Grenzsituationen in der Schule: Handlungssicherheit in pädagogischen Grenzsituationen bewahren!

Welche Rechte und Pflichten sollten Lehrpersonen in Bezug auf krisenhaften Situationen kennen? Wann herrscht eine Handlungspflicht für Lehrerinnen und Lehrer? Konflikte zwischen Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler, aber auch mit Eltern wurden in der Vergangenheit häufig diskutiert. Aus diesem Grund scheint eine gewisse Handlungssicherheit wichtig zu sein, um aktiv deeskalierend wirken zu können. Sowohl bei selbst-, als auch fremdaggressiven Kindern und Jugendlichen herrscht pädagogisch und rechtlich viel Unsicherheit. Die Handreichung „Grenzsituationen in der Schule“ für Lehrinnen und Lehrer, herausgegeben von der Bezirksregierung Detmold für Ostwestfalen-Lippe und dem Gemeindeunfallversicherungsverband Westfalen-Lippe  soll dazu dienen Handlungssicherheit zu bewahren, zurückzugewinnen und zu erlangen. Ziel der Handreichung ist es, die Normalität des schulischen Alltags möglichst schnell wiederherzustellen und Sicherheit im Umgang mit krisenhaften Situationen zu vermitteln sowie Lehrerinnen und Lehrer in ihrem Erziehungsauftrag zu bestärken und zu ermutigen.

Dieses Thema stößt bei mir auf großes Interesse. Falls dies bei Euch auch der Fall ist, schaut doch einmal in die Handreichung! Diese ist natürlich um einiges ausführlicher als mein nachfolgend kurzer Abriss. Dazu findet Ihr die Broschüre zum Download unter folgendem Link: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/bp/Lehrer/Recht_Beratung_Service/Service/Rat geber/Paedagogische-Grenzsituationen/Broschuere-Grenzsituationen/index.html

Thea Rick (Von Studierenden für Studierende)

Lehrerinnen und Lehrer geraten im Schullalltag an Förderschulen oder an Schulen des gemeinsamen Lernens häufig in pädagogische Grenzsituationen. Diese beginnen bereits, wenn Lehrerinnen oder Lehrer ein unterrichtsstörendes Verhalten von Schülerinnen und Schülern trotz jeglicher Interventionsmaßnahmen nicht unterbinden können. Eskalationen sind nur die Spitze des Eisbergs und haben häufig tieferliegende Ursachen. Lehrkräfte können in einigen Situationen trotz aller Mühe die Ursachen der für sie plötzlich erscheinenden Eskalation nur erahnen. Lehrpersonen stehen im Dilemma zwischen professioneller Distanz und emotionaler Beteiligung. Einen Zugang zu den Schülerinnen und Schülern erhalten Lehrkräfte über eine positive Beziehung; nur so kann der Erziehungs- und Bildungsauftrag gewährleistet werden.

Was bedeutet also Handlungssicherheit, insbesondere in pädagogischen Grenzsituationen? Es bedeutet ein situatives „standing“ zu erreichen, um in entsprechenden Situationen angemessen zu handeln. Das Gesamtsystem Schule schafft die Rahmenbedingungen, um pädagogisch-erzieherische Maßnahmen ergreifen zu können. Hierzu dienen Präventionsmaßnahmen auf drei Ebenen. Die primäre Prävention umfasst ein gutes Schulklima, sodass Lehrkräften Ansprechpartner zur Verfügung stehen und ein regelmäßiger Austausch zwischen der Schule und der Schulaufsicht stattfindet. Die Schulung von Handlungsmustern und Ablaufplänen umfasst die sekundäre Prävention. Diese dient dazu die Lehrkräfte konkret in Bezug auf krisenhafte Situationen vorzubereiten. Die tertiäre Prävention bezieht sich auf Reflexionsvorgänge nachdem eine Grenzsituation stattfand, um gegebenenfalls bei der nächsten auftretenden Situation anders agieren zu können. Das Handlungsfeld endet nicht im Klassenraum, denn auch auf dem Schulhof oder auf dem Heimweg können Grenzsituation zwischen Schüler/innen oder Schülerinnen/Schülern und Lehrerinnen/Lehrer entstehen. Mögliche Reaktionen von Schülerinnen/Schülern oder Eltern auf das Handeln bzw. Einschreiten einer Lehrperson können folgen. Es kann passieren, dass Eltern der Schule oder Lehrkraft Vorwürfe für das Eingreifen in Grenzsituationen machen. Für Lehrkräfte ist es wichtig zu wissen, dass keine Lehrperson davon befreit ist in pädagogischen Grenzsituationen auch einmal falsch zu handeln; diese dürfen nicht tabuisiert werden. In Situationen von Gefahrenabwehr dürfen und müssen Lehrkräfte jedoch im Rahmen des Erziehungsauftrags physisch, sowie psychisch auf Schülerinnen und Schüler einwirken. Gemäß Artikel 7, Absatz 2 GG folgend wäre ein nicht Einschreiten rechtlich betrachtet unterlassende Hilfeleistung in Bezug auf den „Erziehungs-, und Bildungsauftrag der Schule (…)“.

Pauschal können die Fragen: Was darf ich in pädagogischen Grenzsituationen? Wann mache ich mich selbst strafbar? nicht beantwortet werden. Es wird im Härtefall jeder Einzelfall für sich betrachtet und beurteilt. Die Präventionsmaßnahmen scheinen diesbezüglich von großer Bedeutung zu sein, da erst routiniertes Verhalten situationsabhängiges Handeln in krisenhaften Situationen ermöglicht. Es sollte sich jede Lehrkraft bewusst darüber sein, dass jedes Handeln, aber auch jedes Nichthandeln Folgen nach sich ziehen kann.

Im Praktikum sollte ein alleiniges Eingreifen in pädagogischen Grenzsituationen vermieden werden. Bereits ab dem Referendariat ist man jedoch zum Handeln verpflichtet. Es zählt der Mut zum Handeln, die nötige professionelle Distanz zu wahren sobald Eigen- oder Fremdgefährdung möglich ist und der eigene Selbstschutz.

Abschließend kann festgehalten werden: Die Konfrontation mit pädagogischen Grenzsituationen lässt sich oftmals durch eine professionelle Beziehung zwischen Schülerin/Schüler und Lehrkraft entschärfen, in der die notwendige Balance zwischen Nähe und Distanz gewahrt bleibt. Dieser Zugang zum Kind/Jugendlichen kann viele konfliktbehaftete Situationen deeskalieren und zur Lösung der Situation führen. Außerdem ist ein Austausch innerhalb der Schule, zwischen den Lehrkräften und Eltern sowie der Lehrpersonen und dem Kind/Jugendlichen wichtig.

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