Bei der Podiumsdiskussion zum Thema Integration an der Universität habe ich vor ein paar Monaten Karlos aus Ägypten kennen gelernt. Bei der deutsch-arabischen Führung durch das Diözesanmuseum habe ich ihn dann wieder getroffen und wir haben uns ein wenig unterhalten. Weil ich Karlos‘ Geschichte so spannend fand, habe ich ihn gebeten, sie mir noch einmal in Ruhe bei einer Tasse Kakao zu erzählen – Karlos trinkt nämlich lieber Kakao als Café.
Im Café Danijela am LeMans-Wall haben wir uns dann über seine Erfahrungen in und mit Paderborn und auch über seine Odyssee unterhalten, die ihn schließlich nach Paderborn gebracht hat. Karlos ist im September 2014 als Flüchtling von Ägypten nach Deutschland gekommen. Insgesamt musste er 4-5 mal das Asylheim wechseln, bis er in Salzkotten ankam. Die Asylheimwechsel musste er eigenständig durchführen, das heißt, er bekam ein Bahnticket und fuhr allein zum nächsten Asylheim. Einmal wurde er nach 5 Stunden Fahrt wieder zurück geschickt, weil sich vor Ort herausstellte, dass doch kein Platz für ihn frei war.
Paderborn kannte Karlos bereits aus den Erzählungen seiner Schwester, die nach Anerkennung ihres Asylantrages in Paderborn studiert hatte. Sie ging allerdings nach Ägypten zurück, da sie sich in Paderborn sehr einsam fühlte. Auch Karlos kennt dieses Gefühl, noch nicht ganz angekommen zu sein. Er habe zwar viele Bekannte, erklärt er, aber keine richtigen Freunde. Dies hatte er insbesondere festgestellt, als er vor einiger Zeit für ein paar Tage ins Krankenhaus musste und nur wenig Besuch bekam. Wenn er im W-Lan eine gute Internetverbindung hat, skyped er mit Freunden aus Ägypten, die er sehr vermisst. Auch seine Schwester und seinen Vater vermisst er sehr.
Auch das Meer und dessen Weite, die er in seiner Heimatstadt Alexandria erleben konnte, fehlen ihm. Einen kleinen Trost spenden ihm in Paderborn die Innenstadt oder das Paderquellgebiet, wo man bei einem Spaziergang die Füße ins Quellbecken halten kann. Die Universität und ihre Atmosphäre findet er besonders schön und nutzt die Gelegenheit dort an Deutschsprachkursen teilzunehmen, sich mit anderen Studierenden auszutauschen, zu lernen und zu quatschen. In Ägypten hat Karlos einen Bachelor in Maschinenbau gemacht und will nun in Paderborn – sobald sein Asylantrag bewilligt ist – im Master weiter studieren.
Da er bis zum Abschluss seines Asylverfahrens nicht arbeiten darf, hilft Karlos derzeit bei der Fahrradwerkstatt der Caritas aus und bietet sich als Dolmetscher für Flüchtlinge an, da er schon sehr gut Deutsch spricht. Außerdem hofft er bald aus dem Schwesternwohnheim in Salzkotten, in dem er derzeit wohnt, aus- und stattdessen in die Stadt Paderborn zu ziehen. Ein Stück näher ans Paderquellgebiet und zu seinen Bekannten. Vielleicht werden mit der örtlichen Nähe aus diesen Bekanntschaften ja doch noch Freundschaften.