Kaiserpfalzmuseum, Teil 2: Grabbeigaben!

Auf die Pracht des Herrscherhofs, bzw. deren Überreste, folgen Objekte aus dem Leben der „einfachen Menschen“ der Region. Einen allumfassenden Einblick in die materielle Kultur der Spätantike und des frühen Mittelalters kann man allerdings nicht erwarten. Der Grund: Es kann nur ausgestellt werden, was sich über Jahrtausende erhalten hat. Derartige Objekte haben meist zweierlei gemeinsam.

Die Schatten der Vergangenheit, deren materielle Kultur nur bruchstückhaft erhalten geblieben ist.

Erstens: Sie wurden aus unorganischen Materialien hergestellt, die über Jahrtausende im feuchten Boden nicht verfault sind. Zwar ist überaus wahrscheinlich, dass die Bauernkinder zu Zeiten Karls des Großen mit Strohpuppen gespielt haben, sich kleine Boote aus Zweigen bastelten und diese in die Pader tauchten. Archäologische Hinterlassenschaften dieses Treibens können wir aber nicht erwarten. Vielmehr sind es Perlen und Töpfe aus gebranntem Ton, eiserne Werkzeuge und Waffen sowie Münzen, die der Spaten der Ausgräber ans Tageslicht und in die Museumsvitrine befördert hat. Auch sehen diese Objekte keinesfalls mehr aus wie früher. Farben sind verblasst und metallene Oberflächen korrodiert. Wir sprechen von einer „Patina“, die aus mehreren Schichten besteht und je nach Bodenverhältnissen eine unterschiedliche Färbung aufweisen kann. Lediglich im Falle der Münzen aus Edelmetall können wir davon ausgehen, dass sie ihr Erscheinungsbild weitgehend gewahrt haben.

Nicht nur am Kaiserhofe legten Damen auf eine elegante Erscheinung wert, wie diese frühmittelalterlichen Perlen belegen.

Zweitens: Die besterhaltenen Objekte stammen aus Gräbern. Dort hinein wurden die seinerzeit schönsten Töpferwerke und Schmuckstücke gelegt und damit aus dem täglichen Verkehr genommen, ehe sie abgenutzt und beschädigt waren. Waffen und Werkzeuge wären ferner nach dem Ende ihrer Nützlichkeit immer wieder eingeschmolzen worden. Zu kostbar war Eisen, als dass man sie einfach entsorgt hätte. So hat nur überdauert, was dem Schmelzofen durch Verlorengehen entrinnen konnte, oder weil es in ein sicheres Grab gelegt wurde.

Bleibt nur die Frage, warum die Menschen der Region ihren Verstorbenen diese Dinge mit ins Grab legten. Eine oft gehörte Antwort lautet: Es handelt sich um Ausrüstung für ein Leben nach dem Tode. Doch das ist reine Spekulation! Uns liegen nämlich keine „germanischen“ Glaubensbekenntnisse aus der Zeit vor. Lediglich aus den Federn christlicher Autoren stammen einige Ausführungen, die wir allerdings mit großer Vorsicht genießen müssen. Sie geben nämlich in keiner Weise die religiösen Vorstellungen der Beschriebenen wieder, sondern lediglich die christliche Sicht auf diese. Wie sehr letztere durch das Alte Testament bestimmt war, zeigt die immer wiederkehrende Behauptung, die „Heiden“ würden selbstgemachte „Götzen“ verehren. Ihren Ursprung hat dieses Klischee beim Goldenen Kalb.

Deutlich älter als Homer: Eine bronzezeitliche Graburne aus dem Gebiet der heutigen Innenstadt.

So wissen wir nicht, wie sich die Menschen der Region vor Ankunft des Christentums ihr Jenseits vorstellten, was man dorthin mitbringen musste und was bei Versäumnis drohte. Dass selbst die reichsten Grabbeigaben aber keinesfalls dem Verstorbenen zu Gute kommen müssen, verrät uns der griechische Dichter Homer aus dem 7. Jh. v. Chr., dem wir die Geschichte vom Trojanischen Krieg verdanken. Er lässt seinen prominentesten Helden, den listigen Griechenkönig Odysseus, zum Besuch bei den Toten in die Unterwelt hinabsteigen. Diese existieren allerdings nur als „Schatten“ ihrer früheren selbst, ohne jede Lebenskraft und Freude. So teilt der vor Troja gefallene Achilles seinem früheren Kampfgefährten in bitterer Klage mit, dass er jetzt lieber ein Tagelöhner unter den Lebenden wäre als ein König unter den Toten. Die üppigen Grabbeigaben, mit denen Odysseus und die anderen Griechen das Grab des Achilles gefüllt hatten, haben letzterem folglich absolut nichts genutzt!

Frühmittelalterliche Graburne.

Für die Existenz reicher Grabbeigaben gibt es allerdings auch eine andere, nicht-religiöse Erklärung. Demnach dienen sie vor allem der Selbstdarstellung der Hinterbliebenen. Durch das öffentliche Versenken einiger Wertstücke an der Seite des Toten wurde der eigene Wohlstand demonstriert. Ferner konnte man den Anschein vermeiden, übermäßig vom Ableben eines anderen Menschen profitieren zu wollen. So und durch deutliches Zuschaustellen der eigenen Betroffenheit wurde der Verdacht vermieden, womöglich seine Hände im Spiel gehabt zu haben. Bis heute wird bekanntlich öffentlich getrauert und ein Teil des Erbes in Todesanzeigen, Begräbnisfeiern und edle Särge investiert! Auch letzterer ist, wenn man es Recht sieht, eine teure Grabbeigabe. Unähnlich sind unsere Sitten denen der Vorfahren also nicht.

Herzliche Grüße und bis bald!

Paul Duschner

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*