Und wo sind nun die Period Rooms? Ein Besuch im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg

Über Pfingsten nutzte ich einen Besuch in der nordischen Heimat dazu, auch einen kleinen Abstecher in das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg zu machen. Dieses Museum taucht immer wieder auf (oft als einziges deutsches Museum), wenn man Internetrecherchen zu Period Rooms betreibt. Die Ausstellungsfläche ist 18.000 Quadratmeter groß und in verschiedene Themenbereiche unterteilt. Dies war für mich sehr unübersichtlich, da ich auch keinen ausgeschilderten Rundgang finden konnte, den man idealerweise einschlagen sollte. Das erschwerte mir die Suche nach den Period Rooms. Schließlich gelang es mir, ein paar Zimmer auszumachen, die meiner Vermutung nach als inszenierte Räume gelten sollten. Interessant waren hier die verschiedenen Zeitspannen, in denen Wohnkultur dargestellt wurde. Besonders auffällig ist die Spiegel-Kantine, die 1969 für das Verlagsgebäude des Spiegel-Magazins entworfen wurde und seit 2012 im Museum zu finden ist. Die Kantine ist in auffälligen Rottönen gestaltet und zeigt Einrichtungsströmungen der Sechziger Jahre, wobei die knallige Farbgebung jedes noch so kleinen Details im Raum dem Auge des heutigen Betrachters keine Ruhe gönnen.

Hier sieht man das Balkonzimmer und die Spiegel-Kantine

Weitere inszenierte Räume sind die Milde-Speckter-Zimmer, welche drei Lübecker und Hamburger Wohnräume des frühen 19. Jahrhunderts darstellen. Die Bezeichnung geht auf die Künstler Erwin Speckter und Carl Julius Milde zurück, die die eindrucksvollen Wandmalereien der Zimmer anfertigten. Zu den Zimmern gehören das Balkonzimmer einer Hamburger Villa von 1834/35, das Kabinett aus einem Landhaus in Hamburg-Hamm von 1830 und ein Zimmer aus dem Haus einer Kaufmannsfamilie in Lübeck von 1834. Das Kabinett, welches bei meinem Besuch leider in sehr dunkles Licht getaucht war, sodass ein Foto kaum möglich war, wurde von dem Hamburger Juristen Dr. Karl Sieveking in Auftrag gegeben. Es sollte in seiner Größe einer Schiffskabine entsprechen, die Sieveking während einer Reise nach Brasilien bewohnt hatte. Die Wände sind mit Holzvertäfelung bestückt, während die Decke durch Malereien verziert sind, die Erwin Speckter anfertigte. Das Zimmer beherbergt die originale Einrichtung, zu der ein Schreibtisch, eine Kommode und ein Sofa gehören. Auch die Holzmöbel wurden von Speckter bemalt.

Das Zimmer der Kaufmannsfamilie Nölting aus Lübeck. Die Wandgestaltung übernahm Milde.

Die inszenierten Räume haben meine Definition von Period Rooms ins Wanken gebracht. So habe ich die Milde-Speckter-Zimmer auf den ersten Blick nicht als Period Rooms wahrgenommen, da sie auf mich sehr leer wirkten und ich der Ansicht war, dass zu einem Period Room die gesamte Ausstattung der ehemaligen Einrichtung gehört. Dass insbesondere auch die Wandgestaltung von Interesse ist, wurde mir dann durch die spätere Recherche zu den Zimmern bewusst.
Bei Räumen wie der Spiegel-Kantine liegt meines Erachtens der besondere Wert darin, dass sie sich von den “althergebrachten” Period Rooms durch ihre neuere Historie und Auffälligkeit abheben und somit besonders das Interesse des Besuchers wecken. Auch können hier Bezüge zu der Lebensrealität von Besuchern hergestellt werden, die diese Einrichtungsstile selbst miterlebt haben und nun ihre eigene Vergangenheit in einem musealisierten Kontext betrachten können. Dies könnte ein Anreiz sein, auch die jüngere Vergangenheit in Period Rooms darstellbar zu machen, wie es zum Beispiel im dänischen Freilichtmuseum Den Gamle By mit Räumen aus den Siebziger Jahren der Fall ist. Die Period Rooms in Dänemark stehen übrigens ebenfalls auf meiner Besuchsliste. Ich hoffe, bald davon berichten zu können!

Kunst und Kultur nach Corona

Durch den Stillstand der Kunst und Kultur zu Pandemiezeiten kam es auch zu der Vereinsamung vieler Menschen, denn Treffen und Miteinandersein waren lange Zeit nicht mehr möglich. Bei einigen Veranstaltungen, die ich besuche, höre ich, dass das kulturelle Leben nur langsam wieder anläuft. Um kulturelle Begegnungen nach der Corona-Pandemie wieder zu ermöglichen, hat die Fortbildungsakademie der Wirtschaft in Paderborn „Kuku 4.0” gestartet. Dies findet auch an Standorten in Jena, Dessau und Kiel statt. Bei dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Projekt geht es darum, Workshops für Schüler und Schülerinnen im Alter von 11 bis 17 Jahren anzubieten, bei denen die Teilnahme kostenlos ist. Nach anfänglich eher wenigen Anmeldungen werden die Angebote nun von Schülern und Schülerinnen verschiedener Schulen angenommen und es konnten erste Kontakte geknüpft werden. Die Aktivitäten sind in drei künstlerische Säulen unterteilt: Schauspiel, Kunst & Musik und Film. Dazu gehören unter anderem ein Musikvideodreh, ein Actionpainting und ein Singer-Songwriter-Workshop. Leiter und Leiterinnen der Workshops konnten bei den Paderborner Kreaturen und beim FreiWerk gewonnen werden. Krönender Abschluss des Programms soll dann eine gemeinsame viertägige Fahrt mit einigen der Schüler und Schülerinnen nach Erfurt sein, wo ein Aufeinandertreffen mit den anderen Standorten stattfinden soll. Dabei werden die verschiedenen Aktionen vorgestellt. Außerdem werden auch in Erfurt noch einige Aktivitäten wie eine Nachtwächterführung auf dem Programm stehen.

Das Ergebnis nach einem Workshop – Bildrechte bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft

Ich selbst durfte bei einem Workshop zum Nähen mit Tapetenresten dabei sein. Zwar mit Maske, aber trotzdem endlich wieder gemeinsam, konnte gebastelt, nachgedacht und kreiert werden. Zu Beginn der Pandemie und auch jetzt während meiner Zeit als Stadtschreiberin habe ich oft darüber nachgedacht, ob sich die Bedeutung von Kultur während der letzten Jahre verändert hat; ob manchen womöglich deutlich geworden ist, wie sehr sie in solchen Krisenzeiten fehlt oder ob sie schlicht nicht „systemrelevant” ist. Auch in meinen Interviews habe ich diese Frage gestellt. Eine Antwort darauf ist für viele jedoch schwierig. Vielleicht dauert es noch ein paar Jahre, bis die Reflektion darüber einsetzen wird. Bis dahin freue ich mich darüber, dass kulturelle Angebote endlich wieder möglich sind und hoffe, dass sie auch wieder von den Menschen angenommen werden!