Wir stecken immer noch tief in der Klima-Krise. Hat man früher das weit entfernte Afrika bedauert, das von Dürren geplagt wurde, ist dies nun auch in Deutschland und Europa der Fall. Jeden Tag gibt es Waldbrände, Felder vertrocknen und die Pegelstände der Flüsse kommen langsam aber sicher bei Null an. Falls Regen fällt, ist es oft zu viel oder kann wegen der Trockenheit nicht gut vom Boden aufgenommen werden.
Seit Jahrzehnten wissen wir, dass unser bisheriger Lebensstil einen Klimawandel hervorruft, doch viel getan hat sich nicht. Viele Länder haben durch die Konsumgesellschaft kaufstarker Nationen bereits mit indirekten Folgen zu tun: Seien es verseuchte Flüsse durch die Förderung von Rohstoffen für unsere Mobiltelefone, wodurch kein Fischen mehr möglich ist oder ein steigender Meeresspiegel, der die Lebensgrundlage des Wohnens verhindert, küstennahe Böden versalzt und so Ackerflächen zerstört.
Auch in Europa sind nun solche indirekten Folgen spürbar: Durch die niedrigen Pegelstände des Rheins können so weniger Güter verschifft werden, in Frankreich müssen viele Kernkraftwerke heruntergefahren werden, weil die Flüsse zum Kühlen der Reaktoren zu warm geworden sind.
Der Klimawandel ist also schon lange bekannt, direkte und indirekte Folgen sind auch bei uns deutlich spürbar und die Politik? Tut gefühlt nichts, versucht sich in einem „Weiter so!“ Es kommt zur Politikverdrossenheit, bei der man mit der politischen Situation unzufrieden ist und resigniert, obwohl es viele gute Initiativen und Aufrufe für mehr Klimagerechtigkeit gibt.
Was sich zunächst vielleicht wie ein schöpfungstheologischer Text angefühlt hat, soll allerdings eine andere Wendung nehmen. Denn so wie Trockenheit und Dürre mit das prägendste Bild des Klimawandels in Deutschland ist, so wüst und dürr kommt mir oft die katholische Kirche vor.
Tausende Mitglieder wenden sich ab, gerade in der jüngeren Generation geht kaum noch jemand in den Gottesdienst. Schuld daran sind die eh schon unverzeihlichen Missbrauchsfälle, der Umgang damit und die zögernde Haltung, moderner zu werden. Dazu kommt eine rigide Sexualmoral, an die sich seit Jahrzehnten nur die wenigsten katholischen Gläubigen halten.
Doch auch wie in Bezug auf die Klimakrise gibt es viele gute Initiativen, die zum einen das Vertrocknen in der Kirche selbst aufhalten wollen und zum anderen auf diejenigen Missstände aufmerksam machen, die zum Vertrocknen führen. Allerdings scheinen die Entscheider wie in der Umweltkrise nur halbherzige Schritte zu unternehmen, um der Dürre entgegenzuwirken – oder tun Dinge, die die Krise noch verstärken oder zumindest den status quo beibehalten. Zunehmend nimmt man also auch in religiösen Belangen eine Verdrossenheit war, wenn man so will eine „Religionsverdrossenheit“.
Auch ein anderer Begriff aus dem politischen Umfeld ist mittlerweile in der Kirche angekommen, er nennt sich „mütend“ und stammt aus der Corona-Zeit. Er bedeutet eine Mischung aus wütend und müde und lässt sich prima auf die Klima- und Kirchenkrise anwenden. Man ist wütend auf die Situation, seien es die Verfehlungen in der weltweiten Klimakrise oder der Unwille in der katholischen Kirche, sich etwas moderner zu gestalten. Man ist aber auch gleichzeitig müde, da sowohl in der Klimapolitik als auch in der katholischen Kirche schon lange auf die Missstände aufmerksam gemacht wird, sich aber nicht viel ändert.
Nun ist Wut aber eine durchaus kreative Emotion, die inspirieren kann. Hoffentlich bleiben diejenigen, die sich noch für die Kirche und für das Klima einsetzen, in ihrer Mütigkeit wütend genug, sich aktiv für Klimagerechtigkeit und ein Wiederaufleben der Kirche einzusetzen.
Benedikt Körner ist verantwortlich für den interreligiösen Dialog des Erzbistums Paderborn.
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