Kakaotrinken mit Karlos

Bei der Podiumsdiskussion zum Thema Integration an der Universität habe ich vor ein paar Monaten Karlos aus Ägypten kennen gelernt. Bei der deutsch-arabischen Führung durch das Diözesanmuseum habe ich ihn dann wieder getroffen und wir haben uns ein wenig unterhalten. Weil ich Karlos‘ Geschichte so spannend fand, habe ich ihn gebeten, sie mir noch einmal in Ruhe bei einer Tasse Kakao zu erzählen – Karlos trinkt nämlich lieber Kakao als Café.
Im Café Danijela am LeMans-Wall haben wir uns dann über seine Erfahrungen in und mit Paderborn und auch über seine Odyssee unterhalten, die ihn schließlich nach Paderborn gebracht hat. Karlos ist im September 2014 als Flüchtling von Ägypten nach Deutschland gekommen. Insgesamt musste er 4-5 mal das Asylheim wechseln, bis er in Salzkotten ankam. Die Asylheimwechsel musste er eigenständig durchführen, das heißt, er bekam ein Bahnticket und fuhr allein zum nächsten Asylheim. Einmal wurde er nach 5 Stunden Fahrt wieder zurück geschickt, weil sich vor Ort herausstellte, dass doch kein Platz für ihn frei war.

Paderborn kannte Karlos bereits aus den Erzählungen seiner Schwester, die nach Anerkennung ihres Asylantrages in Paderborn studiert hatte. Sie ging allerdings nach Ägypten zurück, da sie sich in Paderborn sehr einsam fühlte. Auch Karlos kennt dieses Gefühl, noch nicht ganz angekommen zu sein. Er habe zwar viele Bekannte, erklärt er, aber keine richtigen Freunde. Dies hatte er insbesondere festgestellt, als er vor einiger Zeit für ein paar Tage ins Krankenhaus musste und nur wenig Besuch bekam. Wenn er im W-Lan eine gute Internetverbindung hat, skyped er mit Freunden aus Ägypten, die er sehr vermisst. Auch seine Schwester und seinen Vater vermisst er sehr.
Auch das Meer und dessen Weite, die er in seiner Heimatstadt Alexandria erleben konnte, fehlen ihm. Einen kleinen Trost spenden ihm in Paderborn die Innenstadt oder das Paderquellgebiet, wo man bei einem Spaziergang die Füße ins Quellbecken halten kann. Die Universität und ihre Atmosphäre findet er besonders schön und nutzt die Gelegenheit dort an Deutschsprachkursen teilzunehmen, sich mit anderen Studierenden auszutauschen, zu lernen und zu quatschen. In Ägypten hat Karlos einen Bachelor in Maschinenbau gemacht und will nun in Paderborn – sobald sein Asylantrag bewilligt ist – im Master weiter studieren.

Da er bis zum Abschluss seines Asylverfahrens nicht arbeiten darf, hilft Karlos derzeit bei der Fahrradwerkstatt der Caritas aus und bietet sich als Dolmetscher für Flüchtlinge an, da er schon sehr gut Deutsch spricht. Außerdem hofft er bald aus dem Schwesternwohnheim in Salzkotten, in dem er derzeit wohnt, aus- und stattdessen in die Stadt Paderborn zu ziehen. Ein Stück näher ans Paderquellgebiet und zu seinen Bekannten. Vielleicht werden mit der örtlichen Nähe aus diesen Bekanntschaften ja doch noch Freundschaften.

