Der Fall der getöteten Luise aus Freudenberg – Wie wird in Deutschland mit minderjährigen, strafunmündigen Täter:innen krimineller Gewalt umgegangen?

Am 11.03.2023 wurde das 12-jährige Mädchen Luise in Freudenberg bei der Polizei als vermisst gemeldet, nachdem sie am Abend des gleichen Tages von ihrem Heimweg nicht wieder zuhause eingetroffen war. Nach intensiver Suche durch Beamt:innen der Polizei, wurde der Leichnam des Mädchens am Sonntagmittag gefunden. Im Anschluss begann die Polizei mit den Ermittlungen (vgl. https://www.tagesschau.de/inland/regional/nordrheinwestfalen/wdr-story-54583.html). Der Fall lässt viele Fragen offen.

Paula Volmer (Von Studierenden für Studierende)

Zwei Tage nach Aufnahme der Untersuchungen gaben die Ermittler:innen erste Ergebnisse bekannt. Luise sei mutmaßlich von zwei Mädchen aus ihrem Bekanntenkreis im Alter von 12 und 13 Jahren getötet worden. Die Mädchen hatten die Tat nach erneuter Befragung gestanden, nachdem immer mehr Widersprüche aus ihren Aussagen hervorgingen. Da in Deutschland Täter:innen, die zum Tatzeitpunkt jünger als 14 Jahre sind, als strafunmündig gelten, wird es für die mutmaßlichen Täterinnen keine strafrechtlichen Folgen geben. Der Fall ist seit seinem Bekanntwerden in den Medien präsent und viele Menschen beschäftigt die Tat, insbesondere in Hinblick auf die Konsequenzen für die mutmaßlichen Täterinnen (vgl. https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/alles-wichtige-zum-fall-getoetete-luise-freudenberg-ermittlungen-100.html). Wie wird in Deutschland in so einem Fall mit den Täter:innen umgegangen?

Zuerst einmal hat sich im Fall der beiden mutmaßlichen Täterinnen das Jugendamt eingeschaltet. Das Jugendamt hat die beiden Mädchen vorerst in Obhut genommen, ermöglicht ihnen aber weiterhin Kontakt zu ihren Eltern. Dabei untersteht das Jugendamt dem jeweiligen Landkreis und macht von den Maßnahmen der Jugendhilfe Gebrauch, die in so einem Fall greifen. Durch das Jugendamt könnte beispielsweise eine Unterbringung in einer Einrichtung wie einem Kinderheim bestimmt werden. Situationsbedingte Eilmaßnahmen müssen anschließend durch eine richterliche Zustimmung und unter Miteinbeziehen der Erziehungsberechtigten von dem zuständigen Familiengericht bestätigt werden. Im Anschluss wird eine Aufarbeitung des Geschehenen mit den Beteiligten eingeleitet, wobei es sich um einen zeitlich nicht einzugrenzenden und offenen Prozess handelt (vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/luise-mord-maedchen-freudenberg-tatverdachetige-altersgrenze-strafe-100.html). Der Prozess kann beispielsweise eine Erziehungskontrolle der Familien und/oder eine Unterbringung der mutmaßlichen Täter:innen in einer Pflegefamilie, in einem Heim oder in einer psychiatrischen Einrichtung umfassen.

Bei den jeweiligen angeordneten Maßnahmen geht es in erster Linie nicht um Bestrafung, sondern vielmehr um Erziehung (vgl. https://www.tagesschau.de/inland/regional/nordrheinwestfalen/wdr-story-54655.html). Falls am Ende des Prozesses festgestellt werden sollte, „dass eine Erziehung in den jeweiligen Elternhäusern nicht möglich ist, gibt es auch die Möglichkeit, das Sorgerecht zu entziehen und die Heimerziehung als eine pädagogisch-therapeutische Form der Hilfe vorzusehen“ (https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/luise-mord-maedchen-freudenberg-tatverdachetige-altersgrenze-strafe-100.html).

Auch wenn die Tat keine strafrechtlichen Folgen für die mutmaßlichen Täterinnen haben wird, könnte sie zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen. Luises Eltern haben die Möglichkeit, die beiden Mädchen auf die Zahlung von Schmerzensgeld bzw. Schadenersatz zu verklagen. Denn nach deutschem Zivilrecht ist die Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes für Kinder ab sieben Jahren möglich. Voraussetzung ist, dass ihnen zum Zeitpunkt der Tat bewusst war, dass sie einen Gesetzesverstoß begehen. Für den Fall, dass ein Gericht den Geschädigten den Anspruch auf Schmerzensgeld anerkennt, bleibt dieser Anspruch und somit auch die Zahlungspflicht des Schmerzensgeldes für 30 Jahre bestehen. Hierbei wären die noch minderjährigen mutmaßlichen Täterinnen jedoch erst dann zur Zahlung verpflichtet, wenn sie die finanziellen Möglichkeiten dazu haben (vgl. https://www.mdr.de/brisant/totes-maedchen-140.html).