Selbstbestimmtes Lernen ohne Notengebung als letzter Ausweg für Erwachsenenbildung? Die Schule für Erwachsenenbildung!

Das Schulsystem – ein System, in dem sich viele Schüler*innen unterordnen und anpassen können, um den gesellschaftlichen Leistungsansprüchen gerecht zu werden.

Doch genau dieses System ist nicht für Jeden*Jede profitabel. Durch die vorgegebenen hierarchischen Strukturen, dem aufkommenden Leistungsdruck, fehlender Individualisierungen und Freiheiten, ungerechten Bewertungen sowie durch das von der Gesellschaft herangetragene Konkurrenzdenken, fühlen sich einige der Schüler*innen in einem regulären Schulsystem nicht zurecht. Dies äußert sich meist durch Schulabsentismus oder rebellischem Verhalten gegenüber den vorgegebenen Regelstrukturen. Einige junge Erwachsene möchten dieses Versäumnis aus der Jugend aufholen – doch gibt es eine Institution, die nicht nach den generellen Standards agiert?

Die SFE (Schule für Erwachsenenbildung) in Berlin ist eine alternative private Schule, die durch selbstbestimmtes Lernen ohne Notengebung und mit der Selbstverwaltung durch Schüler*innen und Lehrer*innen heraussticht (vgl. https://www.sfeberlin.de/index.html).

Doch wie läuft es genau an der SFE ab?

Nina Siethoff (Von Studierenden für Studierende)

Seit 43 Jahren werden junge Erwachsene ab einem Mindestalter von 18 Jahren, in Ausnahmefällen auch ab 16 Jahren, in der Schule für Erwachsenenbildung in Berlin aufgenommen. Aktuell befinden sich ungefähr 200 Schüler*innen sowie 15 Lehrpersonen an der SFE. Hier wird der mittlere Schulabschluss sowie das Abitur als zweiter Bildungsweg und als gymnasialer Zweig angeboten. Dabei wird an der SFE nur prüfungsvorbereitend unterrichtet. Die Prüfungen erfolgen an einer staatlichen Schule bzw. vor der staatlichen Prüfungskommission unter Berücksichtigung der generellen Prüfungsstandards.

Ein allgemeines Konzept oder Modell liegt nicht vor, viel mehr wird der Fokus auf die selbstbestimmende Integration und Schulverwaltung seitens Schüler*innen und Lehrer*innen gelegt. Dies beinhaltet sowohl das Streichen der Wände als auch einen Putzplan zu erstellen und einzuhalten oder im Ausnahmefall auch das Abwählen einer Lehrperson oder eines Schülers/einer Schülerin.
Dieser demokratische Schulalltag wird durch Entscheidungsorgane, die durch die regelmäßigen Vollversammlungen, Klassenkonferenzen und diverse Ausschüsse sowie Arbeitsgruppen repräsentiert werden, umgesetzt. Dabei gilt stets: „Jeder Mensch (besitzt) eine Stimme“ (https://www.sfeberlin.de/selbstverwaltung.html).

Nicht nur der demokratische Einbezug veranlasst die Differenzierung zu staatlichen Einrichtungen, sondern auch der unterrichtliche Bereich. Denn schließlich werden nur nach expliziter Nachfrage Noten vergeben. Dadurch soll dem Konkurrenzdenken und der Leistungshierarchie entgegengewirkt werden. Jedoch erfolgen Feedbackgespräche, um adäquat an Stärken und Schwächen arbeiten zu können. Außerdem besteht keine Anwesenheits- und Hausaufgabenpflicht, wodurch eine gewisse Selbstverantwortung gegenüber dem Lernen erwartet wird. Die Unterrichtszeiten finden von montags bis freitags von 9.30 Uhr bis 15.30 Uhr statt. Dabei wird Frontalunterricht möglichst vermieden und die Schüler*innen werden mit in die Unterrichtsplanung (orientiert an den Berliner Rahmenvorgaben und dem Ziel des jeweiligen Abschlusses) involviert.

Aus einem Interview mit der Tageszeitung „taz“ hebt der ehemalige Schüler Simon Schaake hervor, dass er die staatliche Schule aufgrund des Drucks und unmotivierten Lehrkräften verlassen habe (vgl. https://taz.de/Schueler-ueber-Berlin-Rebel-High-School/!5405882/). Erst auf der SFE habe er die Eigenmotivation am Lernen durch die Selbstdisziplin entdeckt. Er fügt an, dass mit dem antiautoritären Stil zwar viele junge Erwachsene angesprochen werden, jedoch gehe mit der offenen Unterrichtsgestaltung auch eine Selbstverantwortung einher, die nicht alle Schüler*innen besäßen.

Alexander Kleider (41), ein ehemaliger Absolvent, der die SFE besuchte, entschloss sich dazu, einige der Schüler*innen über einen dreijährigen Zeitraum zu begleiten. Diese Eindrücke hielt er in einem Dokumentationsfilm („Berlin Rebel High School“) fest. Unter anderem wollte er durch diesen Film die Aufmerksamkeit auf das schulische Bildungssystem lenken, in dem alle Schüler*innen berücksichtigt werden (vgl. https://www.stern.de/familie/kinder/berlin-rebel-high-school–interview-mit-regisseur-alexander-kleider-7448734.html).

Die SFE wurde durch die eben genannten Besonderheiten im Jahre 2016 mit dem deutschen Schulpreis ausgezeichnet (vgl. https://www.deutscher-schulpreis.de/preistraeger/schule-fuer-erwachsenenbildung-ev-berlin-sfe). Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen ihre schulische Bildung abgerochen haben, treffen sich hier gemeinsam an einem Ort, der frei von Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und Transphobie ist, um das gleiche Ziel auf Augenhöhe zu erreichen.

Da diese alternative Schule keine staatliche Institution ist, wird ein monatliches Schulgeld von 100€ erhoben. Doch sollte das Schulsystem nicht für alle Schüler*innen individuell, tolerant und ansprechend gestaltet sein? Warum müssen junge Erwachsene erst so eine hohe Summe zahlen, um sich in einem schulischen System aufgenommen und integriert zu fühlen?

Möchtest Du mehr über die SFE erfahren? Dann besuche doch mal diese Seite: https://www.sfeberlin.de/index.html, https://www.deutscher-schulpreis.de/preistraeger/schule-fuer-erwachsenenbildung-ev-berlin-sfe oder schaue Dir dazu den Dokumentarfilm „Berlin Rebel High School“ an.

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