Seit mittlerweile schon 16 Wochen ist die Corona-Pandemie in Deutschland präsent. In diesem Rahmen wurden von der Bundesregierung Kontaktverbote und -beschränkungen ausgesprochen, die erst langsam wieder gelockert werden. Eine Regelung, welche einen hochgradig eingeschränkten Lebensstil, vorwiegend bezüglich sozialer Interaktionen, mit sich gebracht hat. Die Menschen sind oftmals alleine, isoliert, vereinsamt und erfahren neuartige Stresserfahrungen durch die soziale Beziehungsarmut und das plötzliche Stilllegen der sonst so rasanten und immer schneller werdenden Gesellschaft mit ihren Bedürfnissen. Um dieser Isolation und den Einschränkungen entgegenzuwirken, wird das gesellschaftliche und soziale Leben virtuell weitergeführt. Der Unterricht wird Online entwickelt, die Menschen sitzen in ihrem Homeoffice, mit der Familie wird per Videotelefonat kommuniziert und zum Geburtstag gratuliert und täglich werden die besorgten Bürger*innen mit Informationsangeboten zu neuen Regelungen und Einschränkungen medial bedient. Diese Herausforderungen und Ausgleichsversuche erfahren sehr viel Aufmerksamkeit in den Medien. Wie Menschen mit Behinderungen diese Situationen meistern können und wie sie unterstützt werden können, wird dabei selten mitreflektiert (https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2055871-Isolation-und-Inklusion.html). Hierauf macht Germain Weber, seit 2004 Präsident der Lebenshilfe in Österreich unter dem Schlagwort „Isolation und Inklusion“ aufmerksam.
Es ist keine einfache Zeit und es müssen viele wichtige und kritische Fragen beantwortet und Lösungen gefunden werden. Die Inklusionsthematik sollte hierbei allerdings nicht in Vergessenheit geraten, sondern umso stärker berücksichtigt werden. Die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben ist während dieser Krise von entscheidender Bedeutung für Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Beginnend mit den täglichen Informationsangeboten, welche auch für gehörlose oder blinde Menschen zugänglich sein sollten, über die spezielle medizinische Beobachtung der Menschen, die zur Risikogruppe gehören bis zu den Familien und Institutionen, welche besondere Unterstützung und Hilfe benötigen, um diese Krise zu meistern.
Daniel Obermeier (Von Studierenden für Studierende)
In Deutschland leben ungefähr 13 Millionen Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen. Dies entspricht 15% der Bevölkerung (https://www.sueddeutsche.de/politik/gesundheitspolitik-coronavirus-menschen-mit-behinderung-1.4860711). Für viele Menschen davon war ein abgeschottetes Leben durch Sonderschulen, Spezialtransporte oder Tagesstätten Normalität und das Leben in meist gleichbleibenden Gruppen Alltag. Erst durch die in den vergangene Jahren Aufwind erlebende Inklusion wurde teilweise die Teilhabe an gesellschaftlichen Strukturen ermöglicht. Aufgrund der derzeitigen Krise sollte diese Entwicklung keinen Rückschritt machen und Diskriminationswellen verhindert werden. Im Gegenteil, es sollte umso mehr individuelle Unterstützung und Begleitung gewährleistet werden. Ist das denn der Fall? Werden Menschen mit Behinderungen in der derzeitigen Krise ausreichend berücksichtigt?
Nicht nur Menschen mit körperlichen Behinderungen oder Herz- und Lungenerkrankungen sind mehr gefährdet durch das Coronavirus zu erkranken, auch die Menschen, welche große Schwierigkeiten haben, verbal auf Unwohlsein und Krankheiten aufmerksam zu machen sind von einer möglichen Infizierung betroffen. Sie gehören zur Risikogruppe mit einem gegebenenfalls schweren Krankheitsverlauf im Falle einer Infektion, da diese teilweise erst verzögert erkannt werden kann. Deshalb sollten sie unbedingt ausreichend Aufmerksamkeit erlangen und bedürfen besonderem Schutz. Auch Menschen mit Trisomie 21 haben im Normalfall eine größere Wahrscheinlichkeit, intensiver an Infektionen zu erkranken. Bezogen auf Covid-19 könnte dies zu einem hohen Risiko führen (https://www.sueddeutsche.de/politik/gesundheitspolitik-coronavirus-menschen-mit-behinderung-1.4860711). Würden diese Umstände nicht eine medizinisch genaue Beobachtung verlangen? Wäre eine stationäre Quarantäne in manchen Fällen als Vorsichtsmaßnahme angebracht?
Ein Dilemma!
Scheinbar wurden einige Menschen zunächst von der Corona-Politik übersehen. Viele Behinderteneinrichtungen waren und sind auf sich selbst gestellt. Schutzmaterial, wie zum Beispiel Schutzmasken waren zu Beginn der Corona-Pandemie ein großer Engpass und mussten teilweise über soziale Medien aufgespürt und mit Preisaufschlägen gekauft werden. Mitte März waren noch zahlreiche Sonderschulen geöffnet, um scheinbar die Förder- und Therapieroutine nicht zu unterbrechen, allerdings gehören gerade diese Institutionen zu gefährlichen Infektionsräumen (https://dieneuenorm.de/coronavirus-risikogruppe-behinderung/). Nach wenigen Wochen mit geschlossenen Sonderschulen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung muss jetzt während den rasant anlaufenden Lockerungen, große Vorsicht geboten sein, wenn es um die Wiederinbetriebnahme geht.
Die Kindertagesstätten und Bildungsinstitutionen bilden normalerweise eine Entlastung und Unterstützung für die Familien. Kinder und Jugendliche erhalten durch ausbildete Fachkräfte zusätzliche Förderung. Aufgrund der geschlossenen Institutionen und die erhöhte Gefahr einer Infektion, sind Familien mit Kindern und vor allem diejenigen mit behinderten Kindern, momentan vor eine große Herausforderung gestellt. Heilpädagogische Tagesstätten, die Behindertenarbeit und familienentlastende Dienste sind weggefallen. Die gegenseitige Unterstützung zwischen Familien und Freunden ist aufgrund der Kontaktsperre ebenfalls nicht möglich (https://www.mainpost.de/regional/kitzingen/behinderung-wie-eltern-und-kinder-in-corona-zeiten-leiden;art773,10440308). Parallel zum Homeoffice müssen Kinder betreut werden, welche eigentlich rund um die Uhr Aufmerksamkeit benötigen. Hierfür fehlen noch spezielle Regelungen, um die Eltern zu entlasten. Der Sozialverband Deutschland fordert hierfür, dass Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und -pflege nicht nur eine Kindernotbetreuung für Eltern aus systemrelevanten Berufen anbieten sollten, sondern auch für Eltern von Kindern mit Behinderungen. Vor allem alleinerziehende Eltern werden hierbei angesprochen. Des Weiteren wird hierbei auch der finanzielle Aspekt für die Eltern betont, welche teilweise ihre Erwerbsarbeit vorübergehend aussetzen müssen, um sich um ihre Kinder kümmern zu können. Das Kinderkrankengeld wird für die gesamte Zeit der Schließung von Kindertagesstätten und Bildungsinstitutionen angefordert (https://www.vdk.de/deutschland/pages/service/service/positionen/79170/behinderung_corona_forderungen).
Lesenswertes zwischen Inklusion und Corona findet Ihr abschließend hier: https://www.alle-inklusive.de/aktuelles/detail/lesenswertes-zwischen-inklusion-und-corona/