Mittelalterlicher Fleiß und Schweiß: Die Dombauhütte am Abdinghof

Wer an das Mittelalter denkt, denkt neben Rittern und Burgfräuleins an große Bauwerke aus Stein: Burgen und prächtige Kirchen! Doch wie wurden die erbaut in einer Zeit ohne Strom, Beton und Stahlkonstruktion? In der Dombauhütte am Kloster Abdinghof konnten und können sich noch bis morgen geschichts- und technikbegeisterte Menschen davon nicht nur ein eigenes Bild machen, sondern vielfach selbst Hand anlegen.

Ausprobiert werden konnten zahlreiche originalgetreue Arbeitsgeräte, wie Schaufeln mit hölzernen Blättern, von denen lediglich die Kanten mit dem seinerzeit so kostbaren Metall Eisen beschlagen waren, oder eine mittelalterliche Schubkarre. Deren Nutzung erforderte im Vergleich zu heutigen Modellen einen besonders hohen Kraftaufwand. Noch war man nämlich nicht darauf gekommen, das Rad unterhalb der Lastenwanne zu platzieren…

Unter freundlicher und fachkundiger Betreuung konnten Jung und Alt wichtige Arbeitsschritte selbst ausgeführen: das Bearbeiten von Steinen mit Meißel und Sand, das Zurechthauen von Schieferplatten, das Mahlen von Getreide usw.  Dabei kam so manch raffiniertes Gerät zum Einsatz, mit dem sich auch ohne Strom die Arbeit erheblich erleichtern lässt. Selbst für die Herstellung von Seilen hatten die Menschen bereits ein Gerät, mit dem sich mehrere Hanfstricke durch müheloses Kurbeln in Windeseile zusammendrehen lassen.

Wie konnten schon im 12. Jahrhundert hunderte Kilo schwere Steinklötze in schwindelerregenden Höhen verbaut werden? Ein Höhepunkt des Programms war die Vorführung eines entsprechenden Holzkrans, dessen äußerst leistungsstarker „Motor“ allein aus einem Menschen in einem großen Hamsterrad besteht. Während dieser schnellen Schrittes für die nötige Energie sorgt, hat eine metallene „Teufelskralle“ den Brocken fest im Griff. Da sich der ganze Kran noch dazu von einer einzigen Person nach links oder rechts drehen lässt, kann der an beliebiger Stelle abgesetzt werden.

Über die Medizin des Mittelalters informierte eine kleine Vorführung, in der Menschen mit den verschiedensten Leiden bei zwei Klosterschwestern nach Erlösung suchten. Dabei erhielten sie neben diversen Rezepten für Kräutertinkturen auch praktische Ratschläge wie jenen, nur mehr selten zu baden. Schließlich leide der Körper an einem zu hohen Wassergehalt! Die Besucher wurden ihrerseits angehalten, das Gelernte nicht als „alternative Heilmethode“ anzusehen und gar an sich selbst auszutesten. So manch Rezeptur sei nämlich giftig!

Leider schließt die Dombauhütte nach diesem Wochenende ihre Pforten. Wer sie am Sonntag noch besuchen kann, sollte dies tun!

Herzliche Grüße und bis bald!

Ihr Paul Duschner, Stadtschreiber Emeritus

 

 

 

 

 

 

 

 

17 Jahre undercover? Spekulationen zur Geschichte einer 500 Lira-Münze

Der 1. Januar 2002 war ein wichtiges Datum der europäischen Geldgeschichte: An diesem Tag kam der Euro zu uns, in Form neuer Geldscheine und Münzen! Seinerzeit 14 Jahre alt, stand ich der neuen Währung feindlich gegenüber. Der Grund war wirtschaftlicher Natur. Während mein Taschengeld dem offiziellen Wechselkurs entsprechend von 50 DM auf 25 Euro umgerechnet wurde, verfügten letztere längst nicht mehr über dieselbe Kaufkraft. Die Tüte Pommes im örtlichen Freibad, die vorher 3 DM gekostet hatte, kostete ab sofort 2 Euro. Der Trend hat sich bekanntermaßen fortgesetzt. Während es heute als normal empfunden wird, 10 Euro für einen Platz im Kino zu bezahlen, hätte man für 20 DM sowohl die eigene Karte als auch die der Freundin bezahlen können und hätte noch ein paar Mark für Popcorn übrig gehabt.