Wie man sich das Libori-Diplom erschummelt

Ich bin gerade auf dem besten Wege meinen „großen Libori-Schein“ zu machen. Der „große Libori-Schein“ ist eine inoffizielle Auszeichnung, die einige Bekannte von mir verleihen, nämlich für das Teilnehmen an Libori an allen neun, beziehungsweise zehn Abenden. Das kann sehr anstrengend werden, weshalb man in Ausnahmefällen einen einzigen Ruhetag einlegen darf. Meines Wissens gibt es nur wenige, die dies bisher durchgehalten haben.
Am Mittwochabend war ich also mal wieder auf Libori und habe mir zunächst die AC/DC-Cover-Band „Cheap Dirt“ auf der Bühne in der Leostraße vor dem Capitol angesehen. Der Platz war brechend voll und auch über die Atmosphäre und Stimmung konnten sich die Musiker nicht beklagen: Es wurde getanzt, geklatscht, gesungen, gegrölt, das ein- oder andere Video gedreht. Der Sänger der Band ließ sogar während des Auftritts Selfies von Zuschauern mit ihm zu. Dass es sich bei der Band um eine Cover-Band handelte, vergaß man bei dieser Atmosphäre sehr schnell.
Auf meinem Weg durch die Stadt kam ich auch schließlich auch am Raum für Kunst vorbei und traf dort unter anderem Poetry Slamer Dean Ruddock. Er ist in den Dörfern um Paderborn herum aufgewachsen und kennt Libori daher schon lange. Libori habe sich in den letzten Jahren sehr verändert und insbesondere das Kulturangebot ausgebaut, erzählte er mir. Die Veranstaltungen auf dem Franz-Stock-Platz aber auch die Angebote von LABORI im Raum für Kunst betonte er in diesem Zusammenhang. Wie mir Sarah aus dem LABORI-Team– erklärte, würden die Angebote hier gut angenommen. Und das von allen Altersgruppen, wie sie beobachtet hat.
Wie ich festgestellt habe, ist Libori viel mehr als nur Kirmes und Kirche! Bei einem solchen reichhaltigen (kulturellen) Angebot schaffe ich mein Libori-Diplom vielleicht doch noch mit links…!

Paderbornerinnen über ihre Stadt und deren Außengastronomie

Neulich habe ich eine Bekannte mit ihren Freundinnen getroffen. Die Frauen sind etwa zwischen Anfang vierzig und Mitte fünfzig und haben sich hier in Paderborn gewissermaßen gesucht und gefunden. Während die einen aus Warburg, Kassel oder Bremen kommen, sind die anderen gebürtige Paderbornerinnen beziehungsweise kommen aus Schloss Neuhaus. An Paderborn schätzt die Gruppe das soziale Netz, das so eng ist, „dass man einander nicht aus dem Weg gehen kann“. Über zwei Ecken kenne man in Paderborn nach einer gewissen Zeit jeden. Wenn man es eilig habe, dürfe man eben nicht in die Stadt gehen, denn dort träfe man immer jemanden, der auf ein kurzes Schwätzchen aus sei. Die gebürtige Bremerin erklärte mir, dass sie die Anonymität in Bremen sehr gestört hätte. In Paderborn dagegen habe man „das familiäre Umfeld eines Dorfes gepaart mit den Vorzügen einer Großstadt“.
Am Ende unseres Gesprächs verrieten mir die Damen noch einige ihrer Ausgeh-Tipps für den Sommer, nämlich verschiedene Restaurants mit Außengastronomie in gemütlicher oder idyllischer Atmosphäre. Dazu zählen das Phong’s, ein chinesisch/vietnamesisches Speiselokal in Schloss Neuhaus, das Kö13 am Neuen Platz in der Paderborner Innenstadt und das Restaurant Wolke 7 am Haxter Berg, von dem aus man über den Segelflugplatz gucken könne.
Mit ein bisschen Glück habe ich in den nächsten Wochen bei schönem Wetter noch die Gelegenheit das ein- oder andere Lokal auszuprobieren und vielleicht sogar in weiteren Gesprächen noch ein paar Insider-Tipps zu bekommen.

