Mit meinem Vortrag am 13. Oktober hat meine Zeit als Stadtschreiberin ihren Abschluss gefunden. Es hat mich sehr gefreut, dort meine Ergebnisse und Reflexionen vorstellen zu können und mit den Zuhörenden ins Gespräch zu kommen. Während meiner Präsentation habe ich bereits kleinere Ausschnitte aus dem Film gezeigt, den ich während meines Projektes erstellt habe. Nun ist es endlich soweit und ich kann die gesamte Version meiner Minidokumentation hier präsentieren. Wie immer freue ich mich über Kommentare, über Feedback und Fragen.
Zu guter Letzt möchte ich mich noch einmal sehr herzlich bei allen bedanken, die mich während der letzten sechs Monate unterstützt haben und natürlich auch bei all denen, die meine Blogeinträge gelesen und hoffentlich als interessant befunden haben. Bleibt neugierig, besucht die kulturellen Veranstaltungen und unterstützt die Kulturschaffenden in Paderborn, von denen es so viele wunderbare gibt.
Die letzten sechs Monate sind wie im Flug vergangen und meine Zeit als Stadtschreiberin neigt sich leider dem Ende zu. Zum Abschluss lade ich alle Interessierten zu meinem Vortrag am 13. Oktober um 19 Uhr im Großen Saal des Historischen Rathauses ein! Hier werde ich meine Erfahrungen während meines Projektes schildern und zusammenfassen. Dazu gehören natürlich die inszenierten Räume, die ich besucht habe und auch die Eindrücke, die ich während meiner Interviews und Gespräche mit Paderborner Bürgern und Bürgerinnen gewonnen habe. Zusätzlich möchte ich Ausschnitte aus meiner Minidokumentation zeigen und somit einen Einblick in die Ansichten der Paderborner und Paderbornerinnen geben. Ich freue mich über jeden, der vorbeikommt!
Außerdem möchte ich mich bei allen bedanken, die mich während meines Projektes unterstützt haben; sei es mit der Vernetzung, mit Tipps zu Museen, Ausstellungen und kulturellen Events und insbesondere mit den wunderbaren Dialogen, bei denen meine Interviewpartner und Interviewpartnerinnen ihre Zeit in den teils sehr langen, intensiven und anregenden Gesprächen geopfert haben. In Kürze wird hier außerdem mein kleiner Film zu sehen sein, der die verschiedenen Interviews zusammenfasst. Seid gespannt!
Zu den inszenierten Räumen, die ich in Ostwestfalen besucht habe, gehören auch die Period Rooms im Museum Huelsmann in Bielefeld. Das Museum stellt unter anderem die Sammlungen des namensgebenden Ehepaares Huelsmann aus, welche ihre umfangreiche Kunstsammlung der Stadt Bielefeld vermachten, um diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Sammlungen werden in der Direktorenvilla im Ravensburger Park auf mehreren Stockwerken in Epochenräumen ausgestellt, die sich chronologisch von der Renaissance bis zum Klassizismus erstrecken. Die inszenierten Räume unterscheiden sich in ihrer Konzeption von denen, die beispielsweise in Freilichtmuseen zu finden sind. So sind die Räume nicht zwingend als Wohnräume zu erkennen, vielmehr werden Kunstgegenstände einer Epoche in Vitrinen zusammengestellt. Auf Schrifttafeln werden Informationen über die jeweilige Epoche und ihre Stilrichtungen gegeben. Der Eindruck eines belebten Raumes wird nur durch ein paar Möbelstücke angedeutet, vielmehr zeigen die Gegenstände die Trends und Strömungen ihrer Entstehungszeit. Streng genommen sind diese Räume nach Benno Schubiger somit nicht als Period Rooms, sondern als Epochenräume zu definieren.
Jedes Exponat ist durch ein paar Worte, die Auskunft über Klassifizierung, Material und Herkunft geben, beschriftet. Zusätzlich sind einige Objekte mit orangefarbenen Tafeln gekennzeichnet. Diese verweisen auf das Forschungsprojekt zur Provenienz der Kunstwerke in der Sammlung Huelsmann. Von 2017 bis 2020 wurde die Objektgeschichte der Sammlungsgegenstände untersucht und auf NS-Raubkunst überprüft.
