Eindrücke aus der größten Ägyptensammlung des Ruhrgebiets

Die größte Sammlung ägyptischer Altertümer im Ruhrgebiet gibt es zwar nicht in Paderborn. Doch glücklicherweise befindet sie sich im Museum einer Stadt, die mit dem Zug in unter einer Stunde und ohne lästiges Umsteigen zu erreichen ist: im Gustav-Lübcke-Museum im schönen Hamm. Bereits im späten 19. Jh. hatten sich die dortigen Bürger eine eigene Mumie gewünscht. So gründete man 1886 einen entsprechenden Verein, sammelte Geld durch die Ausgabe von Anteilsscheinen und schritt noch im selben Jahr zur Tat. Die gekaufte „Hammer Mumie“ steht zwar am Anfang der städtischen Ägyptensammlung. Erhalten geblieben ist sie uns aber leider nicht. Wie unzählige weitere Kulturgüter hat sie die Zerstörungen des 2. Weltkriegs nicht überlebt und ist daher nur als Photo in der heutigen Ausstellung vertreten. Was im Gustav-Lübcke-Museum im Original zu sehen ist, stammt vor allem aus dem Besitz des Mannes, nach dem das Haus benannt wurde: der Kunstsammler, Freimaurer und erste Museumsdirektor Gustav Lübcke (1868-1925).

Schwer beeindruckend: Steinsarkophag eines ägyptischen Würdenträgers. Davor stehen zwei Kanopen, die Gefäße in denen die Innerein des Verstorbenen nach dessen Mumifizierung aufbewahrt wurden.

In ihrer Gesamtheit bieten die Objekte einen Einblick in die materielle Kultur und Kunst des alten Ägypten, von der Zeit des Alten Reichs bis ins frühe Mittelalter. Ferner spiegeln sie auch die Interessen und Möglichkeiten der Sammler des späten 19. und frühen 20 Jh. wider. Damals war es für wohlhabende Europäer noch ohne Weiteres möglich, Altertümer in großer Menge aus dem Land des Nils zu beziehen bzw. als Souvenir mit nach Hause zu nehmen. Erst im Jahre 1981 sollte die ägyptische Regierung diesen Aktivitäten mit einem allgemeinen Ausfuhrverbot den Riegel vorschieben.

Viele der Objekte sind daher entweder von sich aus klein, oder auf ein Format zugeschnitten, das Mobilität ermöglicht. Prominente Ausnahme stellt im Hammer Museum ein massiver steinerner Sarg eines ägyptischen Würdenträgers dar. Dieser hätte zu keiner Zeit in eine Reisetasche gepasst! Doch er zeugt, wie die ehemalige „Hammer Mumie“, vom besonderen Interesse der Europäer an den Bestattungsriten der alten Ägypter.

Kleiner Helfer für das Jenseits: Blauer Fayence-Uschabti neben seinem Uschabti-Kasten.

Zu meinen Lieblingsobjekten in jeder derartigen Ausstellung gehören die Uschabtis: kleine mumienförmige Skulpturen aus Stein, Ton, Holz oder Fayence, die den Verstorbenen seit dem späten 3. Jahrtausend v. Chr. ins Grab gelegt wurden. Meist handelt es sich um Darstellungen von Männern mit typisch ägyptischer Frisur und Kinnbart. Ihre Arme sind vor der Brust gekreuzt und in ihren Händen halten sie kleine, aufgemalte Werkzeuge. Diese sollten sie benutzen, um für den Verstorbenen in der Totenwelt zu arbeiten. In den Gräbern der Reichen und Schönen finden sie sich daher zu Hunderten. Für einen Pharao konnten es über tausend Uschabtis werden. Zu ihrer Aufbewahrung dienten spezielle Uschabti-Kästen, von denen einer im Hammer Museum bewundert werden kann.

Macht macht schön: Ägyptische Herrscherin im Relief.

Anhand einiger Kalksteinreliefs können die Besonderheiten der ägyptischen Bildhauerkunst nachvollzogen werden. So ging es bei der Darstellung einer Königin nicht darum, ein naturgetreues Porträt anzufertigen. Vielmehr erscheint die Monarchin unabhängig von ihrem tatsächlichen Alter und ihrer körperlichen Verfassung als junge, athletische Frau. Jeder Bestandteil ihres Körpers ist aus der Perspektive abgebildet, die dessen Wesen und makellosen Zustand am besten verdeutlicht. So sieht man den Kopf von der Seite – das Auge blickt uns aber frontal entgegen. Der Oberkörper mit seinen kräftigen Schultern ist uns gleichermaßen zugewandt, während wir die weibliche Rundung von der Seite sehen etc.

Noch viel mehr könnte an dieser Stelle geschrieben werden, sei es über einzelne Objekte, sei es über die Ausstellung, die ihren Besuchern einen sehr anschaulichen Gang durch die ägyptische Geschichte bietet. Sie zu besuchen, kann ich jedem Paderborner sehr empfehlen, sofern er oder sie es nicht ohnehin schon längst getan haben.

Herzliche Grüße und bis bald!

Ihr Paul Duschner

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