Zwischen Liturgie und Pokémonfieber

Heute war ich im Hohen Dom zum Liboritusch, dem Auftakt des Liborifestes. Auf dem Weg dorthin habe ich eine Bekannte getroffen, für die dieses Ereignis wie aus einer anderen Welt oder dem Mittelalter wirkt. In dieser Zeremonie werden die Gebeine des heiligen Liborius aus der Krypta des Domes erhoben, das heißt in einer Prozession hinauf zum Altar getragen. Die Besucher standen sowohl im Dom selbst, als auch vor dem Portal und auf den Treppenstufen vor dem Dom. Um zumindest für die Zuschauer innerhalb des Domes das Geschehen auf im Altarraum und in der Krypta sichtbar zu machen, waren an den Säulen der Seitenschiffe große Flachbildschirme angebracht, auf denen eine Live-Übertragung stattfand. Während eines Gottesdienstes auf einen Bildschirm zu starren fand ich zunächst etwas befremdlich, doch war die Atmosphäre trotzdem sehr feierlich.
Für mich als Nicht-Katholikin waren verschiedene Teile der Zeremonie nicht ganz verständlich, so dass ich meine Nachbarn um mich herum befragte. Damit hatte ich ungewollt eine Diskussion unter den Zuschauern darüber angeregt, ob es sich bei dem Inhalt der Monstranz (eines goldenen Gefäßes, das die hohen Geistlichen während der Zeremonie küssten) befand. Reliquien meinten die einen, eine Hostie meinten die andere. Seit einer Internetrecherche bin ich mir nun sicher, dass es sich um eine Hostie handelt.

Auf meinem Rückweg vom Dom durch das Paderquellgebiet holte mich der moderne Alltag wieder ein: Ich traf dort nämlich auf einen regelrechten Pulk von Pokémon-Trainern. Hier im Paderquellgebiet befindet sich offenbar ein beliebter Pokéspot, wie mir zwei Bekannte, die ich dort zufällig beim Spielen fand, erklärten. Ich war zunächst davon ausgegangen, dass auch die beiden wegen der über Facebook angekündigten Veranstaltung dort seien. Von der Veranstaltung wussten die beiden allerdings nichts; ihren Aussagen zufolge sei es seit eineinhalb Wochen immer so voll an diesem Pokéspot. Auch an der Uni sei ein sehr beliebter Punkt.

Nach diesem Tag voller Gegensätze werde ich mich noch einmal auf den Weg in die Stadt gehen und den Paderbornern beim Feiern Gesellschaft leisten. Und wer weiß, vielleicht treffe ich ja auf die ein- oder andere Geschichte…

Fotos vom Pokemémonfangen im Paderquellgebiet gibt’s hier: www.facebook.com/StadtschreiberPaderborn

Biertrinken in Paderborn – zum Beispiel im Munchies!

Neulich habe ich mich mit einigen Paderbornerinnen über die Stadt und ihre Kneipenszene unterhalten. In diesem Rahmen kam die Behauptung auf, Paderborn habe überhaupt keine richtigen Studentenkneipen mehr. Wohin ich denn gerne ginge, wurde ich daraufhin gefragt. Ich gehe gerne ins Munchies! DER Paderborner Bierladen, wie Attila sein Lokal auch nennt, befindet sich am Kamp gegenüber der Liborigalerie. Man erkennt das Munchies auch daran, dass es – egal zu welcher Jahres- und Tageszeit man dort vorbeikommt – immer voll ist!

Bei meinem letzten Besuch im Munchies habe ich die Gelegenheit beim Schopf gepackt und Attila einmal zu seinem Bild von Paderborn befragt. Unter anderem wollte ich von ihm wissen seit wann er in Paderborn wohnt, was Paderborn für ihn ausmacht und wie er die Paderborner erlebt:

