Psychotherapie gegen Angststörungen nun auch digital möglich?

Angststörungen gehören in Deutschland mit ca. 10 Millionen betroffenen Menschen jährlich zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Bislang ließen sich diese am besten mit einer Verhaltenstherapie, einer tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, Psychoanalyse oder einer Expositionstherapie behandeln. Teilweise werden auch zusätzlich Medikamente eingesetzt. Aber für Betroffene ist es nicht leicht, einen Therapieplatz zu bekommen. Die durchschnittliche Wartezeit liegt bei sechs bis acht Monaten. Außerdem sind die Therapien an Öffnungszeiten gebunden und für Patient*innen in Gebieten mit wenigen spezialisierten Therapeut*innen oft mit langen Anfahrtswegen verbunden. Diese Probleme sollen nun Dank einer digitalen Psychotherapie aufgehoben werden, die direkt von Zuhause aus durchgeführt werden kann (https://www.gelbe-liste.de/neurologie/app-angst-digitale-unterstuetzung).

Aber wie genau kann man sich diese digitale Therapie vorstellen?

Lea Kloppenburg (Von Studierenden für Studierende)

Nach einem sehr ausführlichen Erstgespräch mit einer/einem Psychotherapeut*in, bei dem die Patient*innen im Rahmen einer umfassenden psychotherapeutischen Diagnostik untersucht werden, bekommen die Patient*innen eine Virtual-Reality-Brille und einen App-Zugang zugeschickt. Mit der Brille werden dann Angst auslösende Situationen simuliert, weshalb die Therapie zur Expositionstherapie (Konfrontationstherapie) zählt. Sie ist für die Erkrankungsbereiche Platzangst, soziale Phobie und Panikstörungen konzipiert und simuliert also Situationen wie Aufzug- und U-Bahnfahrten oder große Menschenansammlungen. Das Programm bietet Bildmaterial für sieben verschiedene Angstszenarien, die die häufigsten Angst auslösenden Situationen abbilden, und jede Übungseinheit besteht aus einem Informationsteil und einer Übungsaufgabe zum Anwenden des Inhalts. Die Expositionsübungen werden also ausführlich in der App vor- und nachbereitet (https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/igv-vertraege/invirto-die-therapie-gegen-angst-2075184).

Der psychotherapeutische Kurs zur selbstständigen Angstbewältigung kann in zwei bis acht Wochen absolviert werden, wobei Zeitpunkt und Wiederholungsanzahl der Übungen selbst bestimmt werden kann. Die psychische Verfassung der Teilnehmer*innen wird während der Therapie mit einem Fragenkatalog erfasst und „wenn die Teilnehmer eine Verschlechterung ihres psychischen Zustands erfahren, haben sie direkten Zugang zu Notfallnummern und können sofort hilfreiche Übungen wiederholen“ (https://www.tk.de/presse/themen/digitale-gesundheit/digitale-medizinprodukte/digitale-psychotherapie-gegen-angst-2078468).

Die Therapie wird also, obwohl sie Zuhause und relativ frei durchgeführt wird, von Therapeut*innen unterstützt und auch die Schulungsinhalte basieren auf verhaltenstherapeutischen Behandlungsleitlinien für Angststörungen. Nach Beendigung des Kurses dürfen die Patient*innen die VR-Brille behalten und der Zugang zur App besteht ebenfalls weiterhin, sodass sie die Übungen nach Bedarf jederzeit ausführen und ihre Angstzustände selbstständig therapieren können.

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