„Schau da nicht hin!“ – tadelnde Bemerkungen wie diese sind allgegenwärtig, wenn Eltern ihre Kinder aufgrund neugieriger Blicke auf einen sichtbar von einer Behinderung betroffenen Menschen ohne Weiteres beiseitenehmen. Das Interesse für das Leben dieser Menschen wird in einigen Teilen der Gesellschaft nach wie vor als unangemessen bewertet. Bemühungen in Form von „Tage der offenen Tür“ oder auch der Ausbau von Barrierefreiheit im Straßenverkehr führen nicht per se zu einem offenen und unverkrampften Austausch zwischen Menschen mit und ohne Behinderung. Medien stellen dabei für viele Nicht-Betroffene oftmals das einzige Fenster zum Unbekannten dar. Welches Bild von Menschen mit Behinderung überhaupt in den Medien dominiert, warum darüber gesprochen werden muss und erste Handlungsperspektiven erfahrt Ihr hier: (https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/27790/zum-bild-behinderter-menschen-in-den-medien/)
Vanessa Derksen (Von Studierenden für Studierende)
Wirft man einen Blick auf das derzeitige Medienangebot, ist das Bild von Menschen mit Behinderungen von sprachlichen und inhaltlichen Diskriminierungen geprägt. Ein Beispiel für sprachliche Entstellung ist die vermeintlich fortschrittliche Forderung nach „Integration in die Gesellschaft“. Damit wird indirekt impliziert, dass Menschen mit und ohne Behinderung zwei entgegengesetzte Gruppen sind, die es zusammenzuführen gilt. Eben dies ist jedoch nicht der Fall. Menschen mit einer Behinderung sind von Anfang an als ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu verstehen. Problematisch sind derartige Ausdrucksweisen gerade deshalb, weil sie das menschliche Denken und Verständnis von Wirklichkeit beeinflussen, welches im schlimmsten Fall zur Entwicklung von Klischees und Vorurteilen führt (https://www.pedocs.de/volltexte/2012/5251/pdf/SpektrumFreizeit_2006_2_Radtke_Das_Bild_behinderter_Menschen_D_A.pdf). Auch im Rundfunk lassen sich zahlreiche Beispiele für inhaltliche Diskriminierungen finden. Stellvertretend ist hierfür der von vielen Aktivist:innen der Behinderten-Community als „Disability Death Porn“ bezeichnete Film „Ein ganzes halbes Jahr“. Im Vordergrund steht die Geschichte von Will Traynor, der nach einem Unfall querschnittsgelähmt ist und sich am Ende für die Sterbehilfe entscheidet. Behinderung wird in diesem Sinne als Schlimmer als der Tod dargestellt, was der Lebensrealität vieler Betroffener ganz klar widerspricht (https://www.deutschlandfunkkultur.de/kritik-an-film-ein-ganzes-halbes-jahr-gefuehlvolles-drama-100.html).
Wie kann gegen die destruktive Darstellung von Behinderung vorgegangen werden?
Zentral für die Annäherung von Menschen mit und ohne Behinderung ist die Schaffung eines positiven Gegenkonzepts, bei dem das Leben mit einer Behinderung nicht als „trotz allem“ dargestellt ist. Ansätze hierzu leistet der Podcast Die Neue Norm. Das Thema Behinderung wird hier unter einem neuen Blickwinkel betrachtet: ´Raus aus der Charity- und Wohlfahrtsecke, rein in […] die Mitte der Gesellschaft` (https://www.fr.de/zukunft/storys/medien/menschen-mit-behinderung-medien-bloss-kein-mitleid-die-neue-norm-90058823.html). Interessierte finden den Podcast unter der Website des Bayrischen Rundfunks (https://www.br.de/mediathek/podcast/die-neue-norm/827). Gehör finden sollen Menschen mit Behinderung auch, indem ihnen Zugang zu einschlägigen Berufen z.B. als Journalist:in verschafft wird. Dass so etwas funktionieren kann, zeigt die Disability Unit des britischen Nachrichtensenders BBC (https://disabilitypartnershipcalderdale.org/2021/07/05/bbc-appoints-new-disability-team/).
Weiterführende Informationen über das Bild von Menschen mit Behinderungen in den Medien findet Ihr auch im Angebot digitale Gesellschaft im Blickpunkt, bereitgestellt durch das Grimme-Institut: https://imblickpunkt.grimme-institut.de/das-bild-von-menschen-mit-behinderungen-in-den-medien/.