LANDTAGSWAHLEN NRW – PARTEIENCHECK BILDUNG 

Nach zwei Jahren Pandemie mit Distanz- und Onlineunterricht sind die Defizite des Schulsystems unübersehbar geworden. Und die Kritik an der Bildungspolitik ist gewachsen. Im Januar 2022 gaben bei einer Umfrage rund 22% der Befragten den Themenkomplex Bildung/ Schule/Ausbildung als wichtigstes politisches Aufgabengebiet an. (https://www.deutschlandfunk.de/nrw-landtagswahl-2022-kandidaten-inhalte-koalitionen-100.html). Die Landtagswahlen entscheiden die Schulpolitik und so lohnt es sich umso mehr, einen genaueren Blick auf die Wahlprogramme der Parteien mit den besten Prognosen zu werfen.  Deshalb werden im Folgenden die wichtigsten Aspekte der Wahlprogramme von CDU, FDP, AFD, SPD und den Grünen zum Thema Schule dargestellt. Dabei werden insbesondere die Positionen der Parteien zu Förderschulen und dem sonderpädagogischem Förderbedarf in den Blick genommen.

Emma Lechtreck (Von Studierenden für Studierende)

Die Alternative für Deutschland (AfD) „setzt sich für den Erhalt und den Ausbau der bewährten Förderschulen ein“ und möchte die „real existierende Inklusionspraxis“ stoppen (https://cdn.afd.tools/sites/2/2022/03/15192021/AfD-NRW-Wahlprogramm-Landtagswahl-NRW-2022.pdf, S. 23). In ihrem Wahlprogramm schreibt sie „unser hochgradig spezialisiertes Förderschulsystem ist integraler Bestandteil des allgemeinen Schulsystems und es geht in seiner Qualität weit über die Forderungen der UN-Konvention hinaus“ (ebd., S. 23). Die AfD möchte weiterhin leistungshomogene Lerngruppen schaffen und den bewährten Plenumsunterricht erhalten, auch das mehrgliedrige Schulsystem wollen sie fördern. Zudem plant die AfD die Klassengrößen auf 12 bis 20 Schüler:innen herabzusetzen (vgl. ebd., S. 21 ff.). Zusätzlich möchte die Partei Lehrkräfte als erzieherische Autoritäten stärken und sich dafür einsetzen, dass Unterricht ideologiefrei gestaltet wird, damit Schule kein Ort für politische Propaganda wird (vgl. ebd. S., 27).

Die Freien Demokraten (FDP) wollen weiterhin die „leistungsfähige und vielfältige Förderschullandschaft“ fördern und beide Systeme sowohl das gemeinsame Lernen an Regelschulen als auch Förderschulen gleichberechtigt stärken (https://www.fdp.nrw/sites/default/files/2022-03/Beschlussfassung%20Landtagswahlprogramm%202022_4.pdf, S. 12). Multiprofessionelle Teams sollen fest in den Schulen verankert und Schulsozialarbeit, Sonderpädagogik und Schulpsychologie gefördert werden (vgl. ebd., S. 15f.). Ihren Schwerpunkt legt die FDP aber auf die digitale Bildung. Jede*r Schüler*in und jede Lehrkraft soll ein digitales Endgerät zur Verfügung gestellt bekommen; Programmieren soll ein fester Bestandteil des Lehrplans werden (vgl. ebd., S. 8). Genauso möchte die FDP „Wirtschaft“ als ein weiteres Schulfach einführen (vgl. ebd., S. 11ff.). Ein weiteres Ziel der FDP ist es, die Talentförderung strukturell zu stärken, dazu sollen in NRW 1000 Talentschulen entstehen (vgl. ebd., S. 9f.). Die FDP möchte, ebenso wie die CDU, ihre Arbeit aus den letzten vier Jahren fortsetzen.

