschwung zu sehen, in dem die Rate der arbeitslosen Menschen mit Behinderungen gesunken ist. Folgendes Zitat von ihm zeigt jedoch auch, wie schnell ein solcher Fortschritt durch konjunkturelle Einbrüche zunichte gemacht werden kann: „Doch die rasant negative Entwicklung in diesem Jahr macht in kürzester Zeit die Erfolge der letzten vier Jahre zunichte. Allein von März bis April erhöhte sich die Zahl arbeitsloser Menschen mit Schwerbehinderung um mehr als 10.000“ (https://www.aktion-mensch.de/inklusion/arbeit/zahlen-daten-fakten). Die Gesellschaft steht erneut vor dem Problem, dass Menschen mit Behinderung Schwierigkeiten haben nach Entlassung wieder eine neue Anstellung zu bekommen (vgl. https://www.aktion-mensch.de/inklusion/arbeit/zahlen-daten-fakten).

Was also muss getan werden, um den Menschen mit Behinderung einen leichteren Zugang in die Arbeitswelt zu ermöglichen, sodass solche Tiefpunkte erst gar nicht entstehen können? Seit 2009, mit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention, ist der Artikel 27 zur Arbeit und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung festgelegt. Dieser fokussiert, dass diese Menschen integrativ in den Arbeitsmarkt aufgenommen werden und eine Chancengleichheit entsteht. Hierfür ist es jedoch notwendig, dass eine Barrierefreiheit an den Arbeitsorten besteht und alle notwendigen Vorkehrungen getroffen werden, um Benachteiligungen zu vermeiden. Andererseits müssen sich die Menschen ohne Handicap ebenfalls mit dem Thema Inklusion auseinandersetzen und diese unterstützen, um entgegen der Diskriminierung und Exklusion zu wirken (vgl. https://www.behindertenbeauftragte.de/SharedDocs/Publikationen/UN_Konvention_deutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=2).  

All diese Aspekte, ob extern oder intern, bringen viel Aufwand mit sich und benötigen Zeit. Genau aus diesen Gründen sind besonders Menschen ohne Handicap aufgefordert sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und ihm Raum zu geben, sodass sich mehr Menschen für die Weiterentwicklung einsetzen und Inklusion in Zukunft, auch am Arbeitsmarkt, als normal angesehen wird.

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