Besonders fasziniert hat mich ein weiteres Ausstellungsthema, das im Museum zu sehen ist: Die Sammlung des Ehepaares Homann, welche aus zahlreichen Porzellantassen, vorwiegend aus dem Biedermeier stammend und mit Sprüchen, Gedichten und Widmungen versehen, besteht. Die Popularität dieser teils kitschigen, teils amüsanten Botschaften auf Trinkgeschirr war mir bis dahin nicht bekannt. Im Museum Huelsmann werden die Tassen gemeinsam mit Darstellungen der Mode des 19. Jahrhunderts präsentiert. Zum Museum Huelsmann gehört auch die Turmvilla, die nur wenige Meter von der Direktorenvilla entfernt liegt und zurzeit die Sonderausstellung „Design? Design!“ zeigt. Hier werden moderne Sammlungsstücke aus dem Bestand des Museums ausgestellt. Diese zeigen Einrichtungsstile von den 1960er Jahren bis in die Gegenwart auf. Die Sonderausstellung ist noch bis zum 31. Oktober zu besichtigen.
Nachdem ich bereits Anfang diesen Jahres Backstage-Luft bei der Studiobühne der Universität Paderborn schnuppern durfte, habe ich auch beim neuesten Theaterstück hinter der Bühne mitwirken können. Da ich lange Zeit Studentin in Paderborn war, liegen mir insbesondere Kunst- und Kulturprojekte von und mit Studierenden am Herzen, aber auch die Studiobühne als Ort kreativer Vernetzung zwischen jungen Kulturschaffenden ist mir wichtig. Das Theaterstück „NANTO“ wurde von Kathrin Binder und Maria Plogmeier geschrieben, die Musik komponierte Steven Speckmann. In dem Tanztheater geht es um die Studierenden Thea und Emil, die, unzufrieden mit ihren Lebensentwürfen, sich in einer Traumwelt begegnen. Ihre Emotionen und Anziehung zueinander verarbeiten sie im künstlerischen Ausdruck: Emil im Tanz und Thea durch das Zeichnen. Dabei werden sie von stummen Tänzerinnen, den sogenannten „Blacks“, unterstützt und zuweilen antagonisiert. Auch Emils bester Freund Timo und Theas Schwester Edda stehen ihnen zur Seite.
Die Autorinnen des Theaterstückes wohnen eigentlich in Göttingen: Binder studiert Humanmedizin und Plogmeier arbeitet auf der Frühchenstation in der Uniklinik. Sie haben bereits während ihrer Schulzeit gemeinsam Theaterstücke geschrieben, die dann in ihrer Schule aufgeführt wurden. Die Idee zu „NANTO“ entwickelte sich aus der Gegenüberstellung von Realität und Traum, die sie besonders spannend fanden. Von 2019 bis 2021 schrieben die Beiden an dem Skript. Über Kontakte in Paderborn kamen sie darauf, das Stück an der Studiobühne aufzuführen. Dabei konnten sie Steven Speckmann als Komponisten ins Boot holen, der in Paderborn Physik und Musik auf Lehramt studiert. Das Ensemble und die Mitwirkenden hinter der Bühne bestehen aus Studierenden der Universität Paderborn, einige davon konnten bereits erste Erfahrungen bei dem Musical „PaderBORN TO BE WILD“ der Studiobühne sammeln. Alle sind mit sehr viel Herzblut und Einsatz dabei, um eigenes, studentisches Theater zu schaffen.
„NANTO“ wird in zwei Besetzungen gespielt. Die erste Premiere fand bereits am 03. September statt, die zweite ist am 20. Oktober zu sehen. Weitere Spieltermine sind: 22. Oktober, 24. November, 26. November, 07. Dezember, 08. Dezember, 19. Januar 2023 und 21. Januar 2023.