Das Munchies gibt es seit 2010 in Paderborn, seit 2011 wird es von Attila geführt. Er hat zusammen mit seinen Mitarbeitern einige Aktionen entwickelt, wie beispielsweise den „Kunden des Monats“. Prämiert wird jeden Monat ein Kunde, der etwas Spezielles oder Besonderes, etwas Außergewöhnliches tut oder bestellt. Der Kunde des Monats wird dann an der Wand angeschlagen. Da gab es etwa Phillip, der ein Weizenbier in 2 Sekunden getrunken hat oder eine Gruppe von 17 Mann, die ihr Bier statt in Flaschen direkt als 30 Liter Fass bestellt und selbst gezapft hat. Was das Munchies so attraktiv macht, hat mir Attila so erklärt:

Neben dem ausgefallenen und reichhaltigen Bierangebot bietet das Munchies außerdem verschiedene Cocktails und Spirituosen, aber auch verschiedene Snacks, Salate, Pizza- und Pastagerichte an. Attila empfiehlt seinen Gästen allerdings vor dem Bestellen einen Blick auf das Tagesgericht zu werfen: „Das Tagesgericht ist immer saisonal, regional und frisch!“ Außerdem empfiehlt er das Augustiner Bier, das es von Mai bis Oktober auch vom Fass gibt. Eine weitere Spezialität ist das „Munchies-Bier“, ein untergäriges Bier aus der Detmolder Strate-Brauerei, das speziell für das Munchies gebraut und in die kultige Plopp-Flasche abgefüllt wird.

Das Munchies ist also mein Tipp für das gemütliche Feierabendbier. Sollten Sie mich demnächst dort bei einem Kaltgetränk sehen, setzten Sie sich doch einfach dazu.

Ein paar Bilder vom vollen Munchies gibt’s auf Facebook unter:
www.facebook.com/StadtschreiberPaderborn

Das Paderborner Schützenfest – Zwischen Tradition und Feier

Am vergangenen Wochenende war ich auf meinem ersten Schützenfest! Ich hatte mir im Vorhinein von meinem Bekannten Marc bereits einiges über das Schützenfest in Paderborn erzählen lassen, sodass ich zumindest den groben Ablauf kannte. Ich habe marschierende Schützen, Paraden, Kutschen mit Königinnen und Spielmannszüge gesehen. Auch das traditionelle Königsschießen habe ich mir angesehen.

Besonders das Königsschießen war für mich spannend. Zunächst war ich davon ausgegangen, dass derjenige Schütze, der den Vogel als erster treffen würde, der neue König werden würde. Tatsächlich ging es aber darum, den Holzvogel bis auf den letzten Holzsplitter von seiner Befestigung zu schießen. Dies zog sich etwa zweieinhalb Stunden, in denen insbesondere die Titelmusik der Winnetou Filme gespielt wurde. Die beiden Moderatoren – in diesem Jahr wurde zum ersten Mal, wie mir von einem der Zuschauer erklärt wurde, eine Übersetzung für die anwesenden Engländer angeboten – gaben während des Schießens verschiedene Kommentare und Erklärungen zum Schießprozess ab. Außerdem interviewten sie die Anwesenden und auch das Publikum. Die Winnetou-Musik war scheinbar in den letzten Jahren eine Art Geheimwaffe gewesen um den Vogel zum Absturz zu bewegen. Als sich dieser nach mehr als zwei Stunden immer noch wacker hielt, spielte man auf Anraten des Publikums ACDC, um den Vogel zu erschrecken.
In dieser Zeit hatte ich die Gelegenheit mich mit verschiedenen Zuschauern über die Veranstaltung und das Königsschießen zu unterhalten. Ein anwesender Metzger aus Lippstadt erzählte mir, dass es in Paderborn Brauch sei, die Königin bereits im Vorhinein festzulegen. In anderen Städten und Dörfern hingegen ist es üblich, dass der neue König sich seine Königin selbst wähle. In Paderborn habe der Brauch, die Königin im Vorhinein festzulegen, seinen Ursprung darin, dass das Schützenfest mit hohen Kosten für den König verbunden sei und durch die Wahl der Königin aus einer anderen Familie, die Kosten für das Schützenfest geteilt werden könnten. Da König und Königin im Laufe des Jahres an vielen Veranstaltungen teilnähmen, verbrächten König und Königin so mehr Zeit miteinander als mit ihren Ehegatten. Dies habe in der Vergangenheit bereits zu Gerüchten und gesellschaftlichen, aber auch ehelichen Spannungen geführt.

