In einer Studie aus dem Jahr 2021„Zur Situation von Grundschülerinnen und Grundschülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung im inklusiven Unterricht“ wurde untersucht, inwiefern sich diese Schüler*innen im Hinblick auf die Wahrnehmung des Klassenklimas, des Gefühl des Angenommenseins durch die Lehrkräfte und die soziale Partizipation von den Peers ihrer Klasse ohne sonderpädagogischen Förderbedarf der emotionalen und sozialen Entwicklung (ESE) unterscheiden. Die Studie hatte zum Ziel, das selbst empfundene Klassenklima, die wahrgenommene Lehrkraft-Kind-Beziehung und die soziale Partizipation aus Selbst- und Peersicht von Grundschüler*innen mit Förderbedarf (FöB) ESE zu untersuchen und mit Schüler*innen ohne FöB zu vergleichen. Für die Studie wurden insgesamt 999 Kinder untersucht, davon 66 mit FöB ESE (vgl. Blumenthal, S., & Blumenthal, Y. (2021): Zur Situation von Grundschülerinnen und Grundschülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung im inklusiven Unterricht. In: Zeitschrift für Pädagogische Psychologie 1-16; https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000323).
Die Ergebnisse regen zum Nachdenken an!
Finn Gustav Schlamann (Von Studierenden für Studierende)
Grund der Forschung war, dass bisher kaum Studien zur Effektivität inklusiver Beschulung von Schüler*innen mit FöB ESE durchgeführt wurden. Die Mehrheit der Studien beziehen sich auf Schüler*innen mit FöB im Schwerpunkt Lernen. Für die Autor*innen war eine explizite und differenzierte Betrachtung der inklusiven Beschulung von Schüler*innen mit FöB ESE von besonderem Interesse, da gerade diese Schüler*innengruppe eine große Herausforderung für den inklusiven Unterricht darstellt und von vielen Lehrkräften kritisch betrachtet wird. Zudem sind rund 17% der Schüler*innen mit Förderbedarf vom FöB ESE betroffen, was einen großen Anteil der Schüler*innen ausmacht.
Erschreckend waren jedoch die Ergebnisse: Grundschüler*innen mit FöB ESE fühlen sich selbst nicht integriert, erleben das Klassenklima als weniger positiv und fühlen sich durch Lehrpersonen weniger akzeptiert. Im Vergleich zu den Schüler*innen ohne Förderbedarf gab es drastische Unterschiede und auf allen angegeben Variablen fühlten sich Schüler*innen mit FöB ESE weniger akzeptiert. Diese Ergebnisse sind zum Teil auch naheliegend, da Kinder mit auffälligen Verhaltensweisen eben oft andere Schüler*innen vom Lernen abhalten und Lehrkräfte beim Unterichten unterbrechen. Im Vergleich der Ergebnisse bei Jungen und Mädchen fiel zudem auf, dass Jungen eher von Mitschüler*innen Ablehnung erfahren und Mädchen sich eher von den Lehrkräften angenommen fühlen. Zudem hat das Intelligenzniveau der Schüler*innen Einfluss auf den Wahlstatus sowie den Ablehnungsstatus von Mitschüler*innen. Je geringer die kognitiven Kompetenzen der Schüler*innen mit Förderbedarf sind, desto eher werden diese von den anderen abgelehnt.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass für den inklusiven Unterricht mit Schüler*innen mit FöB ESE pädagogische Maßnahmen entwickelt werden müssen, die die Peerbeziehung und die Lehrkraft- Kind-Beziehung verbessern. Dabei kann die Intervention an verschiedenen Punkten ansetzen. Erstens direkt am Kind, durch gezielte Förderung emotionaler Regulationsstrategien. Zweitens am Klassenverbund, durch ein Sozialtraining oder einer speziellen Förderung des Gruppenzusammenhalts oder drittens bei der Lehrkraft, welche durch Feedback und Förderung das soziale Ansehen des Kindes steigern kann. Zudem bietet sich ein differenzierter Unterricht an, um alle Kinder auf verschiedene Weise individuell zu fördern.