Heute möchte ich abermals einen Einblick in meine Gespräche mit Paderbornern und Paderbornerinnen bieten. Jobran Al Beb kommt aus der syrischen Hafenstadt Latakia, fühlt sich jedoch mittlerweile als Paderborner. Die Stadt Paderborn hat er allerdings nicht durch das Stadtmuseum kennengelernt, sondern vielmehr durch das Liborifest, wie er sagt. Al Beb mag die Paderborner Kunst- und Kulturszene, jedoch findet er, dass Veranstaltungen stärker beworben werden müssten. Außerdem wünscht er sich mehr Offenheit von den Paderborner Bürgern und Bürgerinnen, die sich oft nur zögerlich auf Neues und Unbekanntes in der Kunst und Kultur einließen. Er selbst ist häufig beim Poesie Hafen zu Gast, wo er seine auf Arabisch und Deutsch verfassten Gedichte vorliest.
Im Bereich der Museen kann Al Beb sich insbesondere für solche begeistern, die eine berühmte Persönlichkeit zum Thema haben, wie etwa das Chopin-Museum in Warschau. Eines Tages möchte er unbedingt das Van-Gogh-Museum in Amsterdam besuchen. Die Ausstellungsform der Period Rooms kann ihn jedoch nicht überzeugen: Diese empfindet er schlichtweg als uninteressant. In den Ausstellungen der Paderborner Museen wünscht er sich mehr Partizipationsmöglichkeiten. Hier könnt ihr einen kurzen Eindruck von dem Interview gewinnen:
Am letzten Wochenende fanden in Paderborn die Padernacht und die Museumsnacht statt. Natürlich durfte ich als Stadtschreiberin bei diesen Veranstaltungen nicht fehlen. Die Padernacht bildete zugleich auch den Abschluss des Secret City Festivals, welches ich in den letzten Wochen an mehreren Standorten besucht habe. Beim Secret City Festival wurden verschiedene Fassaden in Paderborn und Umgebung von Künstlern und Künstlerinnen bemalt und besprüht. Dazu gehört das Musikhaus Dahl, welches in Begleitung von Livemusik und kulinarischen Angeboten von Studio Auckz gestaltet wurde. Die im Rahmen des Festivals entstandenen Werke wurden als großflächige Abbildungen während der Padernacht ausgestellt. Hintergrundinformationen gab es von Sven Niemann, der während der Veranstaltung kleine Touren zu den Graffitis anbot. Mit Sven Niemann habe ich bereits ein Interview geführt, welches mir unter anderem einen Einblick in seine Forschung zu Graffitis ermöglichte. Die Welt der Streetart finde ich sehr spannend, da sie mir noch sehr unbekannt ist und ich sie zuvor als Kunst verkannt habe. Dabei eröffnen die Bildsprache und vor allem die soziokulturellen Aspekte der Graffitigeschichte zahlreiche Forschungsansätze. Des Weiteren bot die Padernacht Einblick in die Entstehung eines Kunstwerkes. So konnte man in der Stadtbibliothek Chris Campe bei der Gestaltung einer Innenwand über die Schulter schauen. Außerdem waren verschiedene Musik- und Walkacts in der Innenstadt zu sehen.
Am nächsten Tag ging es mit der Museumsnacht weiter. Hier boten die Museen und Galerien Paderborns ein abendliches Programm an. Das Stadtmuseum zeigte eine Performance der Band „Canvas” mit dem ukrainischen Künstler Petro Antyp, von dem ich bereits in einem Artikel zur Sonderausstellung ukrainischer Künstler und Künstlerinnen berichtet habe. Im Kunstverein wurden unter dem Namen „Collecting 3” Sammlungsstücke von Mitgliedern des Kunstvereins ausgestellt. Das Diözesanmuseum zeigte neben der Fotografieausstellung „SO GESEHEN” eine Camera obscura, Vorläuferin der Fotokamera, deren Funktionsweise und Geschichte man sich erklären lassen konnte.
Mein Highlight war die Ausstellungseröffnung von „Traumwelt” in der KleppArt – Räume für Textiles und Kultur der Universität Paderborn. Die südkoreanische Künstlerin Gisoo Kim vereint durch Nähtechniken Fotografien, wodurch eine einmalige Komposition und Greifbarkeit der Werke entsteht. Die Vernissage wurde mit Ansprachen von Prof. Alexandra Kürtz und Christine Steuernagel eröffnet. Bis zum 08.11.2022 ist die Ausstellung noch zu sehen.
