In Deutschland gibt es eine sogenannte Beschäftigungspflicht, die besagt, dass ein Unternehmen mit mehr als 20 zu vergebenden Arbeitsplätzen fünf Prozent der Arbeitsplätze an schwerbehinderte Menschen vergeben muss. Dies kann jedoch durch eine Ausgleichszahlung außer Kraft gesetzt werden. Laut Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, nehmen mehr als ein Viertel der Unternehmen dabei die Ausgleichszahlung lieber in Kauf, als einen Menschen mit schwerer Behinderung einzustellen (vgl. https://www.deutschlandfunkkultur.de/inklusion-und-arbeitsmarkt-deutschland-behindert-sich-selbst-100.html).
Anna-Lena Buhse (Von Studierenden für Studierende)
Nicht vollkommen unschuldig an dem Umgang mit Menschen mit Behinderung in der Arbeitswelt ist dabei vor allem die gesellschaftliche Sicht auf den ersten Arbeitsmarkt. In den Augen vieler ist dieser vor allem Menschen ohne Behinderung vorbehalten. Wenn wir an den Arbeitsalltag von Menschen mit Behinderung denken, haben viele kaum eine Vorstellung, wie das aussehen mag oder sie stellen sich die „klassische“ Arbeit in einer Behindertenwerkstatt vor. Was sich womöglich kaum einer vorstellen kann ist, dass 13 Menschen, die das Down-Syndrom haben, vollkommen selbstständig ein Restaurant leiten und unterhalten.
Eine neue Sicht darauf versucht der bekannte Fernsehkoch Tim Mälzer in der dreiteiligen Dokureihe „Zum Schwarzwälder Hirsch“, zu sehen auf VOX und RTL+, zu vermitteln. In einem dreimonatelangen Projekt hat er, gemeinsam mit einem bereits inklusiv arbeitenden Restaurant im Breisgau, Sozialpädagog:innen, einem Mentor und Köch:innen, das Ziel die 13 Teilnehmer:innen mit Down-Syndrom an den Gastronomiealltag heranzuführen, sodass diese letztlich das Restaurant eigenständig leiten, organisieren und bekochen können.
Der Tenor der Teilnehmer:innen während sämtlicher Dialoge mit den Betreuer:innen ist es aus den Werkstätten rauszukommen, in denen sie oftmals Arbeiten vollbringen müssen, die monoton sind und nicht zwingend ihren Interessensgebieten entsprechen (vgl. https://www.presseportal.de/pm/6952/5331066).
Während der gesamten Dokureihe wird, neben kleinen Hürden in der Praxis, immer deutlicher, wie gut die Organisation, Ausführung und Eingewöhnung in den Gastronomiealltag gelingt, wenn man die einzelnen Arbeitsschritte an die Möglichkeiten der Teilnehmer:innen anpasst. Rezepte wurden als Bilder an die Wand gebracht, das Abwiegen wurde mittels Löffeln verschiedenen Fassungsvermögens und Farben erleichtert und auf den Rezeptbildern mit aufgegriffen, Kühlschränke wurden ebenfalls mit Bildern des Inhalts versehen und die Gerichte wurden zum Anrichten an Bildern orientiert auf den Teller gebracht. Auch im Service wurde einiges verändert, um die Teilnehmer:innen so gut es geht zu entlasten. Die Tische wurden je nach Reihe in Farben eingeteilt und die Zahlen bis drei begrenzt. Die einzige Schwierigkeit, die es zum Ende des Projekts zu geben schien, war die Bezahlung, da alle Teilnehmer:innen nicht sicher im höheren Zahlenbereich rechnen konnten. Doch auch für diesen Bereich ließ sich eine Lösung finden, denn die Gäste halfen mit der Rechnung, was nicht nur für korrekte Einnahmen, sondern auch für ein großes Vertrautheitsgefühl zwischen Gast und Gastgeber:innen sorgte.
Als Highlight der Serie wurden verschiedene Gastronome, die die Arbeit der Teilnehmer:innen beobachtet haben, zu einem Probeessen eingeladen und boten den Teilnehmer:innen die Übernahme in ihre Unternehmen an. Sie hatten somit Aussicht auf einen Ausbildungsplatz oder Beruf in ihrer Heimatstadt, was bei allen Teilnehmer:innen eine sichtbar große Freude hervorrief (vgl. https://www.tvnow.de/serien/zum-schwarzwaelder-hirsch-eine-aussergewoehnliche-kuechencrew-und-tim-maelzer-21107).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Inklusion auch im Arbeitsalltag eine Möglichkeit ist, um Menschen mit Behinderung nicht nur die sogenannte „Teilhabe“ zu ermöglichen, sondern darüber hinaus einen Berufsalltag, der an ihre Interessen und Möglichkeiten angepasst und fair bezahlt wird. Wenn die Serie „Zum Schwarzwälder Hirsch“ eines gezeigt hat, dann die unendlichen Möglichkeiten, die Inklusion mit sich bringt, wenn man sich auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse seiner Mitmenschen einlässt.