Wie frei ist Kunst im Museum? Ein Gespräch mit Xabier Rúa

Vor einigen Wochen war ich auf der Eröffnung der Fotoausstellung „Galiza …das Ende der Welt, der Anfang des Meeres” beim Cheezze e.V. mit Werken von Xabier Rúa. Die Fotografien entstanden in Galicien und zeigen insbesondere den dortigen Fischmarkt, auf dem der frischeste Fisch von ganz Europa verkauft wird und den nicht jeder betreten darf. Eigentlich wollte er eine Dokumentation zu diesem Thema drehen, was jedoch durch die Corona-Pandemie verhindert wurde. So nutzte er die Fotografien, die er von dem Ort gemacht hatte und stellte damit sein erstes Fotografieprojekt aus. Auch der Kurzfilm „Pai noso” von Xabier Rúa wurde auf der Ausstellungseröffnung präsentiert.

Blick auf zwei Fotografien von Xabier Rúa


Schließlich habe ich mich dann mit Xabier Rúa getroffen und habe mit ihm ein sehr spannendes Gespräch über Kunst, Kultur und welche Rolle die Museen dabei spielen, geführt. Rúa lebt seit 2010 in Paderborn. Hier vermisst er das Meer, das seine Heimat Galicien so sehr ausmacht. Sein Lebensweg scheint ebenso von Individualität und Freiheit geprägt zu sein wie seine Bilder. „Eine Menge Sachen” hat er studiert, so etwa Pädagogik, Sozialarbeit, Philosophie und Anthropologie. Im letzteren promoviert er derzeit zum Thema Migration und Identität. Generell ist Freiheit ein wichtiges Stichwort in unserem Gespräch. So kommen wir auch auf das Thema Museum zu sprechen. Rúa bevorzugt keine bestimmten Ausstellungsformate oder Museumstypen, vielmehr interessiert ihn alles, was mit Kultur zu tun hat. Die Institution Museum sieht er jedoch kritisch. So findet er es problematisch, dass Museen entscheiden, was Kunst ist. Gleichzeitig würden bei ihm Emotionen durch spontane Kunst im Alltag entstehen. Ein Beispiel dafür sei der Schriftzug „Jemand liebt dich”, den er einmal auf dem Weg zu den Fischteichen sah. Auch deshalb halte er sich lieber in kleinen, gemütlichen Orten lokaler Kunst als in großen Theatern oder Museen auf.

Fotograf Xabier Rúa betont die Wichtigkeit der Freiheit und Spontanität in der Kunst.
(Bildrechte bei Xabier Rúa)

Von Kunst kommen wir zum Begriff des Künstlers. Rúa vertritt die Ansicht, dass jeder Mensch eigentlich kreativ sei, manche es jedoch nicht ausleben würden. Genies gebe es nicht. Und der Künstler als Individuum und als Mittelpunkt des Interesses sei ein neuzeitliches Phänomen. Wichtig findet Rúa außerdem, dass Menschen auch ohne Publikum Kunst machen und sich nicht von der Macht des Mainstream beeinflussen lassen.
Das Gespräch bei schönstem Sonnenschein im Café hat mich sehr nachdenklich gestimmt und mir neue Perspektiven auf Museen eröffnet. Wie frei und authentisch kann Kunst im Museum eigentlich inszeniert werden? Wie viel wird dem Betrachter durch die Institutionalisierung von Kunst eigentlich vorgegeben? Und können Period Rooms durch eine bloße Zurschaustellung von Einrichtungen ohne Kontextualisierung dem vielleicht sogar entgegen steuern? Was denkt ihr?

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