Am Wochenende des 09. bis 11. September wird es übrigens wieder etwas Besonderes in Paderborn geben: Das Kuppelfest geht in die nächste Runde! Auf dem dreitägigen Kulturfestival, welches die Kuppel e.V. in Paderborn organisiert, wird es Kunst, Theater, Musik und vieles mehr zu entdecken geben. Die zahlreichen Veranstaltungen, die ich in letzter Zeit in Paderborn besucht habe, bestätigen meinen Eindruck, den ich während meines Projektes gewonnen habe: In Paderborn gibt es doch mehr zu sehen, als man denkt!
Meine ersten beiden Interviews durfte ich bereits vor einiger Zeit mit zwei jungen Vertretern der Kunst- und Kulturszene in Paderborn führen. Moritz Pottkämper studiert Deutsche Literatur und Germanistische Sprachwissenschaft im Zwei-Fach-Master, macht (Techno-)Musik und arbeitete lange Zeit als studentische Hilfskraft bei der Studiobühne der Universität Paderborn. Gina Kassis hat sich ebenfalls der Musik verschrieben, schreibt ihre eigenen Texte und hat den Poesie Hafen, von dem ich bereits berichtet habe, ins Leben gerufen. Die Kunst- und Kulturszene in Paderborn betrachten Pottkämper und Kassis mit gemischten Gefühlen. Hier ein kleiner Einblick in die Interviews:
Obwohl Kassis und Pottkämper mit dem Begriff der Period Rooms zunächst nichts anfangen können, finden sie diese Art der Ausstellung nach meiner Erklärung spannend und erzählen auch, dass sie bereits in Berührung mit solchen inszenierten Räumen gekommen sind. Gina Kassis wünscht sich eine stärkere Einbindung anderer Medien, die eine interaktive Erschließung der Period Rooms ermöglichen. Moritz Pottkämper betont die Wichtigkeit der Authentizität im Bereich der Geschichtsvermittlung. Die Frage, ob es ein Museum gibt, das Paderborn gut repräsentiert, finden beide schwierig zu beantworten. Gina Kassis denkt an das Stadtmuseum, da dieses in seinen Ausstellungen aktuelle Themen zeige, die Paderborn beschäftigt. Moritz Pottkämper hingegen findet, dass das Diözesanmuseum gut Paderborns konservative Seite widerspiegelt. Sowohl für Kassis als auch Pottkämper ist Kultur ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Dabei spielt auch der soziale Charakter von Kunst und Kultur, der insbesondere während der Corona-Pandemie zu kurz kam, eine essentielle Rolle. Denn, wie Kassis zusammenfasst, ist Kultur auch Zusammensein.
Nachdem ich im ersten Teil meines Berichts zum Den Gamle By bereits ein wenig zu den Wohnungen von 1974 erzählt habe, möchte ich nun genauer auf die Konzeption eingehen. Das Besondere an den Räumen ist nicht nur die Ausstattung, sondern auch die verschiedenen Details, die den Zimmern hinzugefügt wurden. So befinden sich auf den Tischen Gegenstände, die den Eindruck erwecken, die Bewohner würden hier noch stets leben: Teetassen, Tageszeitungen und sogar Imitationen von Lebensmitteln, wie unechter Babybrei, angeschnittenes Brot und Margarine im Kühlschrank. Die Produkte sind von Marken, die 1974 verwendet wurden. Dies und die Verwendung einer Puppe, die, als älterer Herr ausstaffiert, in einer der Wohnungen „schlafend” auf dem Sofa liegt, würde in vielen deutschen Museen sicherlich auf Kritik stoßen, ist doch dieser Eindruck, man könne die Vergangenheit wieder zum Leben erwecken, ein trügerischer. Eine Gefahr, die ich in der Inszenierung solcher Wohn- und Lebensrealitäten sehe, ist die der Stereotypisierung. So wurden in der Kommune mehrere leere Bierflaschen verteilt, die ein bestimmtes Bild einer Wohngemeinschaft verstärken sollen. In einigen Wohnungen werden außerdem Projektionen gezeigt, die Umrisse von Bewohnern darstellen sollen, teilweise werden auch fiktive Dialoge, wie ein Gespräch am Frühstückstisch einer Familie, abgespielt.
