Gescheiterte Inklusion an Schulen in NRW – Schuld daran ist der Lehrkraftmangel?

Dass das inklusive Bildungssystem als Ziel der schulischen Entwicklung im Bereich der Sonderpädagogik gesehen wird, ist spätestens seit dem Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 kein Geheimnis mehr (vgl. https://www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/216492/die-un-behindertenrechtskonvention/#:~:text=Im%20Jahr%202009%20ist%20in,ein%20inklusives%20Bildungssystem%20zu%20schaffen). Nun stellt sich jedoch die Frage, inwiefern die Umsetzung dessen seitdem gelungen ist und welche Gründe wohlmöglich den Erfolg und die Umsetzung erschweren. Diese Thematik wird sowohl in den Medien und als auch in den Fachkreisen stetig diskutiert und es gibt verschiedene Auffassungen zu dem derzeitigen Stand der Inklusion als auch bezüglich der (begrenzenden) Umsetzungsfaktoren.

Corinna Jürgens (Von Studierenden für Studierende)

In einem Beitrag des ZDF vom 30. Mai 2023 wird unter dem Titel „Gescheiterte Inklusion an Schulen – Getrenntes statt gemeinsames Lernen“ von dem Beispiel Jule berichtet, wie diese aufgrund der entzogenen Unterstützung beim Schreiben schlechtere Noten erzielt, da der Nachteilsausgleich aufgrund des Verdachts inhaltlicher Hilfestellungen der Schulbegleiterin für sie in den schriftlichen Arbeiten ab der 8.Klasse entfallen ist. Unterstützung dürfte Jule zwar von den Lehrkräften erhalten, allerdings seien diese dafür nicht entsprechend ausgebildet (vgl. https://www.zdf.de/politik/frontal/inklusion-schule-gescheitert-lernen-un-behindertenrechtskonvention-schulsystem-foerderschule-100.html). Zudem gehen die Autoren des Beitrags auch darauf ein, dass trotz der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention seit 2009 noch jede zehnte Schule eine Förderschule ist und somit der Ausbau des inklusiven Bildungssystems in den Augen von Susann Kroworsch (Expertin des Deutschen Instituts für Menschenrechte) noch nicht ausreichend erfolgt ist. Mark Rackles stellt die positiven Aspekte des gemeinsamen Lernens dar und betont den Gewinn dessen für Kinder mit und ohne Beeinträchtigung und sonderpädagogischem Förderbedarf.

Der ZDF Beitrag ermöglicht einen Blick in die Gesamtschule Köln-Holweide, bei der die Lehrerin Isabel Hahn verdeutlich, dass das gewünschte Konzept der Doppelbesetzung in einer Klasse und das gemeinsame Unterrichten von einer Fachlehrkraft und einer sonderpädagogischen Lehrkraft in heterogenen Lerngruppen nicht umsetzbar ist, da die personelle Situation an den Schulen angespannte ist und sich innerhalb der letzten Jahre sogar noch verschlechtert hat. Auf diese Missstände nimmt auch der Chef des Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL) Torsten Neumann Bezug und verdeutlicht, dass die Inklusion noch immer nicht gut funktioniert, obwohl bereits viele Initiativen ergriffen wurden. Dies führt er unter anderem auf die nicht ausreichende personelle Lage an den Schulen zurück, weshalb die Klassen bei wenig Lehrpersonal und Fachkräften mit vielen Schüler:innen gefüllt werden. Damit können nicht alle Schüler:innen gut umgehen und eine Belastung für die Lehrkräfte entsteht (vgl.   https://www.news4teachers.de/2023/03/streit-um-die-inklusion-kultusministerin-bekraeftigt-aus-fuer-foerderschule-lernen/).

Die Gewerkschaft GEW spricht davon, dass der Lehrkräftemangel den Fortschritt der Inklusion ausbremst und verweist auf die Wichtigkeit, keine Einsparungen in den Bereichen des Fachunterrichts und der sonderpädagogischen Förderung vorzunehmen, um den Schüler:innen die bestmögliche Entwicklung unter den Umständen des Personalmangels ermöglichen zu können (vgl. https://taz.de/Lehrermangel-und-Inklusion/!5873408/).

Es wird dementsprechend ersichtlich, dass eine gelungene Inklusion das Zusammenarbeiten von verschiedenen ausgebildeten Fach- und Lehrkräften bedarf und auch die multiprofessionellen Teams für das Gelingen der Inklusion essenziell sind. Trotzdem ist die Inklusion bisher nicht gescheitert und bedarf einer weiteren Entwicklung und Verfeinerung der einzelnen Einflussfaktoren, unter die auch das Beheben der Personallage fällt. Sofern dies gelingt, können die Lehrkräfte die Schüler:innen in kleineren Klassengruppen individueller und als Team betreuen und unterrichten, wodurch der Inklusionsprozess vermehrt berücksichtigt und umgesetzt werden kann.