Pretty PRRITTI – Besuch der Peter-Gläsel-Schule in Detmold

Das Foto zeigt die Studierendengruppe des Masterseminars "Inklusion und Schulentwicklung" des Studiengangs Sondeerpäadagogische Förderung der Universität Paderborn mit Professor Harry Kullmann
Exkursion zur Peter-Gläsel-Schule: Studierende des Masterseminars „Inklusion und Schulentwicklung“ mit Professor Harry Kullmann (rechts im Bild)

Schülerpartizipation und Lernerautonomie, Kulturelle Bildung und Bildung zur Nachhaltigkeit, das sind nur wenige zentrale Stichworte zur Beschreibung des Bildungskonzepts der Peter-Gläsel-Schule in Detmold. Die Schule sieht sich nicht als „Alternativschule“, sondern vielmehr als „Bildungsmodell der Zukunft“, so Joseph Köhler, einer der Gründerväter der Schule, die von der Peter-Gläsel-Stiftung (ebenfalls Detmold) getragen wird.

Die Schule bietet den Schülerinnen und Schüler u.a. sehr große Freiheitsgrade in Bezug auf Lerninhalte und -zeitpunkte sowie die zugehörige Sozialform. In den didaktischen Kernprozessen setzt sie sehr stark auf angeleitete Selbstverantwortung, auf Kooperation der Lernenden und ihrer Lernbegleiter, auf Spontaneität und intrinsische Motivation. Am Anfang des Bildungsprozesses steht die erlebende Praxis, aus der sich dann weiterführende Fragen und Lernanlässe sowie schließlich Elemente der Transformation und der Innovationen zugunsten des Einzelnen und der Gemeinschaft ergeben. Das zugehörige, elaboriertere Bildungskonzept wurde in das Akronym PRRITTI gegossen: Praxis – Resonanz – Reflexion – Information – Transformation – Transfer – Innovation.

Besucht wurde die Peter-Gläsel-Schule Mitte Januar von 19 Studierenden des Masterseminars „Inklusion und Schulentwicklung“ (WS 2019/2020) auf Initiative des Dozenten Professor Harry Kullmann (s. Foto) sowie auf Einladung des Schulleiters, Reto Friedli.

Die erst vor vier Jahren gegründete Grundschule erfüllt ihren Anspruch auf die Realisierung von „Bildungskunst“ (Köhler) auch durch die Integration verschiedener Elemente künstlerischen Schaffens – vom Theaterstück über plastische Kunst bis zum selbstgedrehten Film –, wobei die Angebote so oft wie möglich von „echten Künstlern“ geleitet werden. Überhaupt gibt es eine große Bandbreite der Qualifikationen der Lernbegleiter, was vielfältige Erfahrungen in die Bildungsarbeit einfließen lässt. Ralph Passmann etwa, der ebenfalls die Paderborner Studierendengruppe empfangen hat und sehr anschaulich aus dem Alltag berichten konnte, war früher im Management in der freien Wirtschaft tätig. Neben Lehrkräften sind auch Erzieherinnen und Erzieher sowie Integrationshelferinnen und -helfer an der Schule gleichberechtigt als Lernbegleiterinnen und -begleiter tätig.
Die Schule ist im gebundenen Ganztag organisiert, verzichtet bis zum Ende der vierten Klasse auf Noten und zieht bald vom jetzigen Standort in ein eigens gebautes Bildungsdorf um. Beantragt und geplant ist zudem, die Schule bis zum Ende der Sekundarstufe I aufwachsen zu lassen.

Die Seminargruppe hat einen Einblick in den Unterricht im Rahmen einer Führung durch Schülerguides aus dem dritten und vierten Schuljahr erhalten können. Die Studierenden zeigten sich einerseits von der geschulten Präsentation und den detaillierten Erläuterungen der Guides sehr beeindruckt. Andererseits waren die Schülerinnen und Schüler der besuchten Lerngruppen sehr offen, erzählten bereitwillig und auch selbstkritisch von ihren aktuellen Lernprojekten, ließen sich aber auch nicht groß ablenken. Manche arbeiteten gerade an Selbstlernmaterialien der Mathematik, andere freuten sich über ihre wöchentliche Zeit am Tablet, an dem sie gerade Texte schrieben und wieder andere fragten sich die Baderegeln für den bevorstehenden Schwimmbadbesuch ab. 

In der gemeinsamen Reflexion über den Besuch stellten die Studierenden u.a. fest, dass die Schule viele sehr gute Ansätze für eine wünschenswerte Bildung in Bezug auf zukunftsorientierte Kompetenzen aufweist. Dies gilt vor allem in Bezug auf das selbstorganisierte Lernen und die vielfältigen Kompetenzen, die sich bei der Vorstellung und dem Rundgang bereits abzeichneten. Es wurde jedoch ebenfalls deutlich, dass sich die Schule noch im Aufbau befindet und eine sehr dynamische Entwicklung durchläuft. In Bezug auf das inklusive Lernen wurde die Frage gestellt, ob die große Dynamik der sozialen Interaktion und der sehr freie Zugang zu den Lernprozessen für Schülerinnen und Schüler im Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung oder Lernen nicht auch von Nachteil sein kann bzw. wie sich in solchen Strukturen die Notwendigkeiten für Pull-out-Situationen vermeiden und kooperative Lernsituationen zuverlässig schaffen lassen. 

Selbstkritisch wurde angemerkt, dass „wir ja alle noch zu sehr im alten System denken“ und es wurde als positiv eingeschätzt, dass hier „ein radikal anderer Weg mit viel Engagement ausprobiert“ wird.

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