Gleichzeitig werden die Einrichtungen der Wohnungen durch museale Ergänzungen verfremdet. Dazu gehören neben den Beschriftungstafeln auch Absperrungen vor einigen Betten und Sofas und Glasplatten vor einigen Objekten. Diese Begrenzungen sind notwendig, denn die beinahe lebendige Atmosphäre der Wohnungen lädt einige Besucher dazu ein, auf den Sitzflächen zu verweilen. Auch durch die verschiedenen interaktiven Stationen wirken die Einrichtungsgegenstände kaum wie Exponate eines Museums. So steht in jeder Wohnung ein Telefon, mit welchem die Besucher sich gegenseitig anrufen können. In der Kommune steht ein Plattenspieler, auf dem selbstständig verschiedene Titel aufgelegt werden können. Neben den Beschriftungen, die an den Wänden hängen, werden auch erklärende Videos in einzelnen Räumen abgespielt. Diese zeigen Interviews mit den ehemaligen Bewohnern der Wohnungen und geben interessante Hintergrundinformationen zum Alltag in den Siebziger Jahren. Besondere Einrichtungen stellen neben den Wohnungen eine gynäkologische Praxis und ein erst kürzlich eingebauter Kindergarten von 1974 dar. Auch die Toiletten, die sich zu der Zeit auf dem Gang befanden und von den Bewohnern der jeweiligen Wohnungen geteilt werden mussten und die Kellerräume wurden originalgetreu eingebaut.
Die Period Rooms in Den Gamle By eröffnen hinsichtlich ihrer Konzeption neue Überlegungen. So kann insbesondere die Einbeziehung von Interviews mit den ehemaligen Bewohnern eine sinnvolle Möglichkeit sein, die jeweiligen Interieurs einordnen zu können. Jedoch erzeugen einige der vom Museum hinzugefügten Aspekte eine zu starke Inszenierung und führen zur Erschaffung eines künstlichen Bildes. Gleichzeitig entwickeln gerade diese Aspekte eine große Wirkung auf die Besucher und können große Vorteile hinsichtlich der Geschichtsvermittlung bringen. In jedem Fall ist Den Gamle By einen Besuch wert!
Seit dem 19. August ist im Raum für Kunst die Ausstellung „The Glowing” zu sehen. Ich war auf der Vernissage dabei und konnte dort ein paar spannende Eindrücke sammeln. Die kleine Ausstellung zeigt einige ausgewählte Fotografien von Oliver Kleibrink, der während eines Projektes in der Paderborner Drogenszene Markus kennenlernte und ihn bei seinem Weg aus der Sucht begleitete. Der Verein Cheezze ist Förderer der Ausstellung und auch Herausgeber des gleichnamigen Bildbandes von Oliver Kleibrink. Dieser ist kostenlos im Raum für Kunst erhältlich. In dem Buch gewährt Markus Einblicke in seine Suche nach sich selbst und beschreibt dabei die Liebe für die Natur und das Leben, die er nach seinem Entzug wiederentdeckt hat.
Neben den ausgestellten Fotografien ist im Mittelpunkt des Raumes ein anderes, außergewöhnlich wirkendes Objekt zu sehen: Es ist eine Wurzel, die ausdrücklich zum Anfassen einlädt. Im Bildband erzählt Markus, wie er die Wurzel im Wald gefunden und bearbeitet hat. Für ihn symbolisiert sie seine eigene Selbstoptimierung und den Aufbruch in ein neues Leben, aber auch das immerwährende neue Entdecken seines Selbst.
