Seit Ende der Schulschließungen – Schüler*innen schwänzen vermehrt den Unterricht

Seit der Coronapandemie sind die Menschen gezwungen sich immer wieder auf massive Einschränkungen einzustellen: Schließungen von Bildungseinrichtungen, Homeschooling, menschenleere Städte, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen und immer wieder aktualisierte Corona-Schutzverordnungen, an welche sich die Bürger*innen halten mussten und immer noch müssen.

Die Schließungen der Schulen und das damit einhergehende Homeschooling hat im Nachhinein, laut einer Umfrage der ZEIT in Kooperation mit der Robert Bosch Stiftung, Auswirkungen auf schulvermeidendes Verhalten von Kindern und Jugendlichen (https://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2021-11/schulvermeidung-corona-kinder-jugendliche-psychologie-johannes-hebebrand-martin-knollmann?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F).

Ein Viertel der befragten Lehrer*innen haben in der Umfrage angegeben, dass sie ein vermehrtes schulvermeidendes Verhalten beobachten.

Bist Du neugierig geworden? Dann lies weiter und erfahre die Meinungen zweier Experten zu diesem Thema.

Marie Dreier (Von Studierenden für Studierende)

In einem Interview mit Johannes Hebebrand, Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters in Essen und Gründer der Schulvermeiderambulanz, und Martin Knollmann, Leiter der Schulvermeidungsambulanz, wird diese Auffälligkeit diskutiert (https://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2021-11/schulvermeidung-corona-kinder-jugendliche-psychologie-johannes-hebebrand-martin-knollmann?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F). Beide Experten zeigen sich wenig überrascht. Andere Länder seien in der Pandemie deutlich früher auf das Ende der Schulschließungen eingegangen, so dass Informationen und Empfehlungen bereits vor der Wiedereröffnung an die Erziehungsberechtigten und Lehrkräfte rausgegeben wurden. Auch die Folgen der Pandemie auf Schulvermeider*innen seien in anderen Ländern besser erforscht worden. Kritisiert wird der Umgang dieses Themas in Deutschland, da hier wenig Bemühungen erkennbar gewesen seien. In diesem Zuge wird auch die mangelnde Fortbildung der Lehrer*innen bezogen auf das Thema Schulabsentismus kritisiert. Im Interview wird deutlich, dass Lehrkräfte dem schulvermeidenden Verhalten oftmals hilflos gegenüberstehen.

Aber was genau sind die Gründe dafür, dass gerade seit dem Ende der Schulschließungen die Schülerinnen und Schüler vermehrt dem Unterricht fernbleiben?

Im Interview wird angedeutet, dass das Ausbleiben des Präsenzunterrichts dazu führte, dass die regelmäßige Teilnahme am Unterricht unterbrochen wurde. Schüler*innen, welche mit Schulangst zu kämpfen haben, sind aber auf diese regelmäßigen Schulbesuche angewiesen, damit die Ängste nach und nach abgebaut werden können. Durch die Pandemie war es ihnen jedoch lange Zeit nicht möglich die Schule zu besuchen, so dass „die Angst wieder da [war], als der Präsenzunterricht wieder losging“, so Experte Knollmann. Zudem wird erläutert, dass die Kinder und Jugendlichen unter den Folgen der Pandemie leiden und der Fokus im Unterricht nicht nur auf die Leistungen gelegt werden sollte, sondern auch auf das Klassengemeinschaftsgefühl und das Klassenklima. Experte Hebebrand ist der Meinung, dass Druck abgebaut werden solle und die Schule sowie der Unterricht mehr auf die Situation der Kinder und Jugendliche eingehen solle. Durch die frühzeitige Erkennung von Auffälligkeiten und durch rechtzeitiges Handeln im multiprofessionellen Team ließe sich „manch schwerer Fall von Schulvermeidung“ verhindern, so Hebebrand.

Dieser Beitrag verdeutlicht, dass die Schule zu wenig auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen abgestimmt ist. Es müsse eine bessere Zusammenarbeit zwischen Schule, Elternhaus, Jugendhilfe, Mediziner*innen sowie Psychotherapeut*innen stattfinden, damit frühzeitig auf Schüler*innen eingegangen werden kann, welche schulmeidendes Verhalten zeigen.

Meiner Meinung nach ist das verstärkte Fernbleiben der Schüler*innen wieder einmal ein Beleg dafür, dass Deutschland den Fokus lieber auf die schulischen Leistungen legt, anstatt erst einmal darauf zu achten, wie es den Kindern und Jugendlichen geht. Die Unfähigkeit optimal auf die Bedürfnisse der Schüler*innen einzugehen, spiegelt sich auch in dem Verhalten der Kinder und Jugendlichen wider, welche der Schule fernbleiben.

Deutschland hat auch bei dieser Thematik wieder einmal gezeigt: Leistung ist die oberste Priorität; alles andere wird hintenangestellt. Hierzu findet Ihr einen interessanten Beitrag, der das Vorgehen der deutschen Schulen während der Pandemie ebenfalls kritisch hinterfragt: https://www.hessenschau.de/gesellschaft/jugendliche-im-corona-stress-schulen-muessen-mehr-wert-auf-soziales-miteinander-als-auf-lernstoff-legen,corona-schulen-104.html.