Bei der Parade der „alten Königin“ habe ich außerdem Wolf Frank und seine Verlobte Huanhuan Lu aus Shandong in China getroffen. Beide leben derzeit in China. Da er jedoch in Paderborn aufgewachsen ist und die beiden dabei sind, eine Familie zu gründen, haben sie sich dafür entschieden zunächst nach Paderborn und damit in die Nähe zu seiner Familie zu ziehen. Für Huanhuan war das Schützenfest eine besondere Erfahrung: Die Kleider, Paraden und das Marschieren waren für sie, wie auch für mich, neu und aufregend. Wer von uns beiden mehr Fotos gemacht hat, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Im Vorbeigehen wurde sie jedoch von sehr vielen Schützen und den Zeremonienmeistern gegrüßt und angelächelt. Die junge Chinesin war für einige der Schützen und Musiker definitiv eines der Highlights des Festes!

Eine andere Zuschauerin, die ebenfalls in Paderborn aufgewachsen ist und das Schützenfest seit ihrer Kindheit kennt, erklärte mir: „Es wird weit weniger getrunken als früher! Oder zumindest trinke ich jetzt weniger.“ Außerdem würden hier ihrer Meinung nach immer mehr Hürden überwunden, so dass das Schützenfest in den letzten Jahren weltoffener geworden sei. Im Nachhinein und vor dem Hintergrund der Erfahrungen ihrer Freundin als Zeremonienmeisterin kann sie nun sagen, dass das Schützenfest in Paderborn wesentlich ernster sei, als sie es als Kind wahrgenommen habe. An Paderborn schätze sie, dass es eine kleine Stadt mit Großstadtflair sei. Das Vorurteil der sturen Ostwestfalen träfe auf die Paderborner ihrer Erfahrung nach nicht zu.

Nach der Königinnenparade hatte ich außerdem die Gelegenheit mich mit einigen der jungen Musiker und Musikerinnen der Königsträßer zu unterhalte. Mit Hilfe ihrer Smartphones hatten sie die Kilometer gezählt, die sie am Sonntag marschiert waren: 8,5 Kilometer reines Marschieren! Inklusive Tanzen von Mitternacht bis zwei Uhr morgens kamen sie insgesamt auf Kilometerzahlen von 12 bis 17,5.

Das Paderborner Schützenfest habe ich also als traditionelles Fest mit verschiedenen Brächen kennen gelernt, dass sich aber genauso an die gesellschaftliche Realität anpasst, beziehungsweise sich mit den Paderbornern zusammen verändert. Alles in Allem bleibt das Schützenfest ein Fest, das – unter Berücksichtigung der Traditionen und Bräuche – auch als solches wahrgenommen, angenommen und gefeiert wird.

Weitere Bilder vom Schützenfest finden Sie auf Facebook unter www.facebook.com/StadtschreiberPaderborn

Paderborn ist… Ort der internationalen Freestyle-Szene!

Am Sonntag war ich, wie mir Marc im Vorfeld geraten hatte, im Goldgrund, um mir den zweiten Teil des BBQ Skatecontests anzusehen. Oder genauer gesagt: ich war beim 19. Paderborner Freestyle Contest! Ich war schon ein paar Minuten vor zwölf da, um nichts zu verpassen. Der eigentliche Wettkampf begann dann erst gegen 14.00 Uhr, was mir aber die Gelegenheit gab, mich mit Teilnehmern, Organisatoren und Zuschauern zu unterhalten oder auch einfach in der Sonne zu sitzen und den Skatern beim Warmfahren zuzusehen. Außerdem war ich sehr gespannt, schließlich hatte Marc den Freestyle-Part des Wettbewerbs als „inoffiziellen Worldcup“ bezeichnet. Der internationale Charakter der Veranstaltung war nicht zu übersehen oder besser gesagt zu überhören: Als ich mich mit meiner Tasche und einer eiskalten Cola auf die Wiese setzte, unterhielt man sich auf dem Platz neben mir auf Englisch. Wie ich später erfuhr, kamen die Teilnehmer unter anderem aus Ungarn, Rumänien, England, Spanien, Schweden, Brasilien und Deutschland. Auch die Zuschauer waren teilweise weit angereist oder aber Paderborner mit und ohne Familien, junge, alte, neue, alteingesessene und auch Studenten, kurzum: ein vollkommen gemischtes, buntes Publikum.