Die Eröffnung der Ausstellung wurde musikalisch von DJ Cut Spencer untermalt. Zum Abschluss fand eine eine Gesprächsrunde, moderiert von Julia Ures, statt. Hier wurde die Frage, was ein erfülltes Leben ausmacht, diskutiert und reflektiert. Interessant war hier die Fülle an unterschiedlichen Eindrücken aus verschiedenen Perspektiven und Lebensentwürfen. Die Frage, ob man Glück lernen und lehren kann, hat mich dabei besonders nachdenklich gestimmt. Bis zum 28.08. ist die Fotoausstellung noch zu besichtigen. Schaut doch mal vorbei! In derselben Woche habe ich außerdem ein Interview mit zwei Studierenden geführt, die mir vom Kulturticket berichteten. Es wurde in diesem Semester vom Asta der Universität Paderborn eingeführt und ermöglicht Studierenden den kostenlosen Eintritt in verschiedene kulturelle Einrichtungen in Paderborn. Wer in Paderborn studiert und diesen Vorteil noch nicht nutzt, dem sei das Kulturticket zu empfehlen!
Nachdem ich in einigen Blogartikeln davon gesprochen habe, konnte ich nun endlich die Museumsstadt Den Gamle By („Die alte Stadt”) im dänischen Aarhus besuchen. Im Gegensatz zu vielen anderen Freilichtmuseen wird hier nicht die bäuerliche Kultur auf dem Land, sondern das städtische Leben dargestellt. Eine weitere Besonderheit sind die Period Rooms aus den Siebziger Jahren. In Den Gamle By werden drei verschiedene Zeitabschnitte ausgestellt. Dazu gehören das Jahr 1864, 1927 und 1974. Daneben können weitere Orte innerhalb des Freilichtmuseums besucht werden wie das Dänische Plakatmuseum, das Spielzeugmuseum, die Festwiese und ein Weihnachtsladen. Die Stadt von 1864 nimmt dabei den größten Teil des Museums ein. Anders als es beispielsweise im Freilichtmuseum Detmold der Fall ist, ist Den Gamle By mit in historischen Gewändern gekleideten Schauspielern belebt, welche zuweilen kleine Szenen vorspielen. Diese Art der Inszenierung ist in der Forschung umstritten, da bezweifelt werden muss, wie authentisch die Kleidung und Darstellung der Schauspieler sein kann. Gleichzeitig wird eine Verklärung der Vergangenheit befürchtet. Obwohl ich diese Kritik zu Teilen nachvollziehen kann, denke ich doch, dass der Einsatz von Menschen in Freilichtmuseen eine starke Attraktion für die Besuchenden darstellt und insbesondere auch für Personen, die wenig Berührungspunkte zu Geschichte und der Institution Museum haben, eine Möglichkeit der Annäherung an das fremde Themengebiet bieten kann.
Da ich die museale Präsentation von Räumen der jüngeren Vergangenheit, zum Beispiel der Siebziger Jahre, als recht selten wahrnehme, war dieser Abschnitt mein hauptsächliches Betrachtungsziel während meines Besuches in der Museumsstadt. Hier ist zunächst eine Straße zu nennen, die einer Fußgängerzone mit verschiedenen Geschäften von 1974 nachempfunden ist. Besonders auffällig ist das Modegeschäft elle, welches mit einer für das Jahr 1974 sehr futuristischen Architektur besticht, die unter anderem von dem Beatles-Lied „Yellow Submarine” inspiriert ist. In der Havnegade sind neben einem Lebensmittelgeschäft und einem Friseursalon von 1974 auch diverse Wohnungen zu finden. Dazu gehören unter anderem eine Kommune, die Wohnungen eines blinden Mannes, eines Hippie-Paares und einer Studentin. Tafeln in den Räumen weisen darauf hin, dass die Wohnungen in enger Zusammenarbeit mit den ehemaligen Bewohnern eingerichtet wurden, jedoch manche originale Möbel nicht mehr vorhanden sind. So wurde die Wohngemeinschaft mit Objekten möbliert, die dem Museum gespendet wurden, da die meisten der ursprünglichen Einrichtungsgegenstände, welche die Kommune von Großeltern, Eltern und Secondhandläden zusammengesammelt hatte, verloren gegangen waren. Im zweiten Teil meines Artikels über Den Gamle By werde ich näher auf die Einrichtung und Konzeption der Wohnungen eingehen.