Selbstverletzung bei Jugendlichen

Zu Beginn eine kurze Triggerwarnung. In diesem Beitrag geht es um das Thema Selbstverletzung, welches einige Leser*innen beunruhigend finden könnten. 

Nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten, kurz NSSV, beschreibt die Handlung, dem eigenen Körper Schmerzen zuzufügen, jedoch ohne suizidale Absichten. Betroffen sind vor allem Jugendliche. Etwa jeder dritte Jugendliche in Deutschland hat sich schon einmal selbst verletzt. Dieses Verhalten beginnt bereits früh – meistens in der frühen Adoleszenz oder während der Pubertät. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen 14 und 16 Jahren, bei Erwachsenen kommt es hingegen selten vor. 

Mehr Informationen über die Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und Erfahrungsberichte findet Ihr in der Podcast Folge Selbstverletzung bei Jugendlichen – Warum Ritzen zur Sucht wird von SWR2 Wissen unter diesem Link:  https://open.spotify.com/episode/5g2etjSsUANbrmpWcrd4PH?si=00d42f3ea0e94d38

Hannah Edzards (Von Studierenden für Studierende)

Bereits in der 9. Jahrgangsstufe berichten 25 bis 35% der Jugendlichen davon, sich schon einmal selbst verletzt zu haben. Doch was bringt die Jugendlichen dazu, sich selbst Schmerzen zuzufügen? Zwei Mädchen, die in der Vergangenheit selbst davon betroffen waren, berichten von Mobbingerfahrungen in der Schule und Selbsthass. Selbstverletzendes Verhalten kommt besonders bei Jugendlichen vor, die ihre negativen Gefühle vergleichsweise intensiv wahrnehmen. Es wird ein Ausweg gesucht, um diese starken Emotionen nicht mehr fühlen zu müssen. Weitere Gründe sind der Wunsch, überhaupt etwas zu fühlen und das Verlangen nach Kontrolle, sei es nur über den eigenen Schmerz. Diese Form, mit emotionalem Druck umzugehen, kann bereits im Kindesalter anfangen. 

Auf den ersten Blick scheint selbstverletzendes Verhalten vor allem bei Mädchen vorzukommen, nähere Betrachtung zeigt jedoch, dass auch junge Männer im hohen Maße betroffen sind. Männer begeben sich seltener in Behandlung und fallen daher weniger auf, zeigen ein anderes Spektrum an Formen oder Arten der Selbstverletzung. Sie schlagen beispielsweise mit dem Kopf oder mit der Faust an die Wand, meistens hören sie erst dann auf, wenn es blutet. Zudem zeigen Männer häufiger Mischbilder aus Selbstverletzung und fremdschädigendem Verhalten. 

Neben schweren traumatische Erfahrungen ist auch vor allem emotionale Misshandlung ein direkter Risikofaktor für selbstverletzendes Verhalten. Darunter fallen zum Beispiel das Herabwürdigen, das Nicht-Wahrnehmen von Gefühlslagen oder auch Vergleiche mit Geschwisterkindern innerhalb er Familie. Entsprechend häufig treten gleichzeitig auch andere psychische Krankheiten, sogenannte Komorbiditäten auf. Viele der Betroffenen leiden unter Depressionen, Borderline Störungen oder Suizidgedanken.

Für Eltern ist es oft schwierig, angemessen mit dem Selbstverletzen der Kinder umzugehen. In den meisten Fällen ist Unterstützung von außen notwendig. Eine wirksame Form der Behandlung ist die ‚Dialektisch behaviorale Therapie (DBT)‘. Diese verbindet verhaltenstherapeutische Ansätze mit asiatischen Meditationsformen. Eine Behandlung ist allerdings nicht einfach, wenn Körper und Seele sich erst einmal an diese Form der Gefühlsbewältigung gewöhnt haben. Wenn die zugrunde liegenden Traumata unbehandelt bleiben, kann sich keine langfristige Heilung einstellen. In diesen Fällen ist eine Trauma-Therapie notwendig, da sonst die Gefahr von Symptomverschiebung besteht. Wenn keine der Behandlungsmöglichkeiten anschlägt, sind Medikamente der letzte Ausweg. 

Für die betroffenen Personen ist es besonders wichtig, dass man ihnen nicht das Gefühl gibt, dass es falsch ist, was er oder sie tut. Manche Jugendliche, die sich selbst verletzen, werden dennoch ihr Leben lang vor der Herausforderung stehen, wie sie angemessen mit ihren Gefühlen umgehen können und die sichtbaren Narben bleiben ein Teil ihrer Lebensgeschichte. 

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