Wenn Essen Angst macht …

Isabelle ist 24 Jahre alt, Norah gerade einmal 16 Monate. Obwohl sich die zwei Mädchen nicht kennen, verbindet sie eine Sache: Sie beide leiden an einer Essstörung! Das Sat1 Fernsehteam von ‚Akte Spezial‘ begleitete die Mädchen über einen gewissen Zeitraum, um einen Einblick in ein Leben mit solch einer Störung zu gewinnen (https://www.sat1.de/tv/akte/sendungen/akte-spezial-wenn-essen-angst-macht).

Alina Vitek (Von Studierenden für Studierende)

Norah ist 16 Monate alt und hatte bereits drei Krankenhausaufenthalte – sie wurde mit einer frühkindlichen Essstörung diagnostiziert. Ihre Mutter berichtet, dass für Norah essen eine Qual ist, sie dreht beim Essen häufig den Kopf weg und erbricht manchmal sogar. An einem Tag isst sie nicht mehr als ein Stück Käse, zwei Kekse und ein bis zwei Bissen eines Apfels und wiegt bereits 3 kg weniger als ihr Zwillingsbruder. Norah kam bereits in der 32. Schwangerschaftswoche auf die Welt und musste über eine Magensonde ernährt werden. Ärzt*innen sehen hier den Ursprung ihrer Essstörung und vermuten, dass Norah Essen mit Schmerzen verbindet und für sie einen erheblichen Druck bedeutet. Ihre Eltern suchen die Schuld bei sich und berichten, dass sich das gestörte Essverhalten ihrer Tochter für sie wie Versagen anfühlt. Damit Norah das Essen lernt, nehmen die Eltern mit ihrer Tochter an der Esslernambulanz in Graz teil, die vor allem mit der Therapiemaßnahme „Play with Food“ erreichen möchte, dass die Kinder Freude am Essen neu lernen und negative Erfahrungen durchbrochen werden können. Das Team von ‚Akte Spezial‘ besucht die Familie nach einiger Zeit wieder und die Mutter berichtet, dass Norah seit der Therapie mehr und eine größere Auswahl isst – mit 21 Monaten ist das Essen für Norah keine Qual mehr.

Auch die 24 Jahre alte Isabelle hat große Probleme mit dem Essen. Seit zehn Jahren leidet sie an Anorexia Nervosa, auch bekannt als Magersucht. Teilweise wog sie weniger als 40 kg bei einer Körpergröße von 1,73 m – ein gesundes Gewicht liegt bei dieser Körpergröße jedoch bei 57 kg. Isabelle erzählt davon, dass sie an einer Wahrnehmungsstörung leidet und das Gespür für ihren Körper verloren hat, weshalb sie sich noch immer viel zu dick fühlt. Sogar das Trinken ist deshalb für sie eine Qual, da sich bei ihr dadurch ein Völle- und Schweregefühl entwickelt. Obwohl Isabelle bereits zwei stationäre Klinikaufenthalte hatte und ambulante Therapien besuchte, ist sie noch immer in der Magersucht gefangen. Um mit ihrer Krankheit besser umgehen zu können, führt sie einen sogenannten „Recovery Account“ auf Instagram. Hier gibt sie Tipps und hofft auf Unterstützung und Ratschläge anderer Betroffener und möchte andere ermutigen, dass man nicht allein ist und sich gegenseitig helfen kann. Isabelle möchte außerdem erneut an einer stationären Therapie teilnehmen, um irgendwann den Kampf gegen die Essstörung zu gewinnen.

3 bis 5% aller Deutschen leiden an einer Essstörung, wobei die Dunkelziffer viel höher ist, da man den Betroffenen eine Essstörung häufig nicht ansieht. Essstörungen sind jedoch mit vielen Gefahren verbunden, wie beispielsweise Herz-Rhythmusstörungen, Unfruchtbarkeit oder auch Organversagen. Außerdem begehen circa 18% aller Magersüchtigen Selbstmord, da der lange Versuch, aus der Essstörung herauszukommen für viele mit einem ewigen Scheitern verbunden ist. Wieder normal essen zu können und der Weg, Bissen für Bissen zurück in ein normales Leben, in dem Essen keine Angst mehr macht, ist ein langjähriger Prozess und benötigt unbedingt professionelle Unterstützung. Betroffene sollten sich dazu ermutigen, mit ihren Familien, Freunden und Ärzt*innen zu sprechen und angebotene Hilfe anzunehmen.

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