Wissensvermittlung, Bildung, Inklusion, soziale Gerechtigkeit und und und … Die Liste der Anforderungen an die Schule wird nicht kürzer – doch wie soll dies alles ermöglicht werden? Wäre ein Ansatz in den Kindertagesstätten mit einer Besuchspflicht DIE Lösung?
Laura Wittstamm (Von Studierenden für Studierende)
In Deutschland besteht derzeit keine Kindertagesstättenpflicht. Alle Eltern dürfen selbst entscheiden, ob und wann sie ihr Kind in die Kindertagesstätte schicken (vgl. https://www.kita.de/wissen/kita-pflicht/). Aber ist dies wirklich sinnvoll oder verspielen wir damit eigentlich eine Chance, für mehr gleiche Startvoraussetzungen für die Schule zu sorgen?
Neben den allgemeinen Zielen von Kindertagesstätten, wie beispielsweise der individuellen Entwicklungsförderung der Kinder, der Schulvorbereitung, dem Lernen von sozialen und emotionalen Kompetenzen sowie dem Knüpfen von ersten Freundschaften (vgl. https://www.prokita-portal.de/bildungsbereiche-entwicklungsziele-kita/), erhofft man sich von der Kindertagesstättenpflicht vor allem folgende Punkte: Insbesondere Familien mit geringem Einkommen, wenig Bildung und Migrationshintergrund sollen stark profitieren. Die Kinder würden in der Kindertagesstätte nicht nur mit der eigenen Kultur, sondern zudem mit anderen Kindern und ihren Kulturen in Kontakt kommen. Durch spielerisches Lernen soll es ihnen leichter fallen, die Sprache zu lernen, welches dazu führt, dass Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder mit Deutsch als Zweitsprache einen leichteren Zugang zur Sprache haben (vgl. https://www.kita.de/wissen/kita-pflicht/#2_Argumente_fuer_eine_allgemeine_Kita-Pflicht_in_Deutschland). Des Weiteren stellen feste Mahlzeiten ein Argument für den Kindertagesstättenbesuch für alle Kinder dar. Außerdem haben die Kinder die Möglichkeit, verschiedene Aktivitäten kennenzulernen und auszuüben. Auch dabei profitieren benachteiligte Kinder, da ihnen eine Möglichkeit geboten wird, vermehrt Teilhabe zu erfahren und entsprechende Kompetenzen zu erwerben. Nicht alle Punkte treffen auf alle Kinder und Familien zu, doch gerade bei benachteiligten Familien ist es besonders wichtig. Rechtfertigt dies allerdings direkt eine Pflicht?
Die Punkte klingen vielversprechend, doch ist dies auch umsetzbar und welche Argumente sprechen gegen eine Pflicht? Es wäre möglich, dass es zu zu großen Kindertagesstätten-Gruppen kommt und dies zusammen mit dem altbekannten Problem der zu wenigen Erzieher:innen dazu führt, dass zu wenig Zeit und Kapazitäten aufgebracht werden können und somit die hoffnungsvolle Theorie durchkreuzen (vgl. https://www.kita.de/wissen/kita-pflicht/#2_Argumente_fuer_eine_allgemeine_Kita-Pflicht_in_Deutschland).
Sicherlich benötigen nicht alle Familien diese Unterstützungsmöglichkeit, doch es ist auch nicht zu leugnen, dass ein beträchtlicher Anteil der Kinder von einem Kindertagesstättenbesuch profitieren würden (vgl. https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-01/kinderbetreuung-kita-pflicht-bildung-chancen-diskussion?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.ecosia.org%2F).
Ein möglicher Ansatz wäre, dass nur benachteiligte Kinder zum Kindertagesstättenbesuch verpflichtet werden, um insbesondere ihnen die Möglichkeit zu möglichst ähnlichen Startvoraussetzungen und die oben genannten Vorteile zu bieten. Doch wo setzt man an? Wo wird die Grenze gesetzt, wer verpflichtet wird und wer nicht? Würde nicht gerade durch eine solche Unterscheidung Klassismus verstärkt werden? Überwiegen trotzdem die möglichen Vorteile? Unabhängig von der möglichen Umsetzung, handelt es sich dabei wirklich um eine sinnvolle Maßnahme oder geht es doch um eine Vorstellung, die theoretisch vielversprechend klingt, aber für die praktische Umsetzung zu hohe Anforderungen und Hoffnungen enthält?