Die Christlich Demokratische Union (CDU) setzt sich für den Erhalt des gegliederten Schulsystems und der Förderschulen ein. Förderschulen sind für die CDU ein unverzichtbarer Teil eines inklusiven Schulsystems, deshalb sollen Förderschulen gestärkt und ausgebaut werden (https://mitmachen.cdu-nrw.de/assets_lp/188500b4a26d29bcdccecb8102d9a9aa/lp/73/141/Wahlprogramm_20der_20CDU_20Nordrhein-Westfalen_20_281_29.pdf, S. 66ff.). Zusätzlich wollen sie mehr Unterstützung für Lehrkräfte beim inklusiven Unterricht an Regelschulen sowie mehr Personal an sogenannten „Brennpunkt-Schulen“ (vgl. ebd., S. 68). Konkret möchte die CDU bis 2027 10.000 neue Stellen für Lehrkräfte schaffen und den Lehrberuf attraktiver gestalten (vgl. ebd., S. 68). Außerdem sollen Städte mehr Geld für Digitalität erhalten; jedes Kind soll ein Endgerät nutzen können. Auch möchte die CDU kleinere Klassen einführen und das Ganztagssystem weiter ausbauen (vgl. ebd., S. 64ff.). Die CDU möchte ihre Arbeit aus den letzten vier Jahren fortsetzen.

„Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt“ (https://gruene-nrw.de/dateien/ltw22_Wahlprogramm_gruenenrw.pdf, S. 53), mit diesem Versprechen beginnt der Abschnitt zu Bildung und Schule im Wahlprogramm Bündnis 90/Die Grünen. Um dieses Versprechen umzusetzen, wollen die Grünen unter anderem die frühkindliche Bildung ausbauen, eigenständige und inklusive Jugendarbeit fördern und Familienzentren schaffen (vgl. ebd., S. 53ff.). Die Grünen setzen sich für Vielfalt und Digitalisierung in Schulen ein. Bildung soll unabhängig von der sozio-ökonomischen Situation der Eltern sein; deshalb soll die ganztägige Bildung gefördert werden (vgl. ebd., S. 61ff.). Zusätzlich möchten sie inklusive Bildung stärken, alle Schulen sollen für alle Kinder zugänglich gemacht werden. Die Grünen halten Inklusion für eine Frage der Ressourcen und das gemeinsame Lernen für eine Bereicherung für alle. Diese Anliegen möchten die Grünen sowohl finanziell als auch personell unterstützen und multiprofessionelle Teams an allen Schulen installieren sowie Barrierefreiheit und inklusionsfördernde Raumausstattung in Schulgebäuden fördern (ebd. S.63).

Die Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD) möchte ebenfalls frühkindliche Bildung fördern sowie die ganztägige Bildung unterstützen (https://www.nrwspd.de/wp-content/uploads/sites/2/2022/03/unser-land-von-morgen-regierungsprogramm-der-nrwspd-2022-2027.pdf, S. 19). Auch die SPD planen mehr Stellen für Lehrkräfte zu schaffen und multiprofessionelle Teams an allen Schulen zu installieren. Inklusion soll zum Teil jeder Schule werden (vgl. ebd., S. 25ff.).  Die SDP möchte dafür die passenden Voraussetzungen schaffen, so soll die inklusive Schulentwicklung gefördert werden (vgl. ebd., S. 26ff.). Ihr Ziel sind Schulen, an denen Kinder mit körperlichen, geistigen und emotionalen Herausforderungen jederzeit willkommen. Außerdem möchte die Partei die aktuellen Rahmenbedingungen zugunsten der Kinder verändern. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist für die SPD ein unverhandelbarer Auftrag an die deutsche Politik. Außerdem plant sie eine Personaloffensive gegen den Lehrkräftemangel, will Studienplätze ausbauen und für alle Lehrkräfte das gleiche Eingangsgehalt ermöglichen (vgl. ebd., S. 25).

Es lässt sich abschließend feststellen, dass die Parteien zum Teil sehr unterschiedliche Ideen haben, was die Umsetzung von Inklusion und Förderschulen betrifft. Auf der einen Seite wird der Erhalt der Förderschulen gefordert, während diese auf der anderen Seite als nicht mehr zeitgemäß angesehen werden. Zusätzlich muss angemerkt werden, dass keine der Parteien Bezug auf einen der Förderschwerpunkte genommen hat. Es fehlen außerdem häufig konkrete Zielsetzungen in Bezug auf Förderschulen und Inklusion.

Nach den Wahlen am 15.05.2022 finden nun Sondierungsgespräche statt. Es bleibt abzuwarten, inwiefern der Themenkomplex Schule, Förderschule und Inklusion in NRW berücksichtig und was in den folgenden Jahren konkret entschieden und umgesetzt wird.