Mit einer Behinderung einer geregelten Arbeit nachgehen? Warum nicht? 

Arbeiten ist für viele Menschen eine Selbstverständlichkeit, dies gilt aber längst nicht für alle! Menschen mit einer Behinderung haben es nämlich überhaupt nicht leicht, eine Anstellung im normalen Arbeitsleben zu finden. Gründe hierfür liegen oft in fehlender Barrierefreiheit und/ oder der mangelnden Ausstattung an persönlichen Assistenzkräften. Trotz vieler Lösungsansätze sind somit die behindertengerechten Bedingungen bei den vorhandenen Ausbildungs- und Arbeitsplätzen noch sehr eingeschränkt (vgl. https://www.derstandard.at/story/3000000181543/auch-menschen-mit-behinderung-haben-ein-recht-auf-gute-jobs?ref=rss). Aufgrund dessen landen Betroffene, selbst bei guter Qualifikation oder auch mit abgeschlossener Berufsausbildung, nicht selten in Werkstätten für Menschen mit einer Behinderung, die sie von der Gesellschaft ausgrenzen. Manche von ihnen enden sogar in der Arbeitslosigkeit. Dabei ist es häufig genau das, was sich Menschen mit einer Behinderung wünschen: die vollwertige Partizipation am alltäglichen gesellschaftlichen Leben (vgl. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1175222.menschen-mit-behinderung-inklusion-bruecken-in-den-allgemeinen-arbeitsmarkt.html).

Lisa-Marie Koch (Von Studierenden für Studierende)

Die mangelnde Inklusion auf dem Arbeitsmarkt hat vielfältige Ursachen. Grundlegend dafür verantwortlich ist, dass viele Menschen noch immer davon ausgehen, dass Menschen mit einer Behinderung aufgrund ihrer von der Norm abweichenden Voraussetzungen nicht in der Lage seien, regulärer Arbeit nachzugehen. Allerdings liegt das Problem nicht bei den Betroffenen selbst, sondern bei den mangelnden Voraussetzungen seitens der Arbeitsplätze, wie beispielsweise im Bereich der fehlenden Barrierefreiheit. Darüber hinaus gibt es zu wenige persönliche Assistenzen, die dafür sorgen, dass den Bedürfnissen der Betroffenen auf dem Arbeitsplatz nachgekommen werden kann. Eine weitere Problematik ist, dass viele Firmen die Aufgabe der Inklusion umgehen, indem sie es bevorzugen, eine Ausgleichstaxe zu bezahlen. Vor allem in Österreich ist die Inklusion von Menschen mit einer Behinderung auf dem Arbeitsmarkt sehr rückständig, da viele von ihnen (25.000 Mitarbeiter:innen in Tageswerkstätten) keine Sozial- und keine Pensionsversicherung besitzen, sodass sie für ihre Arbeit oft nur Gehälter von unter 100 Euro im Monat erhalten (vgl. https://www.derstandard.at/story/3000000181543/auch-menschen-mit-behinderung-haben-ein-recht-auf-gute-jobs?ref=rss).

Auf der anderen Seite gibt es auch vorbildliche Beispiele für gut umgesetzte Inklusion auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Einige Supermarktketten versuchen durch speziell eingerichtete Inklusionsbetriebe, der Aufgabe der Beschäftigung von Menschen mit einer Behinderung gerecht zu werden und durch bessere Bezahlung der Ungleichheit entgegenzuwirken. Als beispielhafter Vorreiter in diesem Bereich besitzt die Supermarktkette CAP in Cuxhaven fünf solcher sozialversicherungspflichtigen Inklusionsbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern und in ganz Deutschland mehr als 100 Filialen mit insgesamt ca. 1555 Mitarbeiter:innen. Die dort geschaffenen angepassten Arbeitsbedingungen werden durch den Paragrafen 215 des Sozialgesetzbuches ermöglicht, nach welchem diese Inklusionsbetriebe als „rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“ (https://www.nd-aktuell.de/artikel/1175222.menschen-mit-behinderung-inklusion-bruecken-in-den-allgemeinen-arbeitsmarkt.html) gelten. Somit wird die Anstellung von Menschen mit einer Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht, sodass 300.000 Beschäftigten ohne sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis eine Alternative zur Werkstattarbeit geboten wird. Dabei erhalten Betroffene die Möglichkeit, trotz geltender Regeln des Arbeits- und Tarifrechts, eine 40-Stunden-Woche (statt drei Stunden die Woche aufgrund von voller Erwerbsminderung) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten und durchschnittlich 209 Euro im Monat zu verdienen (vgl. ebd.).

Die Inklusionsbetriebe der Supermarktkette CAP bieten Menschen mit einer Behinderung oder einer psychischen Erkrankung einen Arbeitsplatz, der ihre bereits vorhandenen Kompetenzen aufgreift und fördert. So sind in den Betrieben 40 bis 45 Prozent der Arbeitenden von einer geistigen Behinderung oder von Depressionen betroffen. Ein positives Beispiel ist der 29-jährige Verkaufshelfer Alexander Till, der in einer Rostocker Filiale ausgebildet wird. Seine vorherige Arbeit als Gärtner in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung hat ihm nicht gefallen. Grund dafür war unter anderem die Arbeitsweise, die von der regulären Arbeitswelt separat stattfand. Zudem war die Bezahlung gering und er erhielt für seine Arbeit kaum Anerkennung von außen. Darüber hinaus ermöglichte ihm der Beruf wenig Unabhängigkeit. Obwohl die Zuversicht seitens seiner Mitmenschen nicht groß war, erhielt er einen Praktikumsplatz und dank seines Engagements anschließend sogar eine Festanstellung in der besagten Supermarktkette, worüber die Freude weiterhin anhält. Alle Beschäftigten der Filialen fühlen sich wohl, da den Problemen aller Angestellten nachgegangen wird und man füreinander Verständnis aufbringt, sodass die Mitarbeiter:innen im Fokus der Arbeit stehen. Bis heute gibt es insgesamt ca. 1000 Inklusionsbetriebe in Deutschland mit insgesamt 30.000 Beschäftigten, wobei diese Zahlen noch ausbaufähig sind, um dem Ziel der Inklusion näher zu kommen.

Um in Zukunft die vollständige Inklusion auf dem Arbeitsmarkt langfristig zu erreichen, benötigt es zunächst gesellschaftliches Umdenken, sodass allen Menschen bewusst wird, dass jede:r die Möglichkeit verdient, am allgemeinen Arbeitsmarkt zu partizipieren. Darüber hinaus braucht es Zeit und Investitionen, damit Arbeitsräume barrierefrei gestaltet werden können und Betroffene die Möglichkeit erhalten, neue Kompetenzen zu erwerben und ihre vorhandenen Fähigkeiten einzusetzen (vgl. https://www.derstandard.at/story/3000000181543/auch-menschen-mit-behinderung-haben-ein-recht-auf-gute-jobs?ref=rss).