Sobald sich die Gelegenheit bot, quatschte ich kurzerhand einen meiner Sitznachbarn an. Simon aus Hannover war mit der S-Bahn angereist und im letzten Jahr zum ersten Mal beim Paderborner Skatecontest dabei gewesen. Paderborn kannte er davor nur aus dem gleichnamigen Lied der Band „Abstürzende Brieftauben“, in dem aber keine Aussagen über die Stadt gemacht werden. Auch er konnte keine Aussagen über Paderborn machen, da er selbst bisher nur Bahnhof und Skatepark kennt. Er erklärte mir, dass Freestyle Wettkämpfe im Skateboardbereich eine Seltenheit darstellten und, dass dieser Wettkampf „europaweit eine echte Hausnummer“ sei: „Der Contest ist für die deutschen Freestyler eine Must-have-Veranstaltung!“

Simon stellte mich dann Yo Yo Schulz – einem „Urgestein der Freestyle-Szene“ – vor. Yo Yo schilderte dann, wie der Freestyle-Contest nach Paderborn kam: 2001 lief die Kommunikation innerhalb der Skateboard-Szene noch nicht übers Internet, sondern über das „Boardstein“-Magazin. Dort hatte Ratzi (alias Ralf Loser), der Besitzer des Slider/Loser Coffee und „Vater des Skateboardens in Paderborn“, den Wettkampf beworben: Samstag Street/Sonntag Oldschool. Für Yo Yo stellte sich daraufhin die Frage „Was ist oldschool?“, die er daraufhin am Telefon auch Ratzi stellte. Der lud die Freestyler daraufhin zum Contest am Sonntag ein. Daraus ergab sich eine Freundschaft und ein Meilenstein in der Freestyle-Szene.
Yo Yo erklärte mir außerdem, was Freestyle im Skateboarden eigentlich bedeutet, nämlich, dass keinerlei Hilfsmittel wie Rampen oder Geländer verwendet würden, sondern lediglich die flache Ebene genutzt würde. Auch die Skateboards sehen etwas anders aus, sie haben beispielsweise kleine Plastikstege als Verstärkung an den Längsseiten der Bretter, die das Springen auf den Kanten ermöglichen.

Auch mit Ratzi habe ich mich natürlich über den Wettkampf unterhalten und darüber, wie dieser nach Paderborn kam: Ratzi selbst ist in Paderborn aufgewachsen und in seiner Jugend zu „diesem Ding mit den vier Rollen“ gekommen. Die Freundschaften und die sich daraus ergebende Gemeinschaft – in und auch außerhalb der Skateboardszene – macht für ihn letztendlich diese Stadt und das Leben in ihr aus.
Zusammen mit den anderen Paderborner Skateboardern hatte er in anderen Städten an Contests teilgenommen, allerdings fehlte ihnen die Möglichkeit, vielmehr der Ort, an dem sie in Paderborn trainieren konnten. Erst, als die Skatboardgemeinschaft den Verein „Paderborner Asphaltsurfer e.V.“ ins Leben rief, konnte sie etwas bewegen. Erste Sportmöglichkeiten wurden von den Skatern selbst im Inselbadstadion geschaffen; die ersten Rampen hatten sie selbst aus Holz gebaut, erzählte mir Ratzi. Als das Inselbadstadion schloss, wurde er in die Planung des Skateparks im Goldgrund einbezogen.

