Über subversive Formen der Behindertenfeindlichkeit und Diskriminierung: Ableismus

Aus aktuellem Anlass gegen die Anfeindungen der ‚Fridays for Future‘ Aktivistin Greta Thunberg hat die Sektion Sonderpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) auf ihrer Homepage eine Stellungnahme formuliert: „Greta Thunberg als bewundernswerte Kranke – Ein kritischer Essay von Kathrin Kreuznacht, Leibniz Universität Hannover“.

Thunberg ist als Initiatorin der Bewegung Projektionsfläche sowohl positiv erhöhter, als auch negativ diffamierender Beschreibungen. So ist sie nach Aussagen des CDU Politikers Friedrich Merz auf der einen Seite bewundernswert, auf der anderen Seite krank (vgl. Schmitz, Hufnagel 2019, 1). Die Verklärung von Heldentum ebenso wie einer eindeutigen Krankschreibung sind dabei klassische Muster einer Behindertenfeindlichkeit (vgl. Rommelspacher, Birgit: Behindertenfeindlichkeit, 1999) und als Ausdruck einer Dominanzkultur zu verstehen (vgl. Rommelspacher, Birgit: Dominanzkultur 2006), die den Menschen auf spezifische Fähigkeiten (oder die Abwesenheit von eben diesen) reduziert. Ableismus trifft hier Menschen mit und ohne Behinderung, die ver- und beurteilt werden und die sich als Ausdruck einer machtförmigen Ordnung, die Gesellschaft organisiert, spiegelt (Lindmeier, Christian: Differenz, Inklusion, Nicht/Behinderung 2018, 57; ergänzend Foucault, Michel: Dispositive der Macht 2008). Eine Verschärfung findet diese Diskriminierung und Diffamierung in der Verwebung von Differenzkategorien aus Behinderung, Geschlecht und Alter. „Wenn Michael Knowles Greta Thunberg im US-TV-Sender Fox News dann als „geisteskrankes schwedisches Kind, das von ihren Eltern und der internationalen Linken ausgenutzt wird“ bezeichnet (Dillmann 2019), wird deutlich, dass neben Behinderung (=“geisteskrank“), Geschlecht (Frauen und Mädchen, die sich für die Sache engagieren, tun das nicht für sich, sondern werden von anderen ausgenutzt) auch Alter eine zentrale Rolle in den Hassreden einnimmt“ (Kreuznacht 2019), wie auch an der Aussage des sächsischen Europaabgeordneten für die AfD, Maximilian Krah zu erkennen ist, wenn er twittert: Das arme Kind braucht einen Psychotherapeuten.

Die Sektion Sonderpädagogik der DGfE erklärt in ihrer Stellungnahme ausdrücklich: „In Zeiten des Wandels gilt es, sich zu positionieren. Offene Diskriminierung auf Grund von Geschlecht und Alter ist 2019 inakzeptabel. Für die Disziplin der Sonderpädagogik, die sich in Zeiten des Wandels auch selbst von einer konstitutiven Defizitorientierung zu einer diversitätsbewussteren Pädagogik der Partizipation und Inklusion entwickelt, gilt es insbesondere einer machtsichernden Pathologisierung von Greta Thunberg, die sich selbst als Asperger-Autistin bezeichnet (2019b), entgegenzustehen“ (Kreuznacht 2019).

Die gesamte Stellungnahme findet Ihr unter: https://www.dgfe.de/sektionen-kommissionen-ag/sektion-6-sonderpaedagogik/aktuelles.html

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