Wie mir ein Italienkenner vor einigen Jahren versichert hat, ist es den Italienern nicht anders ergangen. Während es vor dem 1. Januar 2002 noch möglich gewesen sein soll, mit 1 Millionen Lira im Monat eine bescheidene aber gesicherte Existenz zu führen, reichen die 520 Euro dafür hinten und vorne nicht!

Ein numismatisches Relikt aus den guten alten Zeiten fand vor einigen Tagen unerwartet Einzug in meinen Geldbeutel. Ich entdeckte eine 500 Lira-Münze aus Italien, geprägt im Jahre 1995, die man mir in irgendeinem Geschäft versehentlich als Wechselgeld gegeben hat. Der Fehler scheint verzeihbar: Die Münze sieht einem heutigen 2 Euro-Stück nämlich zum Verwechseln ähnlich. Auch sie besteht aus zwei Metallen. Einen goldenen Kern aus Bronzital (eine Legierung aus 82% Kupfer, 16% Aluminium und 2% Nickel) umgibt ein silberner Ring aus Acmonital (81,75 % Stahl, 18,25 % Chrom). Mit 2,58 cm entspricht ihr Durchmesser nahezu exakt dem einer 2 Euro-Münze. Lediglich im Gewicht gibt es einen klaren Unterschied: Während eine 2 Euro-Münze 8,5 g auf die Waage bringt, sind es bei der 500 Lira-Münze nur 6,8 g.

Die Vorderseite der italienischen Münze ziert ein nach links gerichteter Frauenkopf im Profil: Es handelt sich um eine Personifikation der Italienischen Republik. Darunter steht „CRETARA“, der Name der bekannten Künstlerin Laura Cretara, der die Gestaltung der Münze oblag. Die Rückseite bietet uns einen Blick über den Quirinalsplatz in Rom. Im Vordergrund steht der Dioskurenbrunnen mit seinem antiken Obelisken. Dahinter sehen wir die Fassade des Quirinalspalastes, dem heutigen Amtssitz des italienischen Präsidenten.

Die Prägung der Lira-Münzen endete bereits im Jahre 2001. Was hat dieses Exemplar seither getan? War die Münze tatsächlich 17 Jahre als vermeintliche 2 Euro-Münze Undercover im Umlauf? Oder war sie zeitweise aus dem Verkehr gezogen? Vielleicht lag sie einige Jahre unter einem Autositz oder in einer Sofaritze, wurde erst kürzlich wieder entdeckt und aufgrund  fehlender Betrachtung erneut in den Wirtschaftskreislauf eingespeist. Letzteres scheint mir die plausiblere Theorie. Rekonstruieren lässt sich freilich nichts.

Im stadtschreiberlichen Schreibtischfach hat die Münze nun ihre vorerst letzte Ruhestätte gefunden. In einigen hundert Jahren wird man sie vielleicht in einem Museum bewundern können als Relikt aus einer Zeit, als man für 3,50 DM (sprich 1 Euro und 75 Cent) noch mit einem Tankstellendöner satt werden konnte.

Herzliche Grüße und bis bald!

Ihr Paul Duschner

Erfolgreicher Abschlussvortrag und ein Spaziergang über Libori

Am 1. August um 19:00 war es soweit: Etwa 25 Menschen waren trotz der Sommerhitze ins offene Foyer des Stadtmuseums gekommen, um meinem Stadtschreiber-Abschlussvortrag zu lauschen. Begrüßt wurden sie von Museumsleiter Markus Runte und dem Vereinsvorsitzenden Michael Wittig.

Der Schwerpunkt des Vortrags lag auf der Bedeutung von persönlichen Erwartungen und Interessen für die Wahrnehmung und Interpretation einzelner Museumsstücke oder ganzer Ausstellungen. Dazu wurde jeweils ein Befund aus den fünf Stadtschreiber-Umfragen besprochen, an denen sich zwischen Februar und Juli über 400 Paderborner und Touristen beteiligt hatten. Eine vollständige Präsentation der Ergebnisse wird in der kommenden Ausgabe der Zeitschrift des Vereins für Geschichte an der Universität Paderborn erscheinen. Im Anschluss an den Vortrag gab es eine rege Diskussion, die sich vor allem um die Konzeption des neuen Stadtmuseums drehte.

Herzliche Grüße und bis bald!

Ihr Paul Duschner

p.s.: Am Tage nach dem Vortrag hatte ich erstmals Zeit und Muße für einen entspannten Gang über das Libori-Volksfest. Dabei gelang es mir sogar, an einem der Stände einen sprechenden („I Love You“-)Plüschfrosch zu gewinnen.