Die inklusive Beschulung ist bereits 2006 von der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen und 2007 von Deutschland ratifiziert worden, doch der Wandel von einem früh separierenden Schulsystem, das zugleich mit einer Etikettierung der Schüler*innen verbunden ist, erfolgt nur langsam, denn Inklusion ist ein viel diskutiertes und umstrittenes Thema, das über die Grenzen des Schulgeländes hinaus geht und uns als Gesellschaft insgesamt betrifft. Dass inzwischen auch globale Medienkonzerne zunehmend auf „Inklusions-Content“ setzen, ist für den weiteren Weg nicht nur förderlich, sondern auch ein Zeugnis für den Wandel, in dem wir uns längst befinden.
Nicolas Heister (Von Studierenden für Studierende)
Inklusion betrifft uns alle, denn die Heterogenität endet nicht mit dem Schulabgang, sondern ganz im Gegenteil treffen wir in unserer globalisierten Welt in allen Lebensbereichen auf die Vielfältigkeit der Menschheit. Um den Schritt in eine inklusive Gesellschaft und ein inklusives Schulsystem zu gehen, ist eine entsprechende Geisteshaltung in der Bevölkerung erforderlich, zu der auch internationale Medienkonzerne wie das ZDF und Netflix mit Eigenproduktionen einenTeil beitragen.
So handelt der deutsche Film „Systemsprenger“ (ZDF, 2019), der auch im Ausland viel beachtet wurde, von einem Mädchen mit emotional-sozialem Unterstützungsbedarf, das die Herausforderungen ihres Lebens innerhalb eines exkludierenden Lebensumfelds meistern muss (vgl. https://www.tagesschau.de/inland/fernsehpreis-119.html).
Auch Netflix ist für eine Reihe von Videoproduktionen bekannt, in denen die Diversität der Menschen hervorgehoben wird. Die Serie „Atypical“ (2017) handelt von Sam, einem Jungen mit Autismus, der Lernschwierigkeiten und Mobbingerfahrungen in der Schule gemacht hat und dessen Familie im Umgang damit regelmäßig über ihre Grenzen hinauswächst (vgl. https://www.aktion-mensch.de/menschen-und-geschichten/aus-dem-leben/serien-vielfalt.html).
Sex Education (2019), ebenfalls eine Netflix Produktion, setzt den inhaltlichen Schwerpunkt auf die sexuelle Diversität von Menschen und zeigt mit der ethnisch bunten Besetzung eindrucksvoll, unter welchem sozialen und psychischen Druck Menschen stehen, die sich auf Grund ihres Coming-Outs vor gesellschaftlicher Ablehnung fürchten (vgl. https://www.moviepilot.de/news/netflix-versteht-teenie-serien-und-sex-education-ist-der-neuste-beweis-1124921).
Die oben genannten Beispiele verdeutlichen durch ihre unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunktsetzungen die Tragweite des Paradigmas der Inklusion. Inklusion betrifft nicht nur Schüler*innen und beschränkt sich nicht auf Förderbedarfe, sondern muss in allen Lebensbereichen, in denen Menschen der soziale Ausschluss droht, Einzug erhalten. Weil Schule eine essenzielle Station mit hohem Identifikationspotential im Leben eines jungen Menschen darstellt, kommt ihr mit Blick auf das Konzept der Inklusion allerdings eine besondere Verantwortung zu. Um den bildungspolitischen Druck zu erhöhen und die schulische Inklusion noch stärker voranzutreiben, ist daher der Abbau von Stereotypen und Ängsten notwendig, was auf unterschiedlichem Wege, u.a. auch durch den ausgewählten Netflix-oder Fernsehkonsum, geschehen kann.