Immer wieder werden Menschen mit Kleinwuchs in ihrem Alltag mit den abwertenden Blicken anderer aufgrund ihrer Körpergröße konfrontiert. Bei Kindern spricht man von Kleinwuchs, wenn die Körpergröße zu 97% von ihrer Altersnorm abweicht, wohingegen bei Erwachsenen eine Grenze von 1,50 Meter gilt. Dennoch existieren verschiedene Formen von Kleinwüchsigkeit, welche auf einer spontanen Genmutation beruhen, sodass das Erscheinungsbild schon prinzipiell keinem konkreten Schema entspricht, sondern sich vielfältig ausdrücken kann. Doch welche Schwierigkeiten erfahren Menschen mit Kleinwuchs eigentlich in ihrem Alltag?
Gina Luisa Müntefering (Von Studierenden für Studierende)
Der Artikel „Kleinwüchsige Menschen und ihr Alltag (https://www.swr.de/swr2/wissen/kleinwuechsige-und-ihr-alltag-koerpergroesse-ist-nicht-alles-102.html) legt dar, dass trotz der Vielfältigkeit häufig das Problem besteht, dass Menschen mit Kleinwuchs insbesondere aufgrund ihrer Körpergröße von ihren Mitmenschen unterschätzt werden, sodass noch bis in die 1990er in dem Holiday Park im rheinland-pfälzischen Haßloch mit der Attraktion eines „Lilliputaner-Dorfes“ geworben wurde. Diese Art von besonderer Stigmatisierung präsentierte die Menschen mit Kleinwuchs als eine Attraktion neben Delfinshows und Karussells, wobei sie in ihren Wohnwagen beim Wohnen, Essen und Arbeiten beobachtet werden konnten. Doch auch wenn dieses Phänomen mittlerweile aus offensichtlichen, ethischen Gründen untersagt ist, erleben Menschen mit Kleinwuchs immer noch Einschränkungen in ihrem Leben, welche ihre Körpergröße alltäglich präsent machen.
Mit einer Welt, die für große Menschen konzipiert ist, werden die Regale im Supermarkt sowie genormte Tische und Stühle oder auch Fahrkartenautomaten zum Problem. Dadurch wird die Bewältigung des Alltags erheblich erschwert und die Behinderung immer noch als einschränkendes Merkmal verfestigt. Derartige Einschränkungen erlebt auch Beate Twittenhoff aus der SWR 2 Podcast Folge „Kleinwüchsige und ihr Alltag – Körpergröße ist nicht alles“, welche entsprechend unter dem oben aufgeführten Link nachgehört werden kann. Sie erzählt, dass Krankenhäuser sowie Reha-Kliniken bei durchzuführenden Diagnosen meist auf Geräte, die für Kinder konzipiert wurden, zurückgreifen müssen, was wiederum größtenteils zu falschen Ergebnissen führt und dementsprechend nicht aussagekräftig erscheint. Des Weiteren greift Beate Twittenhoff regelmäßig auf Produkte zurück, welche von Senior*innen genutzt werden, wobei dabei regelmäßig das Problem auftritt, dass auch hierbei die Arme nicht der benötigten Länge entsprechen, um die Produkte sinnvoll nutzen zu können.
Daraus resultiert schließlich die Frage, wie es sein kann, dass es immer noch nicht ausreichende Unterstützungen im Alltag für Menschen mit Kleinwuchs gibt, sodass sie nicht auf alternative Mittel ausweichen müssen, welche ihren Bedürfnissen nicht einmal gerecht werden. Beate Twittenhoff und ihr Mann Hans-Peter Wellmann, welcher ebenfalls ein Mensch mit Kleinwuchs ist, wünschen sich deshalb Geräte, Möbel und Diagnosemittel, die nicht speziell für sie angefertigt werden müssen, sondern welche, die grundsätzlich vielfältig verstellbar und variabel sind. Schließlich sollte das Ziel darin bestehen, dass sich die Gesellschaft sowie die Umgebung an Menschen mit Behinderung anpassen und nicht umgekehrt, sodass Vielfalt als Ressource genutzt werden kann.
Aus diesem Grund setzt sich sowohl das Paar aus der Podcast-Folge als auch viele weitere Betroffene in dem Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien e.V. (BKMF) für die Interessen von Menschen mit Wachstumsstörungen ein (https://www.bkmf.de/der-bkmf/ueber-uns/). Dabei werden regelmäßige Treffen für alle möglichen Altersgruppen organisiert sowie ein Forum für den Austausch untereinander geboten, sodass das Ziel angestrebt werden kann, in einer Welt zu leben, die keine Anpassung vom Menschen erfordert.