Von Ratzi und Jan Hatebur, der den Contest in diesem Jahr erstmalig organisierte, wurde mehrfach betont, dass die Veranstaltung ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer nicht möglich wäre. „Die Leute ziehen durch, bis sie umkippen“, erklärte mir Jan. Die Atmosphäre im Goldgrund habe ich persönlich als sehr familiär und freundschaftlich wahrgenommen, was für einen Sportwettbewerb, insbesondere auf internationaler Ebene, alles andere als selbstverständlich ist! Was mich ebenfalls beeindruckt hat war, dass die Sportler alle sehr aufgeschlossen, freundlich und offen waren: Eine Szene ganz ohne Starallüren, wie mir schien! Auch hatte ich den Eindruck, dass alle – Teilnehmer, Organisatoren, Helfer und Zuschauer – viel Spaß hatten. Gewonnen hat den Wettkampf schließlich der deutsche Skateboarder Günther Mokulys, der übrigens unter anderem 11facher Flatland Freestyle Skateboard Weltmeister ist.

Eindrücke vom BBQ Skateboardcontest gibt es in Form von Videos bei den Asphaltsurfern:
www.facebook.com/asphaltsurferev.paderborn

Bilder vom Wettkampf gibt es auf meiner Facebook-Seite: www.facebook.com/StadtschreiberPaderborn

Westernstraße Paderborn – Ort von Konsum und Kunst

Am Freitag bin ich beim Nachhauseweg zufällig in eine Performance der Studentin und Künstlerin Jennifer Janski gestolpert: Zusammen mit ihren Helfern hatte Jennifer verschiedene Kleidungsstücke in der Westernstraße drapiert, diese mit kurzen Texten versehen, und vereinzelt Schilder aufgestellt, welche die Passanten unter anderem fragten: „Wieso bist du hier?“ oder „Heute schon in den Spiegel geschaut?“ Außerdem hatte die junge Künstlerin ein White-Board mit Fragen vorbereitet, die sich auf das Kaufverhalten von Kleidung bezogen. Diese Fragen beantwortete sie zunächst selbst. Und das gleich zwei Mal, einmal für ihr drei Jahre jüngeres Ich, dann aus heutiger Sicht. Jennifer hat sich inzwischen intensiv mit den Themen Nachhaltigkeit und Zwangsarbeit in der Textilindustrie auseinandergesetzt. Daher sind ihre Antworten heute natürlich ganz anders als noch vor drei Jahren. Die Idee hinter der Performance ist es, die Passanten zur Selbstreflexion über ihr Kaufverhalten zu bringen.

Jennifer Janski studiert an der Universität Paderborn Mode-Textil-Design und Medienwissenschaften im Zweifachbachelor. Die Performance heute ist Teil einer Triologie, die sie im Zusammenhang mit ihrer Bachelorarbeit konzipiert hat. Zwar lebt sie momentan in Köln, da sie dort ein Praktikum absolviert, doch diesen dritten Teil ihrer Performance wollte sie hier in Paderborn machen. Zum einen hat sie hier bereits die anderen beiden Teile durchgeführt – den ersten vor H&M in der Westernstraße, den zweiten universitätsintern während eines Seminars – und wollte so eine Einheit schaffen. Zum anderen erklärt sie, dass sie hier in Paderborn mehr Menschen mit ihrer Kunst erreichen kann: „Die Leute sind hier entspannter und nehmen sich mehr Zeit“, findet Jennifer.

Wer die Performance verpasst hat, kann sich hier einen Eindruck von Jennifers Kunst verschaffen: http://tinyurl.com/gpgvz9x

Bilder zur Performance gibt es wie immer auf Facebook unter www.facebook.com/StadtschreiberPaderborn

Wie man Schützenfest und Skatecontest unter einen Hut bekommt

An diesem Wochenende laufen hier in Paderborn zwei große Veranstaltungen parallel, die ich mir gerne ansehen möchte: Das Schützenfest und der BBQ Skatecontest. Beide Veranstaltungen haben verschiedene Programmpunkte, von denen der ein- oder andere mehr oder weniger interessanter werden könnte. Um zu entscheiden, wann ich mir welche Veranstaltung anschauen kann, habe ich mich mit Marc unterhalten. Marc ist selbst leidenschaftlicher Skate-, Long- und Wakeboarder und ist auch in diesem Jahr wieder ehrenamtlicher Helfer beim BBQ Skatecontest. Außerdem spielt er Querflöte bei dem Tambourcorps Nordborchen, was bedeutet, dass er an diesem Wochenende für die Westernkompanie in Paderborn spielen wird.

Er hat mir empfohlen heute Abend ab 19.00 Uhr am Schützenplatz vorbei zu schauen. Zuerst werde dort in den einzelnen „Bauden“ – den Hütten der einzelnen Kompanien – gefeiert, anschließend zusammen in der Schützenhalle. Morgen sollte man gegen zwölf im Goldgrund beim Skatecontest sein, um sich dort den Freestyle-Teil anzusehen. Hier treffe sich laut Marc die Weltelite. Dieser Teil des Wettkampfs gelte als inoffizieller Worldcup; es nähmen hier sowohl nationale als auch internationale Sportler teil. Das Wettkampfgelände ist auch mit dem Bus zu erreichen, beispielsweise mit der Linie 9 Richtung Kaukenberg. Aussteigen sollte man an der Haltestelle Vinsebecker Weg.

Nach Ende des Wettkampfes ist es möglich nahtlos zum Schützenplatz zu fahren, wo um 17.30 Uhr die Anfahrt der Königin stattfindet. Die sei in Paderborn sehenswert, habe ich mir auch von anderen Seiten sagen lassen. Am Montag wird dort beim Königsschießen der neue König ermittelt, was sich, wie Marc aus Erfahrung weiß, auch ein bisschen ziehen kann. Um 18.00 Uhr marschieren die Schützen ein letztes Mal; den Abschluss des Paderborner Schützenfestes bildet gegen 22.00 Uhr das von der Volksbank Paderborn-Höxter gesponserte Feuerwerk.

Um am Wochenende Paderborn-Geschichten sammeln zu können riet mir Marc noch: „Gib dem Paderborner 2/3 Bier und Zeit sich zu öffnen, dann ist er ein liebenswerter Typ!“

Einladung zu einer facettenreichen Suche nach dem wahren Paderborn

Ich habe gerade Post bekommen:

„Hallo! Im Artikel über die Stadtschreiber(in) in der Paderborn am Sonntag vor einigen Wochen, war die Rede davon, dass es morgen, 6.7. eine Veranstaltung im Rathaus geben sollte, in der das Projekt vorgestellt wird. Leider kann ich den Termin nirgendwo verifizieren. Kann mir das vielleicht jemand bestätigen? Ich würde sehr gerne dort hin gehen. Danke!“

Lieber Leser,
Liebe Leserin,
Liebe Paderborner,

es tut mir sehr leid, dass der Termin beziehungsweise die Veranstaltungsankündigung auf diesem Kanal vernachlässigt wurde: Morgen um 19.00 Uhr halte ich einen öffentlichen Vortrag im Großen Saal des historischen Rathauses in Paderborn in dem ich die Erlebnisse, Eindrücke und Begegnungen, die ich in den letzten Monaten hier in Paderborn gemacht habe, präsentiere. Ich würde mich sehr freuen Sie dort zu begrüßen!

Mit herzlichem Gruß

Ramona Bechauf, Stadtschreiberin

Eine ausführliche Ankündigung des Vortrags finden Sie hier: https://www.facebook.com/satzagenten/?fref=nf