Die 70er als museales Objekt – ein kleiner Exkurs nach Dänemark: Teil I

Nachdem ich in einigen Blogartikeln davon gesprochen habe, konnte ich nun endlich die Museumsstadt Den Gamle By („Die alte Stadt”) im dänischen Aarhus besuchen. Im Gegensatz zu vielen anderen Freilichtmuseen wird hier nicht die bäuerliche Kultur auf dem Land, sondern das städtische Leben dargestellt. Eine weitere Besonderheit sind die Period Rooms aus den Siebziger Jahren. In Den Gamle By werden drei verschiedene Zeitabschnitte ausgestellt. Dazu gehören das Jahr 1864, 1927 und 1974. Daneben können weitere Orte innerhalb des Freilichtmuseums besucht werden wie das Dänische Plakatmuseum, das Spielzeugmuseum, die Festwiese und ein Weihnachtsladen. Die Stadt von 1864 nimmt dabei den größten Teil des Museums ein. Anders als es beispielsweise im Freilichtmuseum Detmold der Fall ist, ist Den Gamle By mit in historischen Gewändern gekleideten Schauspielern belebt, welche zuweilen kleine Szenen vorspielen. Diese Art der Inszenierung ist in der Forschung umstritten, da bezweifelt werden muss, wie authentisch die Kleidung und Darstellung der Schauspieler sein kann. Gleichzeitig wird eine Verklärung der Vergangenheit befürchtet. Obwohl ich diese Kritik zu Teilen nachvollziehen kann, denke ich doch, dass der Einsatz von Menschen in Freilichtmuseen eine starke Attraktion für die Besuchenden darstellt und insbesondere auch für Personen, die wenig Berührungspunkte zu Geschichte und der Institution Museum haben, eine Möglichkeit der Annäherung an das fremde Themengebiet bieten kann.

Das Modegeschäft elle aus dem Jahr 1974 in Den Gamle By
Der Esstisch in der Wohngemeinschaft von 1974 in Den Gamle By. Im Fernseher ist ein Interview mit den ehemaligen Bewohnern und Bewohnerinnen zu sehen.

Da ich die museale Präsentation von Räumen der jüngeren Vergangenheit, zum Beispiel der Siebziger Jahre, als recht selten wahrnehme, war dieser Abschnitt mein hauptsächliches Betrachtungsziel während meines Besuches in der Museumsstadt. Hier ist zunächst eine Straße zu nennen, die einer Fußgängerzone mit verschiedenen Geschäften von 1974 nachempfunden ist. Besonders auffällig ist das Modegeschäft elle, welches mit einer für das Jahr 1974 sehr futuristischen Architektur besticht, die unter anderem von dem Beatles-Lied „Yellow Submarine” inspiriert ist. In der Havnegade sind neben einem Lebensmittelgeschäft und einem Friseursalon von 1974 auch diverse Wohnungen zu finden. Dazu gehören unter anderem eine Kommune, die Wohnungen eines blinden Mannes, eines Hippie-Paares und einer Studentin. Tafeln in den Räumen weisen darauf hin, dass die Wohnungen in enger Zusammenarbeit mit den ehemaligen Bewohnern eingerichtet wurden, jedoch manche originale Möbel nicht mehr vorhanden sind. So wurde die Wohngemeinschaft mit Objekten möbliert, die dem Museum gespendet wurden, da die meisten der ursprünglichen Einrichtungsgegenstände, welche die Kommune von Großeltern, Eltern und Secondhandläden zusammengesammelt hatte, verloren gegangen waren. Im zweiten Teil meines Artikels über Den Gamle By werde ich näher auf die Einrichtung und Konzeption der Wohnungen eingehen.

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