Wer wünschte sich als Schüler:in der Sekundarstufe nicht, dass die Hausaufgaben auf magische Weise von selbst fertig werden oder sich selbst schreiben – vor allem, wenn man sich mit Gedichtanalysen und Lektüren herumschlagen musste? Jugendliche haben schließlich Besseres und Wichtigeres zu tun. Lange gehörten Künstliche Intelligenzen, welche sinnhafte Texte formulieren können und dort geballtes Wissen vereinen, der Fantasie und Science-Fiction an, doch haben Programme mit solchen Fähigkeiten in der Realität mittlerweile ihren Weg in die Sekundarschulen gefunden.
Katharina Marx (Von Studierenden für Studierende)
Einer der sogenannten Chatbots heißt ChatGPT. Es ist ein textbasiertes Dialogsystem und basiert auf Künstlicher Intelligenz (KI). Es wurde im November 2022 von der US-Firma OpenAI veröffentlicht und kann in Sekundenschnelle unter anderem Gedichte analysieren, Aufsätze und Computerprogramme schreiben, wie auch Texte zusammenfassen. Es genügt, kurze Anweisungen wie „schreibe mir einen Text zu Robotern in der Wirtschaft“ einzugeben und eine mühsame Projektarbeit ist sofort fertig generiert, ohne ein simples Plagiat zu sein. Dabei sind seine Leistungen so überzeugend, dass der die Bundesregierung beratende Ethikrat über ChatGPT sagt, das System sei „so überzeugend und differenziert, dass sich selbst Antworten auf komplexe Aufgaben wie die Erstellung wissenschaftlicher Hausarbeiten nicht von qualitativ hochwertigen menschlich verfassten Eingaben unterscheiden lassen“ (https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/chatgpt-in-schulen-wenn-der-chatbot-die-hausaufgaben-schreibt-/29038816.html).
Dass eine KI solch qualitative Texte produziert ist einerseits bemerkenswert, verleitet jedoch dazu, mit wenig Aufwand gute Leistungen zu fertigen. Somit fragen sich Lehrer:innen bezüglich der Leistungen, ob Noten dort nicht ihren Wert verlieren würden. In New York wurde die Gegenmaßnahme getroffen, die darin besteht, den Zugang zu ChatGPT von Schulservern komplett zu blockieren (https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/chatgpt-microsoft-ki-texte-101.html). Der deutsche Lehrerverband plädiert auf einen offenen Umgang. Die niedersächsische Kultusministerin Julia Willie Hamburg äußert sich, dass die öffentliche Testversion dieses Programms noch zu große Schwächen besäße und Lehrer:innen diese Fremdarbeit zu identifizieren vermögen. In NRW wurde eine Handreichung veröffentlicht, welche ein Verbot als realitätsfern bezeichne. Vielmehr sollte sich mit KI-Programmen wie ChatGPTauseinandergesetzt und diese im Unterricht thematisiert werden, so die Bildungsministerin Dorothee Feller (https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/chatgpt-in-schulen-wenn-der-chatbot-die-hausaufgaben-schreibt-/29038816.html).
Die Kultusministerkonferenz befasst sich seit Anfang März 2023 mit dem Thema, welches zu einer intensiven Selbstreflexion zwingt, dass die Aufgabenstellungen von Hausaufgaben wie auch die Prüfungskultur überdacht werden müssen, da Schulen (und im weiteren Kontext auch Universitäten) für eine Verhinderung der KI-Nutzung keine isolierten Bereiche werden dürfen (https://www.kmk-pad.org/aktuelles/artikelansicht/thema-kuenstliche-intelligenz.html).
Die Kieler Wirtschaftsinformatikerin Doris Weßels sagt zu der Vermeidung KI-formulierter Hausaufgaben, dass „die Themen genügend Raum zur persönlichen Entfaltung geben [müssen], damit Schülerinnen und Schüler sich mit ihren Perspektiven und Erfahrungen einbringen können“.
Ähnlich plädiert der Gymnasiallehrer und Didaktikdozent Philippe Wampfler. Er äußert sich, generell von dem Druckmittel der Benotung wegzukommen und die Schüler:innen davon zu überzeugen, dass es ihnen mehr bringt, ihre Arbeit eigenständig zu bearbeiten. Eine gewisse Kontrolle sollte dabei immer noch stattfinden, aber es soll beispielsweise in Mathe nicht bloß das Ergebnis, sondern auch der Lösungsweg in Gewichtung fallen. Bei Schreibaufgaben könnte nach eigenen Meinungen und Einschätzungen zu dem Thema oder der Lektüre gefragt werden, wenn die Nutzung einer KI verhindert werden möchte. Aufgaben wie eine Argumentation könnten bei gemeinsamer Besprechung im Unterricht die KI im Vorhinein thematisieren, möglicherweise könnte sogar eine solche Schreibaufgabe von ChatGPT verfasst werden. Diese wird dann gemeinsam kritisch untersucht wie auch blinde Flecke betrachtet (https://www.nzz.ch/technologie/wenn-chat-gpt-die-hausaufgaben-schreibt-wie-soll-die-schule-reagieren-ld.1718247).
Es ist fraglich, inwieweit und ob Künstliche Intelligenzen zukünftig makellose Produkte verfassen und die Lehrer:innen in ihrer Authentizität austricksen können. Schüler:innen der Sekundarstufe sehen heute schon einen Nutzen, um ihre Hausaufgaben mit neuster Technik zu bewältigen, was das Schulsystem zur Selbstreflexion zwingt. Es liegt nun an der Reaktion des Schulsystems, geeignet mit dieser futuristischen Technik umzugehen.