Inklusion als Kindeswohlgefährdung?

Bei einem Grundschulkind wird ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich Lernen festgestellt. Die Mutter schickt ihre Tochter erst auf ein Gymnasium, dann auf eine Realschule. Einen zieldifferenten Unterricht lehnt sie ab. Es kommt bei der Tochter zu erheblichen Konflikten mit Lehrkräften und Mitschüler*innen, zu Überforderung und Leistungsdruck. Das Gericht sieht darin Kindeswohlgefährdung und entzieht der Mutter das Recht zur Regelung schulischer Belange.

Der Beitrag auf „Verfassungsblog.de“ (https://verfassungsblog.de/inklusion-als-kindeswohlgefaehrdung/) informiert nicht nur über die Hintergründe und den Ablauf des Falls, sondern gibt auch einen Einblick in die verschiedenen Rollen der Beteiligten. Besonders erkenntnisreich wird er, indem er das Anliegen der Mutter und die Entscheidung der Gerichte in Relation zur Gesetzeslage – vor allem hinsichtlich des Art. 24 UN-BRK – analysiert. Das Fazit: „Es ist zu befürchten, dass die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sogar noch hinter dem viel kritisierten Sonderschulbeschluss aus dem Jahr 1997 zurückbleibt. Das würde die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland um Dekaden zurückwerfen“

Ein neuerer Beitrag zum Sachverhalt stellt das Ganze deutlich verkürzter dar: https://www.stimme.de/suedwesten/nachrichten/pl/schulisch-ueberfordert-beschwerde-einer-mutter-ohne-erfolg;art19070,4543895. Wenn man das liest, könnte man denken: „Klar, das arme Kind – totale Überforderung.“ Nimmt man jedoch beide Artikel zur Kenntnis und denkt ein bisschen länger über alles nach, so entstehen deutlich tiefergehende Gedanken:

  • Ist es nicht eigentlich Aufgabe der inklusiven Realschule, adäquate Lernangebote zur Verfügung zu stellen und nicht einfach auf die Förderschule zu verweisen, um so Verantwortung zu delegieren?
  • Warum funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Eltern, Kind, Schulamt und Bezirksregierung nicht?
  • Liegt das Problem hier in der Inklusion oder an der Etikettierung? Wie könnte und müsste Inklusion funktionieren, damit Fälle wie diese verhindert werden können?
  • Und welche Konsequenz hat die Rechtsprechung auf zukünftige inklusive Schulentwicklungsprozesse?

Lest selbst und macht euch eure eigenen Gedanken!

Schreibe einen Kommentar