„Aufgrund einer fachärztlich festgestellten Legasthenie wurden Rechtschreibleistungen nicht bewertet.“
Dieser Vermerk über Legasthenie auf den Abiturzeugnissen von drei bayerischen Absolventen 2010 führte zu einer Klage, da ein solcher Vermerk diskriminierend sei.
Sowohl das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus als auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies die Klage ab (vgl. https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/legasthenie-zeugnisse-100.html).
Das Bundesverfassungsgericht unterteilte anders.
Jennifer Hartmann (Von Studierenden für Studierende)
In unserer Gesellschaft gehört die Fähigkeit des Lesens sowie die des Schreibens zum alltäglichen Gebrauch. Diese Kompetenz erweist sich jedoch bei rund 5% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland nicht als Selbstverständlichkeit und äußert sich in Form einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS). Die LRS gehört zu den häufigsten umschriebenen Entwicklungsstörungen und beeinflusst die Entwicklung der Betroffenen auf schulischer, psychischer und sozialer Ebene.
Die aktuelle Debatte um den Vermerk von Legasthenie auf Abiturzeugnissen wirft wichtige Fragen auf, die auch für zukünftige Lehrkräfte und Sonderpädagog:innen von großer Bedeutung sind. Einerseits stehen Transparenz und Chancengleichheit im Mittelpunkt der Argumentation für den Vermerk. Es wird betont, dass die Aufnahme solcher Informationen in Zeugnissen dazu beiträgt, Prüfungsergebnisse besser einzuordnen und den individuellen Bildungsweg von Schüler:innen nachvollziehbar zu machen. Doch andererseits wird auch die potenzielle Diskriminierung von Schüler:innen mit Legasthenie angeführt. Ein solcher Vermerk könnte zu Vorurteilen und Benachteiligungen im Bildungssystem und später auf dem Arbeitsmarkt führen.
Als zukünftige Lehrkräfte ist es unsere Aufgabe, eine inklusive Bildung zu fördern, die die Vielfalt der Schüler:innen berücksichtigt und unterstützt. Dabei gilt es, Sensibilität für die Bedürfnisse und Herausforderungen von Schüler:innen mit Lese-Rechtschreibstörungen zu entwickeln und individuelle Fördermaßnahmen anzubieten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird daher nicht nur rechtliche Konsequenzen haben, sondern auch unsere zukünftige pädagogische Praxis maßgeblich beeinflussen.
Es ist wichtig, dass wir als angehende Lehrkräfte uns aktiv an der Diskussion beteiligen und uns für eine inklusive Bildung einsetzen, die allen Schüler:innen gerecht wird, unabhängig von ihren individuellen Herausforderungen.
Klage gegen Legasthenie-Vermerk erfolgreich!
Die juristische Schlacht um den Vermerk von Legasthenie auf Abiturzeugnissen hat ein bedeutendes Kapitel erreicht. Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen und damit den Weg für eine wegweisende Entscheidung geebnet. Drei Abiturienten aus Bayern hatten den mutigen Schritt gewagt, gegen die Vermerke in ihren Zeugnissen zu kämpfen – und sie haben triumphiert!
In einem langen Prozess, der die letzten Jahre durch die Gerichtsinstanzen tobte, haben die Kläger endlich Gerechtigkeit erfahren. Das höchste Gericht des Landes hat entschieden, dass die spezifischen Vermerke über nicht bewertete Rechtschreibleistungen aufgrund von Legasthenie nicht zulässig waren. Eine Entscheidung, die nicht nur für die Kläger selbst, sondern für alle Schüler:innen mit ähnlichen Herausforderungen von großer Bedeutung ist.
Die Richter:innen des Bundesverfassungsgerichts haben nicht nur die individuellen Fälle der Kläger berücksichtigt, sondern auch eine wegweisende Botschaft für die Zukunft gesendet. Sie haben betont, dass es entscheidend ist, alle Schüler:innen gleich zu behandeln und dabei auch andere Behinderungen zu berücksichtigen. Diese Entscheidung markiert einen Wendepunkt im Kampf für Chancengleichheit und Inklusion im Bildungssystem.
Aber das Urteil ist nicht nur ein Sieg für die Kläger – es ist ein Leitfaden für alle Bundesländer. Es zeigt, dass Zeugnisvermerke im Allgemeinen rechtens sind, jedoch unter Berücksichtigung der Gleichbehandlung und der Transparenz. Dieses Urteil wird nicht nur die Rechtsprechung beeinflussen, sondern auch die Praxis an Schulen und Bildungseinrichtungen in ganz Deutschland verändern (vgl. https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/legasthenie-urteil-100.html).
Die Geschichte dieser Klage ist ein inspirierendes Beispiel für den Einsatz für Gerechtigkeit und Inklusion im Bildungssystem. Sie erinnert uns daran, dass jede:er Schüler:n das Recht hat, fair behandelt zu werden, unabhängig von ihren oder seinen individuellen Herausforderungen. Lasst uns dieses Urteil als Ansporn nehmen, um weiterhin für eine Bildung einzustehen, die allen Schüler:innen gleiche Chancen bietet.