Durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahre 2009 hat sich Deutschland dazu verpflichtet ein inklusives Schulsystem zu entwickeln und umzusetzen. Der Unterricht an Regelschulen wurde infolgedessen zu einem inklusiven Unterricht umstrukturiert. Die Förderschulen stehen im völligen Kontrast zu diesem Ansatz, doch immer noch entscheiden sich Eltern bewusst dafür ihr Kind an einer Förderschule anzumelden. Die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung hat dies bereits im Jahr 2014 untersucht und 304 Familien befragt, die ein Kind mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf haben, um herauszufinden, aus welchen Beweggründen sich Familien gegen oder für eine inklusive weiterführende Schule entscheiden (vgl. https://www.kas.de/documents/252038/253252/7_dokument_dok_pdf_42672_1.pdf/7ce54eeb-8a82-1a60-963c-76a9558a323c?version=1.0&t=1539651930572).
Julietta Freier (Von Studierenden für Studierende)
Die Studie wurde durch standardisierte Fragebögen und Tiefeninterviews durchgeführt. Durch diese Fragebögen wurde deutlich, dass für die absolute Mehrheit der Eltern der Begriff gemeinsames Lernen kein fremder Begriff ist. Im Gegenteil: viele Eltern sehen das gemeinsame Lernen als einen Vorteil. Sie erhoffen sich dadurch eine geringere gesellschaftliche Ausgrenzung ihres Kindes, mehr Freund:innen, eine bessere Lernleistung und individuelle Förderpläne. Das gemeinsame Lernen wird als positiv bewertet, dennoch spielt der Behinderungsgrad des Kindes eine erhebliche Rolle beim Bewerten des gemeinsamen Lernens. Denn desto gravierender die körperliche und/oder geistige Behinderung des Kindes ist, desto weniger Eltern glauben, dass sich gemeinsames Lernen umsetzten lässt. Dabei denken die Eltern an verschiedene Faktoren. Zum einen wissen die Eltern, dass ihr Kind andere Hilfen und Aufmerksamkeiten braucht und möchten deswegen nicht, dass die Kinder ohne sonderpädagogischem Förderbedarf ihr Kind als Belastung ansehen, aber auch das die Lehrer:innen durch fehlende Ausbildungen überfordert sind. Zum anderen versuchen sich die Eltern in ihr Kind hinein zu versetzten und glauben, dass sich ihr Kind nicht wohlfühlen wird, da die anderen Kinder sie/ihn nicht verstehen werden.
Im Laufe des Entscheidungsprozesses auf welche weiterführende Schule ihr Kind später gehen wird, können Eltern das Angebot der Tag der offenen Tür an Schulen nutzen, um sich ein besseres Bild von der Schule machen zu können. Dabei berichten Eltern, dass sie sich häufig allein gestellt und überfordert gefühlt haben, da oft der Elternwille nicht an den Schulen akzeptiert wurde. Wenn sich Eltern für eine Förderschule entschieden haben, standen sie oft vor dem Problem, dass entweder keine Förderschule in ihrer Nähe ist, die Förderschule in ihrer Nähe geschlossen wurde oder die Förderschule schon voll war.
Eltern, die ein Kind haben, welches einen sonderpädagogischen Förderbedarf hat, stehen vor einer schweren Entscheidung, wenn sie ihr Kind an einer weiterführenden Schule anmelden müssen. Trotzdem sind überwiegend alle Eltern mit ihrer Schulwahl zufrieden. Bei den Kindern, die an einer Förderschule angemeldet sind, sind die Eltern zu 74% mit ihrer Entscheidung zufrieden. Bei Kindern an inklusiven Regelschulen sind es sogar 95%.
Im Jahr 2020 wurde das Schulwesen in Nordrhein-Westfalen aus quantitativer Sicht vom Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen veröffentlich. Durch diese statistische Übersicht wird deutlich, dass Kinder mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf fast immer nach ihrer Grundschulzeit an eine Förderschule wechseln (vgl. https://www.schulministerium.nrw/system/files/media/document/file/quantita_2019.pdf).
Durch die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung wird deutlich, dass Eltern bei der Schulanmeldung vor einer schweren Entscheidung stehen und bei ihrer Entscheidung viele Faktoren mitberücksichtigen. Auch wenn sie zufrieden mit ihrer Entscheidung der Schulwahl sind, wird deutlich, dass immer noch viele Kinder mit einem sonderpädagogischen Förderungsbedarf an einer Förderschule unterrichtet werden.