Autismusfreundliche Supermärkte: Das Pilotprojekt „Stille Stunde“

Ein Einkauf im Supermarkt stellt für den Großteil der Menschen kein Hindernis dar, denn diese sind für die meisten Menschen ein alltäglicher Ort, an dem sie ihre Einkäufe erledigen können. Allerdings sind Besuche in herkömmlichen Supermärkten für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung mit großen Herausforderungen verbunden. Diesen Menschen fällt es schwer, Reize aus ihrer Umwelt auszublenden, sodass Reize wie Lautsprecherdurchsagen, grelle Neonlichter, Musik oder das „ununterbrochene Gedudel“ ungefiltert auf sie zuströmen. Durch diese Reizüberflutung wird ihre Konzentration auf das Einkaufen stark negativ beeinflusst.

Armina Kazic (Von Studierenden für Studierende)

Die Supermarktkette „Spar“ hat sich dazu entschlossen, sich verstärkt auf die Bedürfnisse von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung einzustellen. Das Ziel dabei sei, allen Menschen angenehmere Einkaufserlebnisse zu ermöglichen. Um die Reizüberflutungen zu minimieren, haben sie unterschiedliche Maßnahmen entwickelt und diese in einigen ihrer „Spar“ Filialen in der Schweiz umgesetzt. Zu den ergriffenen Maßnahmen zählen: keine Lautsprecherdurchsagen, keine Musik, gedimmte Lichter, Warnwesten für Angestellte, Hilfshunde sind erlaubt und ein Plan, der die Temperaturunterschiede auf der gesamten Ladenfläche anzeigt. Diese Maßnahmen werden jeweils an zwei Tagen in der Woche für ca. 2 bis 2 ½ Stunden ergriffen und nennen sich „Stille Stunde“ (https://utopia.de/news/stille-stunde-im-supermarkt-auch-fur-nicht-autistische-menschen-eine-gute-idee/). Zu diesen Stillen Stunden dürfen auch weiterhin alle anderen Kund:innen einkaufen gehen.

Diese Idee ist dem Verein „Autismus deutsche Schweiz“ (ads) zu verdanken, der dieses Pilotprojekt gründetet. Erstmals wurde das Konzept der „Stillen Stunde“ in einem neuseeländischen Supermarkt eingeführt. Der Ursprung dieses Konzeptes liegt allerdings bei einer Angestellten, deren autistischer Sohn wiederholte Male beim Einkaufen schrie.

Das Pilotprojekt bekommt in den sozialen Medien viel Zuspruch und Anerkennung. Viele User äußerten den Wunsch, „Stille Stunden“ flächendeckend auszuweiten.

Dagegen sieht die Resonanz in deutschen Supermärkten eher fade aus. Viele Geschäftsführer:innen unterschiedlicher deutscher Supermärkte reagieren zurückhaltend wie Rewe: „Wir haben großes Verständnis für Kunden und Mitarbeiter, die es gern etwas leiser haben. Daher kann in jedem Markt die Lautstärke der Musik individuell geregelt werden“. Besonders irritierend ist die diskrete Haltung des Discounters Lidl in Deutschland: „Aktuell plant Lidl in Deutschland keine Einkaufszeiten einzuführen, in denen die Filialgestaltung speziell auf die Anforderungen von Menschen mit Autismus angepasst ist“, denn in Irland bietet Lidl schon längst „Stille Stunde“ an (https://www.echo24.de/leben/verbraucher/spar-markt-esslingen-schweiz-stille-stunde-laden-autismus-einkauf-reize-musik-licht-assistenzhund-zr-91143957.html).

Die Supermärkte mit „Stillen Stunden“ sind ein hervorragendes Zeichen der Akzeptanz und des immer mehr wachsenden Bewusstseins für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung in der Gesellschaft. Auch die positive Resonanz in den sozialen Medien spiegelt dies wider. Es bleibt nun zu hoffen, dass die Einführung von Supermärkten dieser Art auch in Deutschland eingeführt werden, sodass alle Menschen entsprechend ihrer Bedürfnisse einkaufen gehen können.