Der Mythos der wenig arbeitenden Lehrkraft. Der nicht so entspannte Alltag von heutigen Lehrer:innen

In den Köpfen vieler Menschen wird der Lehr-Beruf mit klassischen Stereotypen in Verbindung gebracht.  Lehrkräfte sind nach diesen stereotypen Mustern halbtagsarbeitende, meist träge und sich wenig anpassende Menschen, die aus Mangel an Alternativen diesen Beruf ergriffen haben und keinen Belastungsfaktoren ausgesetzt sind. Aktuelle Studien und Umfragen widersprechen diesen Stereotypen und zeigen auf, wie stark die Belastungsfaktoren für heutige Lehrkräfte wirklich sind und wie sich diese Belastungsfaktoren auswirken können.

Duncan Wirth (Von Studierenden für Studierende)

Dagmar Bosch, die Bereichsleiterin Bildung der Robert Bosch Stiftung meint: „Lehrerin oder Lehrer wird man aus Überzeugung. Aber chronische Überlastung macht auf Dauer krank und unzufrieden“. Diese Annahme wird von vielen Lehrkräften geteilt, wie aktuelle Befragungen zur Berufszufriedenheit der Lehrkräfte zeigen. Fast drei Viertel der Lehrkräfte geben an, auf Grund der hohen Belastung fast täglich körperlich erschöpft zu sein, wobei auch Symptome wie innere Unruhe, erhöhte Reizbarkeit oder Schlafstörungen angegeben werden. Ein solcher chronischer Erschöpfungsgrad hemmt bei vielen Lehrkräfte die Zuversicht auf eine gute Ausübung ihres Berufes. Aktuelle Problemlagen wie Corona sind für die Lehrkräfte für die permanente Überlastung hauptverantwortlich, so habe die Pandemie laut Umfrage zu erheblichen Lernrückständen der Schüler:innen geführt, aber auch zu Konzentrations- und Motivationsproblemen. Aufgrund solcher Entwicklungen gibt die Mehrheit der befragten Lehrkräfte an, auch regelmäßig in ihrer Freizeit und am Wochenende zu arbeiten. Diese Überlastungseffekte der Lehr:innen verstärken sich gegenseitig und so denken immer mehr Lehrkräfte darüber nach, ihre Stunden zu reduzieren (https://deutsches-schulportal.de/unterricht/umfrage-deutsches-schulbarometer/).

Eine aktuelle Studie untermauert diesen Eindruck der permanenten Überlastung von Lehrkräften. Die Studie im Auftrag der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) postuliert, dass Lehrkräfte im Zuge von Digitalisierung, Corona und Migration häufiger über ihre Belastungsgrenze gehen. Die Lehrkräfte stoßen dabei nicht bloß durch die komplexen Problemlagen (z.B. Corona) an ihre Grenzen, sondern auch durch den geringen Personalschlüssel. Der Arbeitsalltag von Lehrkräften wird deshalb zunehmend komplexer und die Kernaufgabe des klassischen Unterrichtens nimmt damit aktuell nur noch ein Drittel der gesamten Arbeitszeit von Lehrkräften ein. Des Weiteren fehlen auch Schulsozialarbeiter:innen und anderes pädagogisches Fachpersonal, um die Lehrkräfte in ihrer Arbeit zu entlasten. Die Überlastung der Lehrkräfte spiegelt sich in bundesweiten Erhebungen der Arbeitszeit von Lehrkräften wider. Eine systematische Überschreitung der Soll-Arbeitszeit um mehr als vier Stunden wurde bei gymnasialen Lehrkräften statistisch nachgewiesen. So scheint es auch nicht verwunderlich, dass sich die Überschreitung der Belastungsgrenze durch psychische Probleme, wie beispielsweise Depressionen, bemerkbar macht https://www.stern.de/gesellschaft/regional/sachsen/gewerkschaft–studie–saechsische-lehrer-arbeiten-zu-viel–32786030.html).

Es zeigt sich damit sowohl durch das Empfinden der Lehrkräfte, als auch durch aktuelle Studien, dass das Lehramt entlastet werden muss, um mit den aktuellen sozialen Herausforderungen zurecht zu kommen. Lehrkräfte müssen unbeschwerter ihrer Berufung nachgehen können, damit die schulische Ausbildung der aktuellen und künftigen Generationen von Kindern und Jugendlichen nachhaltig erfolgen kann.