Ab dem 15. Juni sollen in Nordrhein-Westfalen die Grundschulen wieder in den Regelbetrieb starten und auch andere Bundesländer wollen noch vor den Sommerferien wieder zum Regelunterricht an Grundschulen zurückkehren. Das bedeutet, dass alle Grundschüler*innen wieder im normalen Klassenverband unterrichtet werden sollen. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek warnt dabei allerdings vor zu großer Eile, solange es noch keinen Impfstoff gegen Covid-19 gibt. Deshalb plädiert sie, dass Grundschulen weiterhin auf den Gesundheitsschutz achten, „damit die Schulen nicht zu Infektionsherden werden“. Auch wenn Schulministerin Yvonne Gebauer dazu sagt, dass bei Einhaltung der Sicherheits- und Hygieneregeln keine Ansteckungsgefahr für Schüler*innen herrsche, so gesteht Bundesfamilienministerin Franziska Giffey ein, dass die Abstandsregel im Normalbetrieb an Schulen realistischerweise nicht einzuhalten sei (www.tagesschau.de/inland/schuloeffnung-corona-101.html). In Hessen soll sogar ab dem 22. Juni das Abstandsgebot an Grundschulen ganz aufgehoben werden (https://www.tagesschau.de/inland/schulen-wiederoeffnung-101.html).
Doch wie sieht es bei all dem eigentlich mit der Wiedereröffnung von Förderschulen aus?
Durften Förderschulen mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung sowie körperliche und motorische Entwicklung anfangs nicht wie die anderen Schulen und Förderschulen öffnen (https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/viertklaessler-grundschule-corona-unterricht-100.html), gilt nun auch für sie seit dem 25.5.2020 die landesweite Wiedereröffnung (https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/interview-landeselternschaft-zu-oeffnung-der-foerderschulen-100.html). Doch warum erfolgt ihre Wiedereröffnung erst so viel später als die der anderen Schulen? Und was halten Eltern und Lehrer*innen von dieser Entscheidung?
Cosima Berief (Von Studierenden für Studierende)
Laut Schulministerin Gebauer hatte „die Tatsache, dass die Wiederaufnahme des Unterrichts an diesen Förderschulen noch nicht direkt erfolgte, […] verschiedene Gründe. So stellen die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln, die Bereitstellung von besonderem Schutzmaterial und die Organisation des Schülertransports, insbesondere an den Förderschulen GE und KME, ganz besondere Herausforderungen für die unterschiedlichen Beteiligten vor Ort dar. Deshalb waren weitere Klärungen notwendig, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler bestmöglich schützen zu können“ (https://www.land.nrw/de/pressemitteilung/ministerin-gebauer-unterricht-allen-foerderschulen-wieder-moeglich).
Für viele der Landeselternschaft kommt die Wiedereröffnung der Förderschulen zu spät. Laut Stefanie Krüger-Peter (Vorsitzende der Landeselternschaft der Förderschulen mit Schwerpunkt geistige Entwicklung NRW), sei dabei in den letzten Wochen viel wertvolle Zeit verloren gegangen. Zeit, in der Familien schon hätten entlastet werden können (https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/interview-landeselternschaft-zu-oeffnung-der-foerderschulen-100.html). Auch die Verbände aus NRW kritisieren, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderung vernachlässigt worden seien. In einem öffentlichen Brief an die Kanzlerin schreiben sie: „Wir erfahren von immer mehr Fällen, in denen Schulen einzeln oder gruppenweise ihren Schülern mit geistigen, aber auch körperlichen Behinderungen den Zutritt zur Schule verweigern“ (https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/schule-kita-nrw-grundschule-coronavirus-start-ferien-gebauer-2020-schuljahr-lehrer-online-zr-13645709.html).
In einem öffentlichen Schreiben wird die Behauptung, Schüler*innen mit geistiger Behinderung seien unfähig zum Einhalten von Hygiene- und Abstandsregeln, als Pauschalisierung und „zutiefst diskriminierende Behauptung“ empfunden. Krüger-Peter sagt zu dem Thema, dass es nur wenige Schüler*innen gäbe, die sich nur schwer an die Hygieneregeln halten könnten. Weiterhin wird in dem Schreiben geäußert, dass viele Familien durch den Schulausfall sowie durch das Wegfallen sämtlicher Unterstützungssysteme seit über zwei Monaten auf sich allein gestellt gewesen seien. Neben mangelndem Personal sowie ungenügender medialer Ausstattung wird in dem Brief außerdem besonders kritisiert, dass viele gehörlose, schwerhörige sowie sehbehinderte Kinder vom „digitalen Distanzlernen“ ausgeschlossen worden seien. Somit sei weiterhin in den Raum gestellt, ob die späte Wiedereröffnung vieler Förderschulen vor dem Hintergrund der genannten Gründe